Ein Chörli mit Geschichte

Das «Erste Frauen-Jodel-Chörli Basel» wurde vor 81 Jahren gegründet. Was vereint die Jodlerinnen und Sänge­rinnen? Freundschaft und die Freude am Singen.

Sportlich flitzt Monica Müller auf ihrem E-Bike durch den kleinen Park im Herzen von Basel, kommt mit einem fröhlichen Lachen vor Gesangskollegin Marlen Jauslin zu stehen. «Ich muss nur noch schnell den Velohelm abziehen», sagt sie und hält Ausschau nach einem hübschen Plätzchen für einen gemeinsamen Kaffee, das sie auch schnell findet. 

Organisieren liegt ihr im Blut. Sicherlich mit ein Grund, weshalb sie mit viel Freude und Herzblut seit 2013 als Präsidentin im «Ersten Frauen-Jodel-Chörli Basel» amtet, tatkräftig unterstützt von Marlen Jauslin, Materialverwalterin des Chörlis, das seit 81 Jahren besteht. Am 12. Februar 1942 war es, als 16 Basler Frauen Geschichte schrieben. Viele von ihnen Gattinnen von Sängern des Basler Jodlerklubs, beschlossen mutig, einen Frauen-Jodel-Chor zu gründen. Mutig? «Nun, es war zu Kriegszeiten noch alles andere als üblich, dass Frauen überhaupt jodeln», weiss Monica Müller.

Der Name «Erstes Frauen-Jodel-Chörli» war schnell gefunden. Wichtig war das Wörtchen «Erstes», denn sie waren in der Tat der erste Jodler-Chor der Schweiz, der ausschliesslich aus Frauen bestand. «Eigentlich waren das scho chli frächi Fraue», sagt Monica Müller bewundernd, «denn Frauen mussten damals für alles erst ihre Männer fragen, konnten nicht mal eine Wohnung mieten, durften ohne deren Einwilligung nicht arbeiten gehen und hatten kein Stimmrecht.» Erste Priorität hatten Kinder und Haushalt. «Ich könnte mir vorstellen, dass die Frauen das Einverständnis ihrer Männer nur bekamen, weil diese nicht an deren Erfolg glaubten.»

Es kam anders als erwartet: Nur gerade vier Jahre später konnte sich das Chörli qualifizieren und wurde im Nordwestschweizer Jodlerverband und im Eidgenössischen Jodlerverband aufgenommen. Alles richtig gemacht, nur Geld war keines vorhanden. Dennoch wollten die Frauen in einer Tracht auftreten. So entschied sich frau für ein einfaches, hübsches Trachtenkleid – schwarz und bestickt mit Edelweiss und Enzian.

Der Wunsch, eine eigene Vereinstracht zu besitzen, erfüllte sich zum zehnjährigen Jubiläum. «Seither präsentieren wir uns in der Stadt-Basler Sonntagstracht. Zum 40-jährigen Jubiläum bekamen wir dann neue Trachten – die alten waren nach 30 Jahren schon ziemlich verblichen und abgetragen. In unzähligen Stunden nähte Gründerin und Chörli-Schneiderin Gritli Loeffler die Trachten in Handarbeit», erzählt Marlen Jauslin, als Materialverwalterin Hüterin der wertvollen Trachten, die alle Eigentum des Vereins sind. 

Die Trachten wurden auf den Körper jeder einzelnen Jodlerin und Sängerin geschneidert. Müssen nun alle ständig auf die Figur achten? «Das ist kein Problem», sagt Marlen Jauslin und lacht. «Trachten sind so genäht, dass man sie gut enger oder weiter machen kann.»

Das «Erste Frauen-Jodel-Chörli» ist inzwischen 81 Jahre alt, zählt derzeit 18 Sängerinnen: vier Jodlerinnen und 14 Begleitsängerinnen. Die Jüngste ist 54, die Älteste 90 Jahre alt. Wie sieht es mit dem Nachwuchs aus? «Wir würden gerne mehr haben und suchen deshalb nach Sängerinnen. Ideal für einen Verein wie der unsere wäre ein Alter zwischen 40 und 60. Jüngere sind natürlich auch willkommen, nur sind diese Frauen oftmals mit der Familie beschäftigt und haben andere Interessen», weiss die Präsidentin. Niemand müsse zwingend jodeln können, auch Notenlesen ist keine Pflicht. Wichtig sei Freude am Singen und ein Gefühl für Musik. Weitere Infos sind unter www.frauenjodelchoerli.ch zu erfahren.

Was hat Monica Müllers Leidenschaft fürs Jodeln und Singen geweckt? «Volksmusik und Jodeln hat mich immer interessiert. Mein Mann hat mit 50 Jahren angefangen zu singen, und ich habe ihn zu allen Jodelfesten begleitet. Wenn Frauenjodelchörli dabei waren, habe ich ihnen immer zugehört. Eine Kollegin hat mich dann überredet, bei ihnen im Frauenchörli vorbeizuschauen, und so bin ich reingerutscht und seitdem als Begleitstimme im Chor.»

Marlen Jauslins Gatte hingegen kann mit der Volksmusik nicht viel anfangen. «Es ist nicht seine Musik», sagt sie und lacht. Aber auch ihre sei es nicht gewesen. Wie hat sie denn den Weg zum Chörli gefunden? «Zwei Kolleginnen haben mich eingeladen, sie zu einer Probe zu begleiten. Den beiden zuliebe bin ich hingegangen, und es hat mir sofort den Ärmel inegno.»

Vom 16. bis 18. Juni findet in Zug das 31. Eidgenössische Jodlerfest statt – am Radio mitzuverfolgen auf SRF Musikwelle (16. / 17. 6.) und am TV auf SRF 1 mit «Potzmusig» (17. 6., 18.15 Uhr) und Übertragung des Festumzugs (18. 6., ab 14.05 Uhr). Mit dabei beim Grossanlass natürlich auch das «Erste Frauen-Jodel-Chörli Basel». Ihr grosser Auftritt wird am Samstag um 18.50 Uhr sein. Schon aufgeregt? «Fröhlich angespannt, würde ich sagen», meint Monica Müller. «Wir werden auch am Sonntag beim Umzug mitlaufen – ganz am Schluss, denn Basel-Stadt wird der Gastgeberkanton des nächsten Eidgenössischen Jodlerfestes vom 26. bis 28. Juni 2026 sein.»