
Mikroorganismen: Angriff aus dem Wasser
Ein Bad im See oder im Fluss: wunderbar! Winzige Mikroorganismen können dieses Sommervergnügen allerdings etwas trüben. Mit Vorsichtsmassnahmen können sich Wasserratten aber davor schützen.
Ab ins kühlende Nass, heisst die Devise an heissen Tagen. Nichts ist herrlicher, als sich ein paar erfrischende Schwimmzüge durchs Wasser zu gönnen. Wer gerne in freien Gewässern statt in kontrollierten Swimmingpools krault und plantscht, sollte aber bedenken: Das Wasser ist das natürliche Zuhause zahlreicher Tiere und Mikroorganismen. Für den Menschen geht meistens keine Gefahr von ihnen aus, dennoch kommt es hin und wieder zu Krankheiten und Unfällen.
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) unterscheidet zwischen zwei Risiken: einerseits Infektionen durch im Wasser lebende Mikroorganismen. Andererseits Verletzungen oder Vergiftungen, etwa durch versehentliches Streifen eines Gift-Organismus wie Seeanemonen, Feuerkorallen oder Feuerschwämme, durch gefährliche Quallen, Haie, Piranhas, Krokodile oder grosse Raubfische und durch Stachelrochen, Seesterne oder Seeigel, wenn man barfuss darauftritt.
Unsichtbare Plagegeister
Die Mikroorganismen, die sich in Freizeitgewässern tummeln, können harmlos oder krankheitserregend sein. Entweder sind sie im Wasser heimisch oder sie stammen von Abwässern, Ausscheidungen von Badenden, Haus- und Wildtieren, Industrieprozessen oder von der Landwirtschaft. Die Infektionen, die sie
auslösen, sind meist mild und
betreffen den Magen-Darm-Trakt (durch Verschlucken von Wasser) oder die oberen Atemwege, Ohren, Augen, Nasenhöhle und die Haut.
Beim Schwimmen in Schweizer Seen, Teichen und Flüssen wird man selten ernsthaft krank. Die vermutlich grösste Gefahr, die von hiesigen Naturgewässern ausgeht, sind die sogenannten Entenflöhe, die eine Badedermatitis auslösen und den Badespass komplett vermiesen können. Bei den Erregern handelt es sich allerdings nicht wirklich um Flöhe, sondern um 0,5 bis 1 mm kleine Saugwürmer, auch Zerkarien genannt.
Ihr Vorkommen hat nichts mit der Sauberkeit des Wassers zu tun, sie kommen überall auf der Welt vor, wo Wasservögel leben, vorwiegend in Süsswasserseen. Die Parasiten nisten in der Darmwand von Enten, Schwänen, Gänsen oder Möwen. Ihre Eier scheiden sie über den Kot ins Wasser aus. Aus den Eiern schlüpfen Larven, die Wasser- und Schlammschnecken befallen. Hier vermehren und entwickeln sie sich zu Zerkarien weiter. Bei Wassertemperaturen über 23 Grad lösen sie sich von den Schnecken und schwimmen im Wasser herum, auf der Suche nach einem Opfer – einer Ente oder einem anderen Wasservogel. Da sie nicht zwischen Ente und Mensch unterscheiden können, bohren sie sich fälschlicherweise auch in Menschenhaut ein.
Weil der Mensch nicht ihr natürlicher Endwirt ist, sterben die Zerkarien zwar umgehend ab. Da wo sie eingedrungen sind, hinterlassen sie aber eine Spur der Verwüstung in Form von rötlichen Punkten und heftigem Juckreiz, der nach wenigen Stunden einsetzt und nach 24 bis 48 Stunden am stärksten ist. Die Entzündung ist ungefährlich und heilt innert 10 bis 20 Tagen ab, ohne spezielle Behandlung.
Tropische Form ist viel gefährlicher
Weniger harmlos sieht es mit einer anderen Form von Saugwürmern aus, den sogenannten Schistosomen, die in tropischen Ländern verbreitet sind. Die Krankheit verläuft ähnlich wie die Badedermatitis. Doch bei der Bilharziose, wie die Krankheit heisst, sterben die Erreger nicht ab, sondern wandern via Blut in die Leber und andere Organe. Hier reifen sie zu erwachsenen Würmern heran, die bis zu 15 Jahre leben und täglich Hunderte von Eiern produzieren können. Therapiert wird die Bilharziose mit dem Arzneiwirkstoff Praziquantel. Er zerstört die Würmer, damit das menschliche Immunsystem sie beseitigen kann.
So schützen Sie sich
Ob Entenflöhe oder Schistosomen: Bekämpfen kann man die Saugwürmer nicht. Man kann lediglich den Stichen vorbeugen.
- Die einzige sichere Massnahme in tropischen Gefilden ist der Verzicht aufs Baden in Risiko-Gewässern, sprich: in natürlichen und künstlichen Seen, langsam fliessenden Flüssen sowie in landwirtschaftlichen Be- und Entwässerungskanälen.
- In hiesigen Gewässern muss man nicht aufs Baden verzichten, die Seen sind lediglich bei hohen Wassertemperaturen kontaminiert. Da die meisten Entenflöhe in seichtem Wasser herumtreiben, gilt es, flache und wasserpflanzenreiche Uferzonen zu meiden. Ist ein Steg vorhanden, steigt man direkt ins tiefere Wasser und bevorzugt kühlere bzw. strömende Gewässer zum Schwimmen.
- Nach dem Bad duscht man ausgiebig und rubbelt die Haut mit einem Frottiertuch trocken, damit allfällige Entenflöhe nicht an der Haut haften bleiben. Idealerweise wechselt man die Badebekleidung.
- In der Schweiz gibt es – anders als in Deutschland – bisher keine Hautcremen, die vor Zerkarien- Stichen schützen. Empfehlenswert ist das Eincremen mit einem wasserfesten Sonnenschutzmittel.
- In Badebereichen sollte man keine Enten und Wasservögel füttern, weil sie so angelockt werden. Je mehr Enten, desto mehr Kot, desto mehr Saugwürmer.
Ist man trotzdem gestochen worden: Befallene Stellen desinfizieren und möglichst wenig kratzen, auch wenn es juckt. Sonst drohen Sekundärinfektionen mit Bakterien und anderen Keimen. Gegen den Juckreiz helfen kalte Auflagen, Kältesprays, juckreizlindernde Salben sowie Antihistaminika in Tablettenform.