Auf «goldiger» Entdeckungstour

Für «Schweiz aktuell» erkundet die Moderatorin diesen Sommer das Simplongebiet. Eine ihr unbekannte Ecke des Wallis, welche die Urnerin ins Schwärmen brachte.

Zwei Fliegen auf einen Streich», so nennt Sabine Dahinden, was sie diesen Sommer für «Schweiz aktuell» macht. Machen darf, wie sie betont. Zum einen meldet sie sich im Rahmen einer Schwerpunktwoche (3. bis 7.8.) mit Geschichten aus dem Simplongebiet und geht anschliessend in Gondo für einen Dok-Film auf Spurensuche (12.8.). Denn das Dorf erlebte, was in der «Üsserschwiiz» wohl nur wenige wissen, vor nicht allzu langer Zeit einen veritablen Goldrausch. «Schon in der Römerzeit wurde hier Gold abgebaut», weiss Sabine Dahinden, «Ende des 19. Jahrhunderts aber, als die Franzosen in Gondo waren, verkündeten sie, es gebe da mehr Gold als in Kalifornien, man solle Aktien kaufen und investieren.» Doch der Schein trog: Innert fünf Jahren habe man trotz intensiver Arbeit lediglich 33 Kilo aus dem Berg geholt.

Heute zeugen stillgelegte Stollen und 73 Gondo-Vreneli vom einstigen Boom. Wert: rund 100000Franken. Pro Stück. «Helles, leuchtendes, ganz spezielles Gold», schwärmt die 51-Jährige, «Gondo selbst besitzt nur eines, und die Gemeinde musste sich lange darum bemühen.» Erst eine Woche vor dem Murgang im Jahr 2000, der 13 Menschen in den Tod riss, habe man das gute Stück erhalten und in einem Tresor auf-
bewahrt. «Auch dieser wurde fortgerissen, später aber wiedergefunden, total zerkratzt von all den Steinen. Eindrückliche Geschichte», meint sie nur. Heute ist der Damm gut gesichert, auch könne man in Gondo günstig wohnen, fährt sie fort. Doch leide der Grenzort stark unter Abwanderung. Ein weiteres Problem: die Blechlawine, die sich unentwegt– der Simplon ist die höchste, ganzjährig befahrbare Strasse des Landes – durch das enge Tal wälzt. «Jeden Tag fahren 2500 Autos und Lastwagen über den Pass.»

Die Moderatorin legte die Strecke via Autostopp zurück. Auf 2005Metern angelangt, nächtigte sie im Hospiz, das wie die Strasse Anfang des 19. Jahrhunderts auf Geheiss Napoleons erbaut wurde. «Ein imposantes Gebäude, mitten in einer Wahnsinnslandschaft.» Noch immer beherbergen dort Mönche die Gäste, die den Weg hierher finden. Viele von ihnen, das habe der Prior ihr anvertraut, hätten Sorgen im Leben. «Sie sehen den Pass symbolisch als Übergang dafür, dass es weitergeht.»

Italien ist nur einen Kilometer von Gondo entfernt – naheliegend also, dass Schmuggel hier ein Thema ist, oder? «Ja», bestätigt sie. «Ich liess mir von einem alten Italiener, der in den 60er- und 70er-Jahren Güter über die Grenze brachte, wilde Geschichten von damals erzählen.» Und eine Frau aus Gondo habe berichtet, wie sie nachts Italiener in ihrem Jeep eine kurvige Strasse hochfuhr. «Um ein bisschen Geld zu verdienen, schleppten diese Männer schwere Pakete mit Zigaretten über den Berg, viele verloren ihr Leben in Lawinen.» Auf der Schweizer Seite tolerierte man das, wurden sie jedoch in Italien erwischt, landeten sie hinter Gittern.

Dahinden war aber nicht nur im Auto, sondern auch per pedes, mit 1 PS unterwegs auf dem Stockalperweg. Den alten Saumpfad von Brig über den Simplon nach Gondo liess ein Briger Kaufmann im 17. Jahrhundert ausbauen, legte so den Grundstein zu einem Handelsimperium. «Schon eindrücklich, wie er seine Fäden zwischen Italien, Frankreich und der Schweiz spannte, das Käse-, Salz- und Söldnergeschäft kontrollierte, die Goldminen förderte und so zu Geld kam», erzählt sie. Dass Petrus just während ihrer Maultiertour mies gelaunt war: egal. «Ich fand es romantisch, im Regen zu gehen, und war zudem positiv überrascht, dass ich in nur zwei Tagen zu Gino, den ich führte bzw. er mich, eine Beziehung aufbauen konnte.» Verständigungsprobleme gab es also keine, zumindest nicht mit Tieren. Wie aber kam sie mit dem hiesigen Dialekt zurecht? «Kein Problem für mich! Als Urnerin fühle ich mich den Wallisern verbunden. Ihre eigenwillige Art liegt mir. Ich hoffe, sie kommen auch mit mir guät z Schlag.»

Fraglos sind für eine gebürtige Altdorferin «ihre» Berge die prächtigsten. Und doch: In all ihren Schilderungen schwingt Begeisterung für die ihr bislang unbekannte Ecke des Wallis mit, oder? «Ja», räumt sie ein, «für mich ist diese Gegend mit den vielen spannenden Geschichten am Wegrand eine Entdeckung. Auch hätte ich nicht erwartet, dass die Landschaft so vielseitig ist und die Vegetation so anders als bei uns im Urnerland. Einmal sahen wir sogar Feuerlilien – wunderschön!»