Mit viel Action durchs Leben

Er liebt Abenteuer, wägt dabei aber stets die Risiken ab. Ebenso im Skisport: ZurErleichterung seiner Familie fühlt er sich im «Stangenwald» wohl. Die viel gefährlicheren Abfahrten würden ihn ängstigen.

Er macht Purzelbäume, während er am Drahtseil über die Schlucht in Saas-Fee fliegt. Ramon Zenhäusern kann nicht genug Action kriegen, nennt sich selbst einen Adrenalin-Junkie. Ob Fallschirmspringen, Wildwasserfahren, Kitesurfen oder Roller­bladen im Skatepark – was aufregend ist, macht ihm Spass. Einer seiner Sponsoren schenkt ihm jedes Jahr ein spezielles Abenteuer: Heuer war es Sky­diving aus einem Heissluftballon.

Die GlücksPost besucht den 29-Jährigen und seinen Vater Peter dort, wo sich nicht nur der Schweizer Slalom-­Spezialist, sondern die ganze Weltelite im Herbst für die kommende Ski-alpin-­Saison vorbe­reitet. Einem Trainingsplan gleich hat Skicoach Peter Zenhäusern (60) einen erlebnisreichen Nachmittag im Wallis organisiert. Mit einem Elektrotaxi – Saas-Fee ist autofrei – fahren wir bequem von Station zu Station. Nach der Seilrutsche geht es zum Golfplatz: Für Ramon ist dieser Sport ein idealer Ausgleich zu seinen vielen spannungsgeladenen Tätigkeiten.

Der studierte Wirtschaftswis­senschaftler kann aber auch ganz sanft: Beim Hervorlocken der Murmeltiere hat er wortwörtlich das beste Händchen von allen Anwesenden. Die kleinen Pelztiere kommen ganz zutraulich zu Ramon und fressen die dargereichten Nüsse und Karotten. Eine weitere, andere Seite zeigt der Action-Mann im Heimatmuseum, wo er auf seiner Klarinette spielt. Als Kind habe er viel musiziert und war in der Jugendmusik, erzählt er, hält inne und fragt den Vater: «Wann habt ihr mich eigentlich zum Musikinstrument überredet?» Heute spielt Ramon nur noch an Weihnachten, zusammen mit seinem Grossvater an der Mundharmonika. Ramons Freundin Tanja Hüberli (29) hat zufällig das gleiche Instrument gewählt. An der Hochzeit von Ramons Schwester spielten sie im Duett. «Ich musste fast heulen, es war so emotional», erinnert sich der 2,02-Meter-Hüne.

Seine Körpergrösse galt lange als Hindernis, um es im Slalom an die Spitze zu schaffen. Zu der Disziplin kam er, weil seine Familie ein Ferienhaus in der Moosalp- Region besitzt. «Das ist ein kleines Skigebiet, es hat keinen Platz für eine Abfahrtspiste.» So steckte Peter seinem Sohn, den er bereits mit 18 Monaten erstmals auf die Ski stellte, Torlaufstrecken. Und dank eines ausgeklügelten Trainings von Peter und später Trainerlegende Didier Plaschy lernte Ramon seine körperlichen Nach- in Vorteile zu verwandeln. Auch wenn er heute von Swiss Ski betreut wird, ist sein Vater immer noch der wichtigste Ansprechpartner. Er und Mutter Bea kümmern sich für ihren Sohn auch ums Administrative, suchen Sponsoren, sortieren und beantworten die Fanpost.

Zenhäuserns sind froh um den Verlauf von Ramons Karriere: «Meine Grosseltern würden vor Angst sterben, wenn ich Abfahrten machen würde. Da ist man viel schneller und auf steileren Pisten unterwegs», sagt Ramon und fügt ehrlich an: «Auch ich hätte Schiss. Die Risiken sind mir zu hoch.» Natürlich sei gewinnen sein Ziel. «Ich habe aber vor allem Freude daran, mich zu bewegen.» Sogar Peter kann seinem Sohn nicht zusehen, wenn er auf speziell schwierigen Strecken, wie im berühmt-berüchtigten Kitzbühel, antreten muss. Aber er weiss: So gern Ramon sich in Abenteuer stürzt, so wägt er doch stets die Risiken ab.

Heute verbringt Ramon die meiste Zeit in der «Üsserschwiiz». In seinen Walliser Heimatort Bürchen kommt er hauptsächlich, um abzuschalten, nennt ihn denn auch seinen «Time-out-Ort». Er hat ein kleines Appartement in Cham ZG in der Nähe des interdisziplinären Leistungs- und Athletikzentrums OYM, in dem er oft trainiert. Ramon ist begeistert davon: «So etwas gibt es nur einmal auf der Welt – es ist alles unter einem Dach: Ernährungsberatung, Training, Auswertung, Tests und Physio.» Zudem wohnt Freundin Tanja Hüberli in der Nähe.

Seit bald drei Jahren ist Ramon mit der Profi-Beachvolleyballspielerin liiert. Man würde denken, dass sie nicht viel voneinander haben, da er sein Können im Winter, Tanja ihres im Sommer zeigen muss. Doch Ramon verneint: «Wenn wir gleich­zeitig Saison hätten, würden wir uns nie sehen. So können wir einander hinterherreisen.» Die beiden ergänzen sich und haben viele Gemeinsamkeiten. Auch Tanja liebt Action, begleitete Ramon beim Sprung aus dem Heissluftballon. Sie teilen den gleichen Humor – ihre spassigen und ideenreichen Videos, die sie ins Internet stellen, machen immer wieder von sich reden. Auch das Fern­sehen hat entdeckt, dass Ramon als Gast eine Bereicherung ist (u. a. im Sommer bei «1 gegen 100»). Ende November, kurz vor seinem ersten Einsatz im Weltcup (siehe Box), nimmt er an der Aufzeichnung der SRF-Sendung «Gipfelstürmer» teil. «Ramon hat schon Unterhaltungswert», meint sein Vater zustimmend.