Wenn das Herz schwächelt

Eine Herzmuskelentzündung wird oft erst spät bemerkt. Dabei ist es für die rascheund vollständige Heilung hilfreich, sie frühzeitig und richtig zu behandeln.

Mit Symptomen wie Atemnot, Brustenge oder Brustschmerzen eilen wir sofort zum Notarzt. Eine Herzmuskelentzündung kann sich aber auch durch weit unscheinbarere Symptome wie unerklärbare Müdigkeit und Erschöpfung bemerkbar machen. Dabei denken wir jedoch eher an zu wenig Schlaf oder Stress als an eine Herzkrankheit. Wozu also abklären lassen?

«Typische Symptome der Myokarditis sind Brustschmerzen, die vor allem atem- und lageabhängig auftreten. Aber ja, auch Atemnot, Herzklopfen, Schwäche, Appetitlosigkeit und Angeschlagenheit können Anzeichen dafür sein», bestätigt Prof. Dr. med Dr. phil nat.Lorenz Räber, leitender Arzt und Kardiologe am Inselspital Bern. «Da letztere Beschwerden unspezifisch sind, ist die Diagnose nicht einfach. Besonders nach einer Erkältung oder einem anderen Infekt muss bei solchen Symptomen an eine Herzmuskelentzündung gedacht werden.» Deshalb sollte, ohne zu zögern, der Arzt aufgesucht werden, da es – in den seltensten und schwersten Fällen – gar zu einem Herzversagen kommen kann oder eine Herztransplantation in Betracht gezogen werden muss. Zu den weiteren Komplikationen der Herzmuskelentzündung gehören Flüssigkeit im Herzbeutel, Herzrhythmusstörungen und Herzmuskelschwäche. Der Kardiologe: «Es ist jedoch wichtig, zu betonen, dass die Krankheit häufig mit milden Symptomen oder sogar völlig unbemerkt verläuft.»

Was steckt dahinter?

Meist ist die Ursache für die Entzündung des Herzmuskels eine Infektion durch Erkältungs- oder Magen-Darm-Viren. Mögliche Ursachen sind aber auch Pilze, Bakterien wie Streptokokken, Legionellen oder Borrelien, Medikamente, Schadstoffe oder Störungen des Immunsystems, welche dieses aktivieren. Das Herzmuskelgewebe wird dabei angegriffen und die Pumpe zunehmend geschwächt. Auch Drogen, Gifte oder Alkohol können Auslöser sein. Professor Räber ergänzt: «Der Zusammenhang zwischen Covid-19-Impfung und Herzmuskelentzündung wurde mittlerweile gut untersucht. Sowohl die mRNA- als auch die Vektorimpfung ist vor allem bei Personen unter 30 kurzfristig mit einem erhöhten Risiko verbunden. Allerdings liegt dieses geschätzt bei 1 bis 10 Fällen pro Million Impfungen – und verläuft meist sehr mild. Dem gegenüber steht das 40-mal grössere Risiko der Covid-Infektion mit darauffolgender Herzmuskelentzündung und möglicher lebensbedrohlicher Beteiligung anderer Organe.»

Behandlung braucht Geduld

Was auch immer die Myokarditis ausgelöst hat, es ist wichtig, sie rasch zu erkennen und ernst zu nehmen. Denn schwere Verläufe können sich auch erst Monate nach Krankheitsbeginn abzeichnen. Die richtige Behandlung und regelmässige Nachkontrollen beim Herzspezialisten sind daher sehr wichtig. «Die Behandlung richtet sich nach dem Schweregrad der Erkrankung. Beim Auftreten einer Herzmuskelschwäche wird diese mit entsprechenden Medikamenten behandelt. Ebenso kann es nötig sein, Rhythmusstörungen medikamentös zu unterdrücken. Eine direkte Behandlung der Entzündungsursache ist nur in speziellen Fällen möglich, beispielsweise wenn der Myokarditis eine Autoimmunkrankheit zugrundeliegt», erklärt der Herzspezialist.

«Nicht empfohlen ist die Einnahme von Schmerzmitteln und alltäglichen Entzündungshemmern. Und es muss auf körperliche Schonung geachtet werden.» Früher wurde strikte Bettruhe verordnet, heute sind Spaziergänge erlaubt. Wettkampfsport ist jedoch für bis zu sechs Monate tabu, um die Gesundheit nicht lang­fristig zu gefährden. Dr. Räber: «Nur selten bleibt die Pumpkraft des Herzens vermindert oder entwickelt sich eine dauerhafte Herzmuskelschwäche oder Herzrhythmusstörung. Wer sich rechtzeitig behandeln lässt, hat gute Chancen, die Erkrankung ohne Spätfolgen auszuheilen.»