Selbstmedikation: Vorsicht!

Schmerzmittel finden sich in jeder Haus­apotheke. Sie helfen zuverlässig bei Kopf­weh, ­Fieber und anderen Symp­tomen. Unbedenklich ist ­deren Einnahme aber nicht.

Rückenschmerzen nach der Gartenarbeit, Kopfweh bei instabiler Wetterlage: Dann greifen viele Menschen zu einem Schmerzmittel (Analgetika). Re­zept­frei erhältlich sind neben Paracetamol sogenannte nicht­steroidale Entzündungshemmer (NSAR) wie Ibuprofen, Diclofenac und Acetylsalicylsäure (ASS). «Zumindest eines dieser Medi­kamente liegt wohl in fast jedem Haushalt im Medizinschrank», sagt PD Dr. med. Konrad Streitberger, leitender Arzt Anästhesiologie und Schmerztherapie am Inselspital Bern. Ob jemand bei Schmerzen jedoch Ibuprofen einnimmt oder eher zu Paracetamol greift, entscheiden oft persönliche Vor­lieben. Dabei sind die darin ent­haltenen Substanzen keineswegs identisch, jedes Präparat hat einen anderen chemischen Aufbau.

Wirkung ist unterschiedlich

Nichtsteroidale Entzündungshemmer (NSAR) wirken entzündungshemmend, fiebersenkend und schmerzlindernd über die Hemmung eines sogenannten COX-­Enzyms, welches die körper­eigenen Entzündungsprozesse aktiviert. Paracetamol hat ebenfalls schmerzlindernde und fiebersenkende Eigenschaften, wirkt aber im zentralen Nervensystem.

Brausetabletten wirken schneller

Wie schnell ein Schmerzmittel hilft, ist von verschiedenen Faktoren wie beispielsweise Körper­grösse und -gewicht abhängig. Aber auch die Einnahme auf nüchternen oder vollen Magen kann den Wirkungseintritt beeinflussen. «In der Regel tritt eine schmerz­lindernde Wirkung nach zirka 30 Minuten auf», sagt Streitberger. Brausetabletten wirken etwas schneller, ein voller Magen bremst den Wirkeintritt, kann aber für eine bessere Verträglichkeit sorgen.

ASS – der «Kopfweh-Klassiker»

Die Acetylsalicylsäure (ASS) ist der Klassiker unter den rezeptfrei erhältlichen Schmerzmitteln und vor allem gegen Kopfschmerzen sehr beliebt. Zu Recht, wie Konrad Streitberger sagt: «Kurzfristig wirkt es recht gut vom Katerkopfschmerz bis zur Migräne.» Bei häufiger Einnahme in der schmerzlindernden Dosis birgt es aber auch ein hohes Risiko für Magenblutungen. Es hat – aufgrund seiner blutgerinnungshemmenden Eigenschaften – zudem einen weiteren bedeutenden Nutzen. ASS wird bei bestimmten Herz-Kreislauf-Erkrankungen in niedriger Dosierung eingesetzt, um dem Fortschreiten der Gefässerkrankung vorzubeugen.

Geringeres Blutungsrisiko mit Ibuprofen

Auch Ibuprofen erfreut sich grosser Beliebtheit. Ein Grund dafür ist das im Vergleich zu ASS-Präparaten geringere Blutungsrisiko, ausserdem ist es eines der gemäss Leitlinien empfohlenen Schmerzmittel bei akuten Rückenschmerzen. Wer unter Gelenks- oder rheumatischen Beschwerden leidet, nimmt oft auch Diclofenac ein, welches dem Ibuprofen vom Aufbau her sehr ähnlich ist, aber eine etwas stärkere antientzündliche Wirkung hat.

Paracetamol bei Fieber

Im Gegensatz zu den NSAR be-sitzt Paracetamol praktisch keinen entzündungshemmenden Effekt. «Deshalb eignet es sich vor allem als Basis-Schmerzmittel bei Zahn- oder Kopfschmerzen», sagt der Arzt. Wegen seiner fiebersenkenden Wirkung lässt es sich zudem zur Linderung der Beschwerden bei grippalen Infekten verwenden. Bei der Dosierung ist aber Vorsicht geboten: Wer über eine längere Zeit eine zu hohe Dosis einnimmt, riskiert die Schädigung der Leber.

Dosishöchstgrenze einhalten

Das höchste «Nebenwirkungs-­Risiko» hat jedoch laut Konrad Streitberger Diclofenac. So wurde in Studien belegt, dass mit der Dauer der Einnahme sowie einer höheren Dosierung das Risiko für Schlag­anfälle und Herzinfarkte steigt. Bei längerer Einnahme von NSAR kann es zudem zu Magenblutungen kommen. Deshalb sollten die Dosishöchstgrenzen unbedingt eingehalten werden.

Keine Selbstmedikation

«Ich rate prinzipiell von einer Selbstmedikation ab», sagt Konrad Streitberger. So gelte es, auch das Schmerzmittel für die Notfall-­Apotheke zu Hause mit einem Arzt abzusprechen, «vor allem wenn Vorerkrankungen bestehen oder andere Medikamente eingenommen werden müssen». Bei der Einnahme mehrerer Medikamente kann es zu gegenseitiger Wirkungsverstärkung oder -abschwächung kommen.