Werden wir bald von Robotern gepflegt?

Die Zahl der älteren Menschen, die Pflege brauchen, nimmt kontinuierlich zu. Um den Mangel an Pflegefachkräften auszugleichen, sollen ­zukünftig Pflegeroboter zum Einsatz kommen. Segen oder Fluch?

Es klingt wie in einem Science-Fiction-Film, ist aber zum Teil bereits Realität: In Altersheimen und Spitälern sollen zukünftig Pflegeroboter das menschliche Personal ersetzen bzw. ergänzen. Zumindest in Japan ist dies schon der Fall. Im Land der aufgehenden Sonne erkannte man bereits in den 80er-Jahren, dass es in der medizinischen Pflege zu einem Engpass kommen könnte. Da die Japaner sehr technikfreundlich sind, begann die Forschung an Robotern zu tüfteln, die pflegerische Aufgaben übernehmen könnten.

Bekanntestes Beispiel ist der sogenannte «Robear». Der Roboter, der ein bisschen wie ein Teddybär aussieht, kann Patienten aus dem Bett heben und beispielsweise in einen Rollstuhl setzen oder ins Bad tragen. Pflegefachleute, die diese kraftzehrende Aufgaben mehrmals pro Tag erledigen müssen, leiden häufig an Rückenverspannungen und verschlissenen Bandscheiben. Roboter hingegen kennen keine Rückenschmerzen.

Überalterung verschärftden Pflegenotstand

Noch nie gab es auf der Welt so viele alte Menschen wie heute. Dank moderner Medizin, verbesserter Hygiene oder optimierten Arbeitsbedingungen ist die durchschnittliche Lebenserwartung gestiegen. Damit nimmt die Überalterung kontinuierlich zu.

Die Weltgesundheitsorganisation WHO geht davon aus, dass es in Europa bis zum Jahr 2050 dreimal mehr Senioren über 85 Jahre geben wird als heute. Und das Bundesamt für Statistik rechnet damit, dass im Jahr 2060 gut 28 Prozent der Schweizer Bevölkerung im Rentenalter sein werden (heute sind es rund 17 Prozent). All diese Senioren werden früher oder später Pflege brauchen. Bereits heute mangelt es an Pflegefachkräften, der Pflegenotstand dürfte sich in Zukunft weiter verschärfen.

Hilfe bei Routinearbeiten

In der Industrie ist es seit Jahrzehnten üblich, dass Roboter schwere, repetitive und gefährliche Aufgaben übernehmen. Wieso also nicht in der Gesundheitsversorgung? Das Zentrum für Technologiefolgen-Abschätzung TA-SWISS hat sich 2013 mit dem Thema «Robotik in Betreuung und Gesundheitsversorgung» befasst und dazu eine Studie herausgegeben: «Roboter könnten dem Gesundheitspersonal körperlich belastende Arbeiten und Routinetätigkeiten abnehmen. Dadurch bliebe mehr Zeit für die Patienten», so der Bericht. Auch Patienten hätten Vorteile: «Smarte Rollstühle oder Gehhilfen würden die Abhängigkeit von menschlichen Begleitern verringern.

Serviceroboter wiederum könnten im Haushalt wichtige Handreichungen übernehmen, sodass es unterstützungsbedürftigen Menschen länger möglich bliebe, selbständig zu leben.»

Drei Robotertypen

In der Schweiz bestens akzeptiert und etabliert sind bisher zwei Formen von robotergestützten Massnahmen in der Medizin. Dazu zählen einerseits Trainingsgeräte und Bewegungshilfen, die dank elektronischen Sensoren ermöglichen, mit Armen und Beinen wieder greifen und gehen zu können.
Andererseits sind Roboter in Operationssälen zahlreicher Schweizer Spitäler verbreitet – für minimal-invasive Operationen. Der Operationsroboter «Da Vinci» ermöglicht beispielsweise präzise und schonende Eingriffe an Prostata, Nieren und Blase.

Noch unbekannt und wenig akzeptiert sind hingegen sozial interagierende Pflegeroboter, die in der Lage sind, Menschen zu heben, benötigte Medikamente zu bringen, beim Hinlegen oder Aufrichten zu helfen, den Notdienst zu alarmieren oder sich sprachlich mit dem Patienten auszutauschen. Experten schätzen, dass es noch mindestens 15 Jahre dauern wird, bis solche lernfähigen Pflegeroboter in der Schweiz Fuss fassen könnten.

Wie hoch die Bereitschaft ist, sich von einer Maschine statt von einem Menschen betreuen zu lassen, haben zwei Studierende der Fachhochschule Nordwestschweiz erforscht. Dabei stellte sich heraus, dass Roboter als mögliche Gesprächspartner nicht erwünscht sind. Willkommen wären sie hingegen, wenn es beispielsweise um die Intimwäsche ginge.

Das werden Roboter nie können

Kein Pflegeroboter wird je fähig sein, menschliche Wärme, heilsame Berührungen und aufbauende Gespräche zu ersetzen. Dies würde kranke Menschen zudem noch mehr in die Isolation treiben.

Eine Herausforderung wäre auch ein Stromausfall, weil der Roboter dann beispielsweise nicht mehr in der Lage wäre, lebenswichtige
Medikamente zum richtigen Zeitpunkt abzugeben. Für Experten steht deshalb fest, dass Pflegeroboter das Pflegepersonal niemals ersetzen werden können, sondern nur als Ergänzung eingesetzt werden sollten – etwa als Hebehilfe, Mobilitätshilfe, für die Toilette oder zur Überwachung von dementen Patienten.

Bisherige ­Beispiele

Bekannte Beispiele für Prototypen und Roboter im Gesundheitswesen sind:

ROBEAR kann Menschen aus dem Bett heben und in einen Rollstuhl platzieren.

CARE-O-BOT ist ein mobiler, inter-aktiver Butler, der ein-fache Assistenzaufgaben übernehmen kann, wie beispielsweise ein Glas Wasser abfüllen und dem Patienten bringen. Oder aus einem Nebenraum -einen benötigten Gegenstand holen.

HOBBIT sucht den Wohnungsboden nach herumliegenden Objekten ab und hebt sie auf, um das Sturzrisiko zu mindern. Fällt jemand trotzdem um, erkennt der Roboter den Unfall und fordert Hilfe an.

CODY wäscht bettlägerige Patienten.

TWENDY-ONE, ein humanoider Roboter, hilft beim Aufstehen aus dem Bett und bei Haushaltsarbeiten.