«Offenes Bein» muss ganzheitlich behandelt werden

Ein «offenes Bein» entsteht bei älteren Menschen durch Venenschwäche oder arterielle Durchblutungsstörungen und ist schwer zu behandeln. Daher muss das Grundleiden miteinbezogen werden.

Etwa drei Prozent der über 80-jährigen Menschen in der Schweiz leiden an einem «offenen Bein», wie das Ulcus cruris im Volksmund oft bezeichnet wird. Dabei handelt es sich um ein schlecht heilendes Hautgeschwür am Unterschenkel. Als Folge entsteht eine offene, meist tiefe Wunde in der Haut, die bis in die Muskulatur reichen kann. «Ein offenes Bein ist in den meisten Fällen auf eine Zirkulationsstörung zurückzuführen», sagt -Simon Bossart, verantwortlicher Arzt der phlebologischen Sprechstunde an der Dermatologischen Klinik des Inselspitals Bern. In den meisten Fällen entsteht die Wunde durch eine chronisch-venöse Insuffizienz  Zirkulationsstörung der Gefässe infolge einer Venenklappenschwäche), durch eine periphere arterielle Verschlusskrankheit (Gefässverengung oder Verschluss) oder durch ein Zusammenspiel beider Grundleiden. Aber auch zuckerkranke Menschen können infolge einer Erkrankung der vegetativen und sensiblen Nerven (Polyneuropathie) häufig an einem druckbedingten Ulcus cruris erkranken.

Seltener führen sogenannte Autoimmunerkrankungen wie eine Gefässentzündung, entzündliche Hauterkrankungen, Hauttumore (Plattenepithelkarzinome) oder Infektionen zu einem «offenen Bein».

Erhöhter Venendruck

Ein chronisch erhöhter venöser Druck kann primär durch eine angeborene Venenklappenschwäche oder sekundär durch eine Zerstörung/Beschädigung der Venenklappen infolge einer Beinvenenthrombose ausgelöst werden und führt zu einer erhöhten Durchlässigkeit der kleinen Gefässe mit Ausschwemmung von Wasser, grossen Proteinen und roten Blutkörperchen. Die Folge: Es kommt zu einer Aktivierung des Immunsystems, welche die typischen Hautzeichen erklärt wie beispielsweise Beinschwellungen (Beinödeme), Braunverfärbungen der Haut (Hyperpigmentierung), flächige Beinekzeme (Stauungsekzeme), weissliche Narbenherde (Atrophie blanche) oder Geschwüre, typischerweise in der Knöchelgegend.

Frühe Diagnose ist wichtig

«Eine frühe Diagnosestellung ist sehr wichtig und entscheidend für den weiteren Krankheitsverlauf», so Simon Bossart. Da Wunden an den Beinen generell durch die geringere Durchblutung sowie durch den erhöhten hydrostatischen Druck schlechter heilen, kann es bei ungünstigen Faktoren (beispielsweise gestörte Blutzirkulation bei Venen- oder Arterienerkrankungen) bis zu mehreren Wochen bzw. Monaten dauern, bis die offene Wunde wieder geschlossen ist. Wenn ein Ulcus cruris länger als sechs Wochen besteht, wird es als chronisches Ulcus bezeichnet.

Phasengerechte Wundtherapie

«Jede Wunde durchläuft verschiedene Phasen der Wundheilung», sagt Simon Bossart. Während jeder Phase sollte eine optimale Feuchtigkeitsbalance gewährleistet werden, «damit die Wunde weder zu feucht noch zu trocken ist». So braucht es bei einer nässenden oder entzündenden Wunde am Anfang sehr saugfähige Wundauflagen, die teils Spezialmaterialien enthalten, welche aufgrund ihrer Eigenschaften die Wundheilung speziell begünstigen.

Risikofaktoren ausschalten

«Wenn die ursächliche arterielle Durchblutungsstörung oder vorhandene Krampfadern nicht behandelt worden sind, kann es zu neuen Wunden an der gleichen oder auch an anderen Stellen kommen.» Es braucht daher immer ein ganzheitliches Therapiekonzept, das sowohl die Wundbehandlung als auch die Therapie der auslösenden Krankheiten beinhaltet. Um die Grunderkrankungen positiv zu beeinflussen, ist ein Gespräch mit dem Patienten und dessen «Mitarbeit» unumgänglich. «So sollten Betroffene auch immer auf bestehende
Risikofaktoren wie Rauchen, Diabetes, Bluthochdruck, Übergewicht oder Bewegungsmangel aufmerksam gemacht werden.»

Training mindert Unfallgefahr

dliche Sturzunfälle im Haushalt und in der Freizeit haben in den vergangenen Jahren um über 40 Prozent zugenommen! Im Jahr 2007 starben 1211 Menschen an den Folgen eines Sturzes, 2016 waren es bereits 1715. Betroffen sind insbesondere Seniorinnen und Senioren. Laut BFU (Beratungsstelle für Unfallverhütung) spielen einerseits personen­bezogene Risikofaktoren (wie Gleichgewichtsprobleme, riskantes Verhalten, fehlende Kraft), andererseits umweltbezogene Faktoren
(z. B. Stolpergefahren, fehlender Handlauf, rutschiger Boden) eine Rolle beim Umfallen. Stürzen gehört aber nicht unausweichlich zum Älter-Werden. Ein regelmässiges Kraft- und Gleichgewichtstraining ab spätestens 60 Jahren mindert das Sturz­risiko nachweislich. Empfohlen werden drei Trainingsein­heiten pro Woche zu je mindestens 30 Minuten, im Kurs oder zu Hause mit gezielten Gleichgewichts- und Kraftübungen: www.sichergehen.ch