Mundspülung mit Öl

Ölziehen ist ein altes ayurvedisches Gesundheitsritual und gilt als natürliche Methode zur Reinigung des Mundraumes. Es kann gegen Zahnfleischbluten, Mundgeruch, ­Zahnbelag und Zahnverfärbungen helfen.

Wir alle kennen es: Der erste Morgenkuss vom Liebsten oder von der Liebsten schmeckt häufig muffig. Auch wenn am Abend zuvor die Zähne geputzt wurden. Grund dafür ist die nächtliche Entgiftung unseres Körpers: Während wir schlafen, bemüht sich unser Organismus, angesammelte «Giftstoffe» zu neutralisieren und loszuwerden – auch über den Mundraum. Die Mundschleimhaut hat nicht nur die Aufgabe, unsere Nahrung einzuschleimen, um die Verdauung zu erleichtern. Sie spielt auch eine wichtige Rolle beim Entgiften: Gemäss der Naturheilkunde gelangen über ihre Drüsen auch Schadstoffe aus Blut und Lymphe in den Mundraum, um «entsorgt» zu werden. So entsteht der morgendliche Mundgeruch, der zuweilen sehr penetrant sein kann, je nachdem, wie gut oder schlecht die Verdauung in Magen und Darm funktioniert.

Ölziehen – so geht es

Um den Mundraum nachhaltig zu reinigen, setzt die jahrtausendealte Ayurveda-Medizin morgens auf das sogenannte Ölziehen, auch Ölschlürfen genannt. Es sollte die erste morgendliche Handlung sein – bevor man Wasser, Kaffee oder Saft trinkt. Dabei nimmt man 1  Teelöffel bis 1  Esslöffel kaltgepresstes Bio-Öl (Sesam-, Sonnenblumen- oder Kokosöl) in den Mund und zieht es ständig zwischen den Zähnen hin und her. Ziel ist, dass das Öl auch in Zahnfleischtaschen und in die hintersten Winkel des Mundraums gelangt, um allfällige Schadstoffe und Bakterien zu entfernen. Das Öl sollte im Mund ständig bewegt werden – idealerweise 20 Minuten lang. Dabei emulgiert das Öl, es entsteht ein Öl-Wasser-Gemisch, das fett- wie auch wasserlösliche Abfallstoffe bindet. Spuckt man das Öl aus, sollte es milchig weiss sein. Ist es noch grüngelb, war das Schlürfen zu kurz. Nach dem Ausspucken wird der Mundraum gründlich mit warmem Wasser gespült.

Lohnt sich der Aufwand?

In der indischen und russischen Volksheilkunde dient Ölziehen nicht nur der Reinigung, sondern gilt auch als ganzheitliche Methode, um Krankheiten wie Allergien, Arthrose, chronische Müdigkeit, Migräne oder gar Schuppenflechte zu heilen. Erste Ergebnisse sind frühestens nach einer Woche zu erwarten. Als ideal gelten Kuren von vier bis sechs Wochen. Bei chronischen Krankheiten kann es bis zu einem Jahr dauern.

Deshalb stellt sich die Frage: Lohnt es sich, jeden Morgen mit einem solch aufwendigen Ritual in den Tag zu starten? Fördert es tatsächlich die Gesundheit? An dieser Frage scheiden sich die Geister: Vor über 25 Jahren soll der ukrainische Arzt Dr. Fedor Karach das wirksame und kostengünstige Heilverfahren an einem Onkologen- und Bakteriologen-Kongress vorgestellt und im Westen bekanntgemacht haben. Die Gesundheitsmassnahme hatte ihm offenbar geholfen, sich von einer chronischen Blutkrankheit und Arthritis zu befreien. Da der Vortrag dieses Arztes wissenschaftlich nicht dokumentiert ist, wird er in Medizinkreisen hinterfragt und nicht ernst genommen.

Fest steht: Es gibt bisher nur wenige seriöse Untersuchungen, die sich mit dem seit Jahrhunderten praktizierten Ölziehen befassen. Meist handelt es sich um kleinere Studien aus dem asiatischen Raum, die aufzeigen, dass diese Naturheilmethode antibakteriell wirkt und sich Plaque (Zahnbelag) oder Gingivitis (Zahnfleischentzündung) damit mindern lassen. Bisher sind lediglich in Indien, Ursprungsland des Verfahrens, Studien dazu durchgeführt und beispielsweise im Journal of Indian Society of Pedodontics and Preventive Dentistry veröffentlicht worden.

Die Tatsache, dass es noch keine grossen Studien gibt, bedeutet aber keineswegs, dass Ölschlürfen  nicht gesundheitsfördernd sein kann. Im Gegenteil: Wer es selbst ausprobiert, wird erstaunt sein, wie erfrischend die Ölreinigung bereits nach drei Tagen wirkt.