Das Geheimnis seines Erfolgs

Leistung, Loyalität und Lockerheit! Knapp einen Monat vor der Ski-alpin-WM führt unser Sportstar mit einem schönen Polster den Gesamtweltcup an. Was und wer trägt zu den Top-Resultaten des Strahlemanns bei?

Der sympathische Blondschopf reisst die Schweiz zu Begeisterungsstürmen hin. Nicht nur mit seinen Topleistungen, mit denen Marco Odermatt (25) seit über zwei Jahren die Ski-alpin-Elite anführt, sondern auch mit seiner Bodenständigkeit. Was macht den Buochser aus, und wer hilft ihm, Schneekönig zu sein und zu bleiben?

Familie: Marcos Vater Walter Odermatt (54) kennt den Skisport gut, er fuhr selbst FIS-Rennen. Er hat mit Weggefährten Strukturen für den Nachwuchs in Nidwalden aufgebaut, darunter das regionale Leistungszentrum Hergiswil: Es ermöglicht Skitalenten, Schule und Sport besser zu vereinbaren. Bevor er seinen Sohn professionellen Trainern überliess, war er es, der Marco beriet und förderte: «Als ich realisierte, wie ernst er das Training nahm und dass er freiwillig früh aufstand, zog ich mit.» Jedes Wochenende fuhr die Familie auf den Titlis. Auch Mutter Priska (55) half mit, obwohl sie mit Skifahren ursprünglich nicht viel am Hut hatte. Noch heute hat sie Angst, wenn sie die Pisten sieht, die Marco meistern muss. Sie ist sicher froh, dass Tochter Alina (21) sich entschied, ihre Ski-Karriere zu beenden.

Freundin Stella Parpan (24): Die beiden kennen sich seit dem Kindergarten. Sie zog weg, und erst Jahre später kreuzten sich ihre Wege wieder – da funkte es. Seit drei Jahren sind Stella und Marco ein Paar. Die beiden verbindet nicht nur die Freude am Sport – sie spielen zusammen Tennis, gehen wandern oder auf dem See wakeboarden. Sie ist ehrgeizig wie er, hat nach Abschluss der Ausbildung zur Pflegefachkraft ein Medizinstudium in Basel angehängt. Dass sich die beiden weniger oft sehen als andere Paare, sei kein Problem für die Beziehung: «Wir kennen es nicht anders», meint Odermatt. «Sogar während der Saison gibt es praktisch jede Woche einen freien Tag, den ich zu Hause verbringe.» Und wenn Stella Parpan Gelegenheit hat, begleitet sie ihren Freund zu den Rennen.

Manager: Neben den Trainern spielt Michael Schiendorfer eine wichtige Rolle in Marcos Karriere. Er ist nicht der klassische Manager mit schneidigem Auftreten, sondern ein geerdeter, menschlicher Typ, der sich um seine Schützlinge kümmert: «Das Wertvollste für Marco ist Zeit, damit er sich Freiräume schaffen kann.» Nur wenn er die Gelegenheit finde, sich regelmässig und nachhaltig zu erholen, könne er über Jahre an der Weltspitze performen. Weshalb Schiendorfer öfter Nein zu Anfragen sagt. Mit Red Bull holte Schiendorfer einen mächtigen Unterstützer ins Boot: Im Team des österreichischen Getränkeherstellers zu sein, bringt eine stattliche Summe und die Möglichkeit mit sich, in den modernsten Zentren zu trainieren. Schiendorfer sagt offen: «Geld ist wichtig, um sich als Athlet erfolgreich auf die Karriere konzentrieren zu können. Aber es kann nicht der Treiber einer Partnerschaft sein. Ich will, dass es meinen Athleten langfristig gut geht.» Sie sollen auch nach der oft kurzen Sportkarriere ihren Platz in der Gesellschaft finden, berufliche Perspektiven haben. Er erklärt: «Dabei sind Themen wie Ausbildung, Netzwerk, Persönlichkeitsentwicklung und Loyalität entscheidend.»

Fahrstil: «Man kann sich immer steigern», ist Odermatts Motto. Nach seiner erfolgreichen Saison 2021/22 ist das schwierig umzusetzen: Gesamt-Weltcup-Sieg, Disziplinensieg im Riesenslalom, Gold an den Olympischen Spielen. «Das Thema für 2022/23 wird nun sein:
Titelverteidigung», resümierte er letztes Jahr gegenüber der GlücksPost. Das wolle er schaffen, indem er seine Technik über den Sommer nochmals verfeinere. Marco besitze mehr Schnellkraft als alle anderen, analysiert der deutsche Slalom-Weltmeister Frank Wörndl. Odermatts Konditionstrainer Kurt Kothbauer erzählt von verblüfften Diagnostikern bei Leistungstests im Red-Bull-Trainingszentrum: Bezüglich Maximal-Kraftwerten brach Odermatt alle bestehenden Athletik-Rekorde. Im Kopf habe er den grössten Schritt gemacht und gehe alles etwas lockerer an. «Der Typ reift jeden Tag», sagt sein Trainer Helmut Krug. Hinzu kommt, dass Marco Odermatt unbekümmert, frech und angriffig fährt – der perfekte Athlet.

Umfeld und Team: Walter Odermatt hat seinem Sohn früh bei-gebracht, dass bei einem solchen Einsatz für die Karriere die sozialen Kontakte nicht in den Hintergrund geraten dürfen. So kann Marco Odermatt auf einen grossen Freundeskreis zählen, mit dem er seine Freizeit verbringt. Er wohnt mit einem Kumpel in einer WG, fährt mit Kollegen in die Ferien. Auch innerhalb des National-Kaders sorgt er für Zusammenhalt im Riesenslalom-Team, wie Trainer Krug der «Schweizer Illustrierten» erzählt. Odermatt, Loïc Meillard (24), Justin Murisier (29) und Gino Caviezel (28) verstehen sich blendend und unterstützen einander: «Sie akzeptieren sich gegenseitig auch in schwereren Zeiten. Scheidet einer aus, fangen sie ihn auf, ziehen den so richtig mit.» Sie gehen zusammen in die Ferien, verbringen die freie Zeit zwischen den Rennen mit Spielen und gemeinsamen Essen. Einen Anführer gibt es nicht.

Nahbarkeit: Marcos Götti, Paul Odermatt, ist Präsident des Fanclubs, den es seit vier Jahren gibt. Er organisierte heuer Cars, um Hunderte von Odermatt-Fans nach Adelboden zu bringen. «Es macht uns sehr stolz, dass der Skisport und insbesondere Marco auf so grosses Interesse stossen», sagt Paul Odermatt zur «Luzerner Zeitung». Nach jedem spektakulären Sieg kommen die Anfragen in Wellen, sogar aus dem Ausland. Jedes Mitglied zu kennen, sei inzwischen unmöglich. «Eine Obergrenze der Anzahl Mitglieder gibt es aber nicht.» Seinen Anhängern gegenüber zeigt sich Marco nahbar: Er ist bei den jährlichen Fanclub-Festen Ende Saison mit dabei. Und als er nach seinem Riesen-Sieg in Adelboden nach Hause fahren wollte, verzichtete er auf ein Sponsorenauto und stieg kurzerhand in einen Fanbus. Die Reisetruppe machte sogar Halt, um mit ihrem Idol auf seinen Triumph anzustossen.