Wann werden Stiche gefährlich?

Bienen, Wespen oder Hornissen: Stiche von Insekten können für fünf Prozent der ­Bevölkerung lebensbedroh­lich sein. So ­begegnen Sie dieser typischen Gefahr des Sommers richtig.

Die warme Jahreszeit bringt es mit sich, dass wir wieder mehr Zeit im Freien verbringen. Doch nicht nur der Mensch ist in der Natur unterwegs, sondern auch allerlei Insekten, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit stechen bzw. beissen. «Insektenstiche können nicht nur unangenehm, sondern in einzelnen Fällen sogar lebensbedrohlich sein», sagt Arthur Helbling, Leiter der Allergologisch-Immunologischen Poliklinik am Inselspital Bern. Es sind vor allem die Stiche der sogenannten Hautflügler, die zu einer allergischen Hautreaktion führen. Allergische Reaktionen auf Insektengifte werden durch Eiweisse ausgelöst, die sich im Gift von Wespen, Bienen und Hornissen befinden. Während Bienenstiche vor allem im Frühling und Sommer vorkommen, sind Wespen im Sommer und Herbst aktiv.

Schwellung und Juckreiz
Insektenstiche lösen in der Regel nur wenige Minuten nach dem Stich eine lokale Reaktion um die Einstichstelle herum aus. Diese Hautreaktion kann bis zu 10 cm Durchmesser annehmen. Dabei entstehen oft eine schmerzhafte Schwellung, Rötung und Juckreiz. Solche Reaktionen sind meist harmlos und verschwinden innert Stunden oder einem Tag von selbst. Fünf Prozent der Bevölkerung reagiert jedoch mit einer Allgemein- oder Systemreaktion. «Diese Symptome haben mit der Einstichstelle oft keinen Zusammenhang und können bei nicht sofortiger Behandlung im schlimmsten Fall zum Tod führen», sagt Arthur Helbling. Bedrohliche Reaktionen können sich zwar ebenfalls auf der Haut (Nesselausschlag, Gesichtsschwellung) zeigen, jedoch auch im Magen-Darm-Trakt (Erbrechen, Krämpfe, Durchfall) und im Kreislaufsystem (massiver Schwindel, Schwächezustand, Bewusstlosigkeit, Schock) bemerkbar machen. «Wer mit einer solchen Allgemeinreaktion reagiert, sollte sich sofort in ärztliche Behandlung begeben», rät der Arzt.

Wie richtig handeln?
Wer von einem Insekt gestochen worden ist, sollte die Einstichstelle nach dem Entfernen des Stachels desinfizieren und etwas Kühlendes auflegen. Zudem gilt es, sich körperlich etwas zu schonen und auf Aktivitäten wie Joggen oder Krafttraining zu verzichten. Juckreiz und Schwellungen können durch spezielle Antihistamin-Cremes gemildert werden. Wer schon einmal eine übermässige allergische Reaktion gezeigt hat, sollte immer Notfalltabletten (Antihistaminikum und eventuell Kortisontabletten) dabeihaben, um diese einnehmen zu können. Hat ein Stich eine schwere allergische Reaktion ausgelöst, muss danach immer der Arzt konsultiert werden – auch wenn sich die Situation nach der Notfallsituation gebessert hat.

Desensibilisierung bringt guten Schutz
Die Diagnose einer Allergie auf Hautflügler-Gift kann durch gezielte Untersuchungen geklärt werden. Patienten mit schweren Allgemeinreaktionen und einem hohen Allergie-Risiko werden nach der Abklärung mit einer spezifischen Immuntherapie (SIT), der sogenannten Desensibilisierung, behandelt. Die Immuntherapie hat das Ziel, dass ein Betroffener nach einem erneuten Bienen- oder Wespenstich nicht mehr allergisch reagiert. Vor allem wird das Risiko einer erneut schweren Reaktion stark vermindert. Die Behandlung besteht aus Injektionen mit Bienen- oder Wespengift. Diese werden unter die Haut am Oberarm verabreicht. Die Giftdosis wird sukzessive bis zum Erreichen der Erhaltungsdosis, welche 2 Bienen- und mehreren Wespenstichen entspricht, gesteigert. «Die Erhaltungsdosis wird über einen Zeitraum von 5 Jahren verabreicht, bei hohem Rückfallrisiko aber auch länger», so Helbling weiter. Fast alle, die mit Wespengift behandelt werden, sind ab Erreichen der Erhaltungsdosis immun gegen Wespenstiche. Bei den Bienengiftallergikern ist der Erfolg geringer. Aber auch diejenigen, die noch reagieren, zeigen mildere Reaktion als zuvor. Wichtig ist zu wissen, dass es bei Insektengiftallergien eine wirksame Therapie gibt.