«Adrian wusste zum Glück nicht, wer ich bin»

Liebe auf den ersten Blick: Der Schauspieler und sein Freund Adrian beweisen, dass es das gibt. Trotz Innigkeit ist der Freiraum des Einzelnen dem Paar wichtig.

Zwei Männer treffen sich zufällig in der Zürcher Central-Bar. Erste Funken sprühen, die beiden quatschen zwei Stunden lang und weiter bei einem gemeinsamen Essen. Ein paar Tage später das zweite Date – und seither haben sich Schauspieler Philippe Roussel (59) und sein Freund Adrian Binder (55) nie mehr getrennt. Das war vor fünf Jahren. «Ich merkte schnell: Das ist ein ‹good match›», erinnert sich Adrian. «Wir mussten nicht mehr von vorne anfangen, weil wir bereits auf der gleichen Linie waren und ähnliche Vorstellungen über Treue und andere wichtige Lebensthemen hatten.» Philippe ergänzt: «Wir sind uns als Erwachsene begegnet, ohne Kinderspiele wie Eifersucht.» Zum Glück wusste Adrian nicht, wen er da kennenlernte. «Ich bin völlig unbefangen in die Situation eingetaucht. Das ist schön, denn ich verliebte mich in Philippe als Person.» Und der ist froh um diesen Umstand: «Ich habe es oft genug erlebt, dass man einfach gerne mit mir im Rampenlicht steht.»

Zwei, die in verschiedenen Welten leben: Philippe Roussel in seiner Schauspielszene, Adrian Binder ist strategischer Textil-Einkäufer, zuständig für Sicherheitsbekleidung aller Art. «Es handelt sich bei meinem aktuellen Job mehr um Planung und Projekte, als dass es mit Mode zu tun hat», sagt er lachend. «So haben wir uns immer viel zu erzählen.» Nicht nur, aber auch weil sie so unterschiedliche Arbeitszeiten haben, wohnen sie getrennt. Philippe, der meist abends und an Wochenenden im Einsatz ist, weiss aus Erfahrung: «Nicht alle kommen damit klar, auch wenn sie es anfangs okay finden.» Sie finden es grundsätzlich gut, nicht tagtäglich zusammenzusein. «So kann jeder seinen Freundeskreis pflegen, und man freut sich viel mehr, den Partner zu sehen», erklärt der Künstler, dem es zudem wichtig ist, nach einem strengen Arbeitstag auch mal seine Ruhe zu haben.

Das Paar reist gerne auf der ganzen Welt herum, ist fasziniert von den verschiedenen Kulturen und Mentalitäten. «Wir sind zudem grosse Cineasten und essen gerne gut», ergänzt Philippe Roussel. So hat ihm sein Partner zu Weihnachten einen Abend im Restaurant Adelboden in Steinen SZ bei Franz Wiget, dem besten Schmorkoch der Schweiz, geschenkt. «Sehnsüchtig habe ich darauf gewartet, dass die Gaststätten wieder öffnen.» Die beiden lachen viel, schauen sich vertraut an, strahlen Harmonie aus – glücklich, einander gefunden zu haben. Adrian: «Das Leben offenbart immer wieder herausfordernde Situationen, in denen man froh und dankbar ist, einen Lebenspartner wie Philippe an der Seite zu haben.» Der sinniert: «Je älter man wird, desto wichtiger ist der Humor. Ich könnte nicht mehr mit einem schwermütigen Partner umgehen.» Gut, sieht sich Adrian als positiven Menschen.

Bis Anfang September wird Philippe vermehrt abwesend sein. Ab 18. 6. laufen im Sommertheater Winterthur zwei Produktionen (www.sommer-theater.ch). Philippe führt beim einen Regie. Ausnahmsweise steht er dieses Jahr nicht auf der Bühne. «Wir mussten unser Programm wegen Corona reduzieren.» Genug zu tun gibt es dennoch: Ton, Licht, Technik. «Für mich neue Herausforderungen, auf die ich mich freue.» Und Adrian wird er viel zu erzählen haben, wie es hinter den Kulissen so läuft.