Warum nehme ich nicht ab?

Gründe dafür, warum eine Diät trotz zahlreicher Versuche nicht klappt, können Betroffene meist zur Genüge aufzählen. Sind es Ausreden oder Diät-Fehler? Oder liegt gar eine Erkrankung als Ursache vor?

Shake-Diät, FdH, Ketogene Ernährung, Low Carb – eine Methode muss doch funk­tionieren! Aber nein, die Pfunde purzeln nicht, die Stimmung sinkt, sodass das Umfeld froh ist, wenn man aufgibt. Tritt doch Wirkung ein, hält sie meist nicht lange, denn nach einer harten Diät darf man sich ja mal was gönnen, nicht? Schwups, sind die Kilos wieder da.

Warum ist es so schwer, schlank zu sein? Ruth Ellenberger, Mit­inhaberin des Ernährungszentrums Zürich, kennt die häufigsten Fehler: «Wir nehmen zu viele flüssige Kalorien auf. Ein Latte macchiato mit zwei bis drei Deziliter Vollmilch beispielsweise ist eine Kalorienfalle, denn ein Liter Vollmilch hat mehr Kalorien als eine Tafel Schokolade. Ebenso gefährlich sind Wellness- und Fitness-Getränke. Praktisch alle sind gezuckert, und das setzt an.» Doch nicht nur Getränke sind schuld: «Dauer-­Snacken hat sich durch Home­office verstärkt, auch viele Kinder haben in dieser Zeit zugenommen.» Ein weiterer häufiger Grund seien zu viele Kohlenhydrate und Fette auf dem Teller. Und ja, in manchen Fällen sind Krankheiten wie Schilddrüsenunterfunktion, Morbus Cushing, Depressionen, Suchtstörungen oder bei Männern Testosteronmangel die Ursache.

Woran auch immer es liegt, Übergewicht ist auf Dauer höchst ungesund. Bluthochdruck, Fettstoffwechselstörung, Diabetes Mellitus Typ 2, Fettleber, Gelenkbeschwerden, auch Einsamkeit und Depression sind häufige und schwer wiegende Folgen.

Bewegung, marsch!

Sport hilft; doch auch da lauern Stolperfallen: «Wer sich zu viel vornimmt, gibt rasch wieder auf.»  Deshalb sanft einsteigen, auch wenn es nur ein paar Mal wöchentlich zehn Minuten vor dem Fern­seher sind. Doch die Ernährungsberaterin HF SVDE warnt: «Wir sind oft zu schnell zufrieden. Langsam anfangen ist gut, aber dann steigern und den Körper fordern. In den zehn Trainingsminuten sollten wir kräftig ins Atmen kommen.»

Tipp: Keine Trendsportart wählen, sondern eine, die einem entspricht und die man mindestens drei Mal ausprobiert, bevor man aufgibt. Muskelmasse aufbauen ist wichtig, weil sie Energie verbrennt, aber: «Ausdauer-Training stärkt den Herz-Kreislauf, senkt Entzündungsfaktoren und sorgt für die Ausschüttung des Glückshormons Endorphin. Wer sich bewegt, verbrennt Fett, je öfter, desto schneller und intensiver; und das ab der ersten Trainings­minute», erklärt Ruth Ellenberger.

Der Stressabbau durch Sport hilft ebenfalls, denn Stresshor­mone kurbeln die Glukokortikoid-­Produktion an. Die Folge: Eiweiss wird einfacher in Zucker umgebaut, der Blutzucker steigt und bildet Fett. Wer negativ gestresst ist, verspürt Hunger, schläft häufig schlecht, was das Verlangen nach Zucker und Kohlenhydraten steigert.

Zu schnell zu viel

Der Körper braucht Zeit, sich an die neue Ernährung zu gewöhnen. «Leichte Entzugserscheinungen sind jedoch kein Grund, aufzugeben! Oft sind sie nur eingebildet, der Placebo-Effekt bei Diäten ist riesig», weiss Ruth Ellenberger und verrät: «Eine Diät muss alltagstauglich sein. Wer gerne Süs­ses isst, gönnt sich jeden Tag eine kleine Portion, dafür sollte er auf andere Kalorien verzichten; Vollkornbrötli anstatt Gipfeli etwa. Und für die Hauptmahlzeit gilt: Die Hälfte mit Salat oder Gemüse, ein Viertel mit fettarmem Eiweiss wie Eier, Tofu, Fisch, fettarme Milchprodukte oder Fleisch und ein Viertel mit Stärkebeilagen wie Kartoffeln, Reis oder Teigwaren, idealerweise Vollkorn. Wichtig ist auch die Vier-Stunden-Pause zwischen den Mahlzeiten. Wer auf Dauer so isst, nimmt ab.»

Nicht immer klappt es auf ei­gene Faust. Wer viele Misserfolge erlebt hat, mehr als 10 bis 15 Kilogramm abnehmen muss, in der Mobilität eingeschränkt ist oder an einer Stoffwechselerkrankung leidet, tut gut daran, sich Unterstützung durch eine Ernährungsberaterin zu holen. Dann steht dem ­Diät-Erfolg nichts mehr im Weg.