Berührt von diesem grossen Kämpfer

Trotz schwerem Schicksal ist Mattias ein zufriedener Teenager – und beeindruckt damit auch die Moderatorin, die ihn für «Familiensache Spezial» traf. Begegnungen wie diese teilt sie ganz bewusst mit ihren eigenen Kindern.

Respekt, Bewunderung und ja, auch eine gewisse Betroffenheit darüber, wie hart das Schicksal zuschlagen kann: Nicole Berchtold (43) ist einige Wochen nach den Dreharbeiten für ihre Sendung «SRF bi de Lüt – Familiensache Spezial» (5. 3., 20.10 Uhr, SRF 1) immer noch bewegt von den Begegnungen, die sie ­erlebt hat. «Es ist beeindruckend, wie diese Familien ihr Leben auch unter schwierigen Umständen meistern», erzählt die Moderatorin.

Unter anderem gibt es ein Wiedersehen mit Teenager Mattias aus Neuenkirch LU. Als er knapp drei Jahre alt war, wurde bei ihm die Krankheit Duchenne-Muskeldystrophie diagnostiziert. Diese führt zu fortschreitendem Muskelschwund, die Lebenserwartung liegt bei rund 30 Jahren. Der bald 18-Jährige wurde 2020 in «Familiensache» porträtiert – gemeinsam mit seiner Mutter Maria (53), die sich aufopfernd um ihn und seine jüngere Schwester kümmerte. Vater Dani, der seit jungen Jahren an Depressionen litt, hatte 2018 Suizid begangen. «Es war in den Sendungen damals ja sehr emotional», sagt Nicole Berchtold, «deshalb beschäftigte mich der Besuch im Vorfeld auch besonders. Wie geht es der Familie wohl heute, und wie steht es um Mattias’ Gesundheit? Ich war dann aber positiv überrascht, wie sich die Gesamtsituation seit 2019 verändert hatte.»

Inzwischen lebt Mattias werktags in einem Ausbildungs- und Wohnort für Duchenne-Betroffene – etwas, das seine Mutter lange nicht zulassen wollte, es fast als eigenes Versagen deutete. Aber: Mattias mag das «WG-Leben», blüht auf und macht eine Aus­bildung zum Mediamatiker. «Er strahlt so viel Zufriedenheit und Zuversicht aus, hat immer ein Lächeln auf den Lippen. Er findet, dass es ihm im Vergleich zu anderen doch noch gut geht», erzählt Nicole Berchtold, die ihm gemeinsam mit dem SRF-Team einen Herzenswunsch erfüllte. Eine Tätowiererin besuchte ihn zu Hause, und er durfte sich ein Tattoo stechen lassen. «Er wollte das unbedingt, Maria allerdings war anfänglich nicht so begeistert – Mamis halt», sagt sie schmunzelnd.

Nicole Berchtold selbst hat mit Ehemann Lars Leuenberger (46) die Söhne Luis (10) und Milo (8). Den beiden erzählt sie zu Hause ganz offen von ihren Erlebnissen, und meistens möchten sie dann auch die Sendung schauen, weil sie gerne Genaueres wissen wollen. «Ich finde das für sie eine wichtige ­Erkenntnis. Sie sollen merken, dass nicht in jeder Familie eine heile Welt herrscht, und sie können so unsere – im Vergleich – ‹sorgenfreie› Familiensituation wertschätzen. Ich glaube, es hilft auch, eine Empathie gegenüber anderen zu entwickeln. Dieses ­soziale Denken und Handeln ist bei uns in der Erziehung ein grosses Thema.»

Aber: Wecken solche TV-Einsätze bei ihr selbst nicht eine gewisse Angst um ihre Jungs? «Natürlich, wobei die bei einer Mutter ja immer latent da ist, aber im Alltag in den Hintergrund rückt, solange alles gut ist.» Und selbst wenn die Kinder mal krank seien, wisse man ja meist, dass das schnell wieder vorbeigeht. Anders bei Mattias, dessen Zustand sich stets verschlechtert. «Das bricht mir als Mutter schier das Herz und zeigt einmal mehr, dass Gesundheit nicht selbstverständlich ist und wie wichtig gemeinsame Zeit ist. Mir wurde wieder mal bewusst, dass wir alle nur eine beschränkte Lebensdauer haben, auch wenn wir das im Alltag gerne ausblenden.»

Tiefgehende Geschichten, die Nicole Berchtold auch noch weiter bewegen, wenn die Sendung ausgestrahlt ist. Auf SRF 1 ist sie dann aber bald schon wieder in ganz anderer Umgebung zu sehen: Die Gartensendung «Hinter den Hecken» startet am 13. März in die fünfte Staffel. «Auch da treffen wir interessante Menschen – mit  wunderbaren Gärten.»