Schockdiagnose Krebs

Krebs zählt nach wie vor zu den Erkrankungen, die am meisten gefürchtet werden. Was tun, wenn man selbst plötzlich betroffen ist? Was hilft, besser damit umzugehen?

Auch wenn die Therapien heute gezielter sind und die Überlebenschancen deutlich zugenommen haben, ist die Diagnose Krebs nach wie vor eine Hiobsbotschaft, die man niemandem wünscht. Laut der Krebsliga Schweiz erkranken in der Schweiz jährlich 42 500 Menschen neu an Krebs – 19 500 Frauen und 23 000 Männer. Häufigste Krebsarten bei den Frauen sind Brustkrebs (31,7% der Fälle), Dickdarmkrebs (10,1%) und Lungenkrebs (9,3%). Bei Männern sind es Prostatakrebs (27,5%), Lungenkrebs (11,9%) und Dickdarmkrebs (10,9%). Für die Menschen, die es trifft, bricht meist eine Welt zusammen – nichts ist mehr wie vorher. Dennoch darf und soll das Leben weitergehen, denn die Heilungschancen bei Krebs steigen seit Jahren – nicht zuletzt dank verbesserter Früherkennung und intensiver Forschung. Die GlücksPost hat bei Lilian Rey, Fachberaterin Krebstelefon von der Krebs­liga Schweiz nachgefragt, was hilft, mit der neuen, herausfordernden Situation umzugehen.

GlücksPost: Der Schock bei der ­Diagnose Krebs sitzt bei den meisten Betroffenen tief. Sie fühlen sich hilflos. Was hilft als Erstes, damit umzugehen?

Lilian Rey: Die Bedürfnisse von Menschen sind unterschiedlich. Manchen hilft es, sich erst einmal etwas Gutes zu tun und etwas Distanz zu schaffen, damit die Nachricht sich setzen kann. Viele finden Erleichterung im Gespräch mit einer vertrauten Person. Oft gelingt es Betroffenen, sich auf ihre Stärken zu besinnen und auf ihre bewährten Problemlösungsstrategien zurückzugreifen.

Wem sollte man von der Diagnose ­erzählen, wem besser nicht?

Ein offener Austausch mit Familienmitgliedern und anderen Nahestehenden erleichtert oft allen den Umgang mit der Krankheit. Ausserhalb des engsten Kreises kann Ehrlichkeit zwar Toleranz und Verständnis fördern, aber auch Nachteile bringen. Es lohnt sich, vor wichtigen Gesprächen, zum Beispiel mit dem Arbeitgeber, alle Punkte zu überdenken und sich gut vorzubereiten: medizinische und arbeitsrechtliche Fragen klären, eigene Gedanken und Empfin­dungen mit einer nahestehenden Person austauschen.

Bevor die Behandlung überhaupt ­beginnt, werden zahlreiche Tests durchgeführt, was verunsichern kann. Wozu dienen diese Tests?

Krebs ist nicht gleich Krebs. So gibt es beispielsweise von Brustkrebs viele verschiedene Untertypen, die unterschiedliche Behandlungen erfordern. Die Tests sind nötig, um mehr über den Tumor zu erfahren, zum Beispiel, ob er auf Hormone oder Antikörper empfindlich ist. Nur so können die Ärztinnen und Ärzte schliesslich das individuell bestmögliche therapeutische Vorgehen empfehlen.

Wer gibt eine ehrliche Antwort, wie es um die persönlichen Hei­lungschancen steht?

Ärztinnen und Ärzte sind dazu verpflichtet, umfassend und wahrheitsgetreu über die Krankheit, die Behandlungsmöglichkeiten und das realistische Therapieziel zu informieren. Niemand kann zum Voraus sagen, wie eine Krankheit verläuft.

Krebskranke setzen gerne auch auf komplementärmedizinische Therapien, um ihre Gesundung zu fördern. Was tun, wenn der eigene Arzt wenig davon hält? Wo gibt es kompetente Auskunft darüber, was im persönlichen Fall hilft?

Die Zusammenarbeit von Komplementär- und Schulmedizin ist heute breit akzeptiert. Kompetente Beratung bieten verschiedene an­erkannte Zentren für integrative Medizin. Auch pflanzliche Me­dikamente und Nahrungsergänzungsmittel können die Wirkung der Chemotherapie verändern und sollten deshalb nie ohne das ausdrückliche Einverständnis der Fachärztin / des Facharztes für ­Onkologie verwendet werden.

Was hilft, nicht immer an Krebs zu denken und den Alltag trotz allem noch zu geniessen?

Für die einen ist es der Alltag, der sie am besten ablenkt: Gewohn­heiten bieten ihnen Halt, Ruhe und Kraft. Andere suchen die Abwechslung. Hauptsache: aktiv bleiben. Bewegung, die an die aktuellen körperlichen Möglichkeiten angepasst ist, fördert auch den Schlaf.

Zu guter Letzt: Mitmenschen möchten mit Tipps helfen. Doch was nützt und was lässt man besser bleiben?

Verzichten Sie auf wohlgemeinte Ratschläge und Geschichten an­derer Menschen mit Krebs. Fragen Sie stattdessen ganz direkt: Ich möchte etwas für dich tun. Was kannst du brauchen? Womit kann ich dir eine Freude machen? Sie können auch konkrete Angebote unterbreiten, aber vor allem: Akzeptieren Sie die Antwort.

Krebstelefon

Krebs wirft viele ­Fragen auf. Der ­Beratungs- und ­Informationsdienst Krebstelefon der Krebsliga Schweiz ist für Sie da und unterstützt Sie bei einem persönlichen Gespräch am Telefon, per E-Mail, im Chat oder per Skype. Das Krebstelefon ver­mittelt auch gerne den Kontakt zu Ihrer ­regionalen Krebs­liga oder zu weiteren Unterstützungsangeboten oder Selbsthilfegruppen.

Tel. 0800 11 88 11 Montag bis Freitag, 9 bis 19 Uhr

Weitere Infos: www.krebsliga.ch