Beatrice Müller: «Hier habe ich mich in meinen Mann verliebt»

Rom hat für die «Tagesschau»-Moderatorin eine besondere Bedeutung. Hier machte sie einst eine Tanz-Ausbildung, und bei einem Espresso mit ihrem heutigen Gatten sprang der berühmte Funke. Seither ist das Ehepaar unzertrennlich.
 
Die Sonne brennt heiss auf dem Marktplatz des Campo Fiori in Rom. Unter der Statue des mittelalterlichen Ketzer-Mönchs Giordano Bruno warten wir auf die News-Frau von der «Tagesschau». Plötzlich steht sie da, sommerlich gekleidet, in blauer Jacke und weisser Rüschenbluse erfrischend jugendlich. Ihr Händedruck ist so kräftig, wie man es dem sanften Persönchen nicht zutrauen würde. In natura wirkt Beatrice Müller (49) noch zarter und fraulicher als am Bildschirm. Sie strahlt eine positive Offenheit aus. In den wenigen Stunden unseres Beisammenseins entpuppt sie sich als Kumpeltyp, mit dem man Pferde stehlen kann.
 
«Wenn immer ich in unserem Haus in der Toskana bin, das je etwa eine Autostunde von Rom und Florenz weg liegt,mache ich Tagesausflüge in eine der beiden Städte», erzählt Beatrice Müller. «Einfach mal wieder Freunde treffen und die Stadt ‹schmöcken› », wie sie sagt. Zu Rom hat sie eine spezielle, emotionale Beziehung. «Hier habe ich mich in meinen Mann verliebt.» Dieses Geheimnis enthüllt sie uns am Tresen des in Insiderkreisen Fellini-Bar genannten In-Place gleich hinter der Piazza Navona. Hier war sie regelmässig Gast, als sie Anfang 80er-Jahre in Rom eine zweijährige Tanz-Ausbildung machte. Sie kommt ins Schwärmen. «Im Caffè della Pace hat Star-Regisseur Federico Fellini jeweils seine Darsteller gefunden. In dieser Bar verkehrte das ganzes Panoptikum der Schönen und Reichen von Rom.»
 
Kennengelernt hat Beatrice Müller ihren Mann Heiner Hug (63) natürlich im Beruf – bei der Arbeit im Fernsehen in Zürich-Leutschenbach. «Er war damals Auslandschef der ‹Tagesschau›. Wir fanden uns auf Anhieb sehr sympathisch. Irgendwann beschlossen wir, einmal zusammen in die Heilige Stadt zu reisen und in meinem Lieblingscafé von einst einzukehren. Als wir dort an der Bar redeten und redeten, sprang der Funke über – bei einem Espresso.» Sie lacht wie befreit.
 
Das neue TV-Traumpaar Hug/ Müller war in Leutschenbach kein grosses Thema. «Damit es keines wurde, haben wir schnell kommuniziert, dass wir zusammen sind», freut sich Beatrice Müller noch jetzt diebisch. «Kinder waren für uns beide nie ein Thema», sagt sie auf unsere Nachfrage und erklärt: «Heiner ist jetzt zwar pensioniert, aber noch immer so beschäftigt wie vorher. Er rennt genau gleich in der Weltgeschichte herum wie ich.» Wann mit dem TV für sie Schluss ist, weiss sie nicht. «Über das ‹Nachher› denke ich nicht nach», sagt sie bestimmt. «Es ist für mich noch so weit entfernt.»
Beatrice Müller ist ein bescheidener Mensch. Sie nimmt sich selber überhaupt nicht wichtig. «Ich bin in erster Linie Newsmensch, mein Mann auch», sagt sie und lächelt entwaffnend. «Ich bin nicht wichtig, nur weil ich am Bildschirm den Zuschauern die News, gute und schlechte, nach Hause in die Stuben bringe.» Trotzdem legt sie Wert darauf zu erklären, wie sich dieser Job im Laufe der letzten Jahrzehnte verändert hat. «Heute sind wir Moderatoren auch journalistisch tätig, schreiben die Moderationstexte selber. Früher haben ‹Tagesschau›- Sprecher das vorgelesen, was ihnen Redaktoren im Studio geschrieben haben. Jetzt gehört das – neben dem Moderieren – ebenfalls zu unserem Job.»
 
Wenn sich das Ehepaar Müller/ Hugin seinem Haus in Italien eine schöne Zeit des Wohlfühlens macht, kochen die beiden zusammen, für sich selber und für Freunde.«Wir teilen uns auf beim Kochen, etwa im Verhältnis 50:50. Wir sind beide begeisterte Köche, lieben saisonale Gemüse wie Zucchiniblüten, kurz in Olivenöl und Knoblauch geschwenkt. Oder frittierte Artischocken à la Judäa. Alle Gemüse natürlich aus dem eigenen Garten», sagt sie stolz. Beide seien sie auch passionierte Austüftler von «Teufel-kommraus- Rezepten», wie sie es nennt, «an denen wir stundenlang experimentieren können. In der Küche zusammen schnetzeln und schwatzen, aus Freude am Sein – das gefällt uns beiden. Unsere Devise: Man muss das Leben geniessen, solange man kann.»
 
Dass der berufliche Alltag manchmal zwar hart, aber auch unglaublich spannend sein kann, erzählt Beatrice Müller anhand einer ihrer grössten beruflichen Herausforderungen. «Das war der Tod von Papst Johannes Paul II.», erinnert sie sich. «Ich habe Anfang April 2005 den SF-Italien- Korrespondenten unterstützt. In jener Samstagnacht, als der Papst starb, stand ich um 21.40Uhr als einzige TV-Journalistin auf dem extra für die Berichterstatter aus aller Welt aufgestellten Gerüst auf einer Anhöhe über dem Vatikan. Da sagte man mir in den Kopfhörer, der Papst sei gestorben. Ich sagte: ‹Mach keine Witze.› Plötzlich gingen die Lichter im Vatikan an – und die Nachricht ging um die Welt. Wir hörten die Glocken läuten, Autos fuhren Richtung Petersdom. Für mich war es ein Gewaltsmoment, obwohl ich reformiert bin. Das hat mich journalistisch tief beeindruckt, an einem der grössten Events aller Zeiten als Medienfrau anwesend zu sein.» Stunden später waren quasi aus dem Nichts vier Millionen Menschen in Rom, es gab Massentrauer und Massenhysterie. «Das Ganze nahm eine geradezu unheimliche Eigendynamik an.»
 
Beatrice Müller ist noch heute völlig fasziniert davon. Während grosse TV-Stationen wie CNN über 100 Leute vor Ort hatten, waren sie und ihr Kollege gerade mal zu zweit. «Auch die Beisetzung des Papstes war gigantisch. Man stelle sich vor, es hätte an diesem Tag ein Attentat gegeben. Die meisten Staatschefs der Welt wären wohl ebenso ums Leben gekommen wie der Schweizer Vertreter, Bundesrat Samuel Schmid. Bei diesem Gedanken kann man Gänsehaut bekommen», sagt sie.
 
Die «Tagesschau»-Moderatorin ist sich bewusst, dass sie dank ihres spannenden und abwechslungsreichen Jobs auch privilegiert ist. «Ich muss dankbar sein für das Traumleben, das ich führen kann. Und dafür, was ich da alles erleben durfte. In diesem Job wirst du auf eine besondere Art reich – durch Begegnungen und Themen, an die du im normalen Leben nie rankommen würdest.»