Abschied in Würde ist ihm wichtig

Mit Krokus in Urformation eine letzte Runde zu drehen, war eine seiner besten Entscheidungen. Nun ist der Rücktritt der Band nah und anderes wird wichtiger.

«So darf es nicht enden!», sagten sich Chris von Rohr (69) und Fernando von Arb (68). Die beiden Köpfe der Schweizer Hardrockformation Krokus realisierten bei einem Gespräch 2007: «Die Aktie der Band kann gar nicht tiefer fallen», wie Gründer von Rohr rückblickend zur GlücksPost sagt. «Wir hatten eine tolle Band aufgebaut, die jedoch durch Egomanie, schlechtes Management und weisses Pulver zerstört wurde.»

Nach ihren grossen internationalen Erfolgen in den 80er-Jahren waren Krokus auseinanderge­brochen, in ewig wechselnder Besetzung wieder zusammengekommen und schliesslich doch wieder getrennt. «Fernando und ich fanden, dass Krokus einen besseren Schluss verdient hat. Wir wollten den Leuten nochmals zeigen, warum wir als einzige Schweizer Hardrockband im Ausland Gold- und Platin-Auszeichnungen erhalten hatten.»Diesen Annäherungsgesprächen – auch von Rohr und von Arb hatten sich zwischenzeitlich auseinandergelebt – folgte 2008 eine Rückkehr der Rocker in ihrer Urformation. «Ein gewisses Risiko war natürlich dabei. Doch als wir sahen, wie viel Freude die Fans, aber auch die Band hatten, wussten wir, dass wir das Rich­tige taten.» Aus den jungen Egomanen waren reife Männer geworden. Statt Streit erfuhren sie eine neue, gegenseitige Wertschätzung. «Es war ein ganz neues Feeling da. Wir empfinden es als grosses Glück, dass wir diese elf Jahre noch zusammen machen durften, das haben auch unsere Anhängerinnen und Anhänger gemerkt.» Die neuen alten Krokus waren ein voller Erfolg.

Nun ist das Ende wieder nah, Krokus sind auf ihrer Abschiedstour «Adios Amigos!», deren Teil in den USA, Kanada und Mexiko wegen der Pandemie noch aussteht. Wenn alles so gut läuft, warum wollen die Herren aus Solothurn überhaupt einen Schlusspunkt setzen? Im Musikgeschäft gibt es ältere Semester, die noch unterwegs sind.

«Stop on the top», lautet von Rohrs Antwort. «Hardrock altert schlechter als Country oder Blues, da es eine sehr körperbetonte Musikrichtung ist. Man muss aufpassen, dass man sich nicht lächerlich macht.» Ihm liegt viel daran, Krokus kein zweites Mal zugrunde­zurichten. «Es geht um Ehre und Haltung, nicht um Geld.»

Pläne für ein Leben nach dem Rücktritt hat von Rohr mehr als genug: Er wird weiter Musik machen, Kolumnen und Bücher schreiben, in denen er – wie man es sich von ihm gewohnt ist – kein Blatt vor den Mund nimmt.

«Ich will unser eigenartiges Tun auf diesem verrückten Planeten reflektieren und auf meine Art beschreiben», sagt der Bestseller-Autor. «Wenn ich dadurch dazu beitragen kann, dass die Welt ein klein bisschen offener und hu­maner wird, ist das mehr, als ich erwarten darf.» Er malt auch schon länger, wie sein Vater, der Kunstmaler war. «Im ersten Stock meines Hauses ist mein Atelier. Ich male vermehrt stimmige Farb­expressionen.» Demnächst stellt er die Bilder in Zermatt aus.

Diese gestalterische Seite hat Tochter Jewel (20) von ihrem Vater geerbt, sie macht Social-Media- und Webdesign. Für sein Kind möchte von Rohr nun voll da sein: «Es freut mich, zu sehen, wie sie ihren Weg geht, mit viel Feeling und Freude. Das ist ein grosses Glück für jeden Vater.» Für sich selbst wünscht er sich nochmals eine erfüllende Zweierbeziehung. «Ich bin gerade daran, eine solche aufzubauen», verrät er. Und dann ist da noch sein lang gehegter Wunsch nach einem vierbeinigen Freund: «Ich möchte auf jeden Fall bald wieder einen Hund haben. Ich liebe Hunde, sie bringen Soul-Feeling ins Leben.»

Mit diesem Schluss der Geschichte können sich alle Krokusse identifizieren, er ist so, wie sie ihn sich gewünscht hatten. Als letzten Gruss, ein «Thank you all!» für die  Fans gibt es ab 19. Februar eine Live-CD- und -DVD, aufgenommen 2019 am Heavy-Metal-Openair Wacken (D). «Wir hatten Glück. Es war einer jener magischen Momente, in denen alles stimmt», schwärmt Chris von Rohr. «Die Atmosphäre und die Spielfreude waren grossartig. Wir rockten wie die jungen Dögs.»

Krokus on top eben.