Die unterschätzte Drüse

Die Thymusdrüse fristet ein Schattendasein und ist kaum bekannt. Dabei spielt sie eine zentrale Rolle, wenn es darum geht, Krankheiten abzuwehren. Klopfen Sie sie doch mal aus dem Busch!

Im Altertum galt der Thymus als Sitz der Seele. Das griechische Wort «thymos» bedeutet so viel wie Lebenskraft oder Mut. Die Medizin konnte die Bedeutung der mysteriösen Drüse, die sich rund sieben Zentimeter unterhalb der Hals­grube, in der Mitte der Brust be­findet, lange nicht entschlüsseln. Erst Mitte der 1950er-­Jahre machten australische Forscher eine wegweisende Entdeckung: Nachdem sie neugeborenen Mäusen die Thymusdrüse herausoperiert hatten, schwanden deren Abwehrkräfte.

Schule für Immunzellen

Heute weiss man: Die Thymusdrüse, die aus zwei weichen, rosaroten Lappen besteht, ist die Schaltzentrale, das «Gehirn» unseres Immunsystems. Ihre Auf­gabe ist es, sogenannte T-Zellen zu entwickeln: Unreife Zellen, die im Knochenmark gebildet werden, wandern über Blutgefässe in den Thymus ein. Hier «lernen» sie, zwischen körpereigenen Zellen und fremden Erregern zu unterscheiden. Das ist wichtig, damit sie später Bakterien, Viren, Pilze oder Krebszellen erkennen und vernichten können, ohne das körpereigene Zellgewebe anzugreifen. Der Thymus ist für die Abwehrzellen also eine Art Schule, in der sie zu «Körper­polizisten» ausgebildet werden.

Zudem gibt der Thymus Hormone ab, die die Reifung der Immunzellen in den Lymphknoten steuern.

Rückbildung bei Erwachsenen

Die Thymusdrüse ist bis zur Pubertät besonders gross und aktiv, um das Immunsystem aufzubauen. Bei Neugeborenen wiegt das Organ etwa zwölf Gramm, bei Jugendlichen rund 40 Gramm. Danach beginnt es zu schrumpfen und wird nach und nach durch funktionsloses Fettgewebe ersetzt. Eine 50-jährige Person verfügt nur noch über 20 Prozent der Drüsenmenge im Vergleich zur Pubertät. Bis zum 70. Lebensjahr hat die Thymusdrüse ihre Arbeit fast völlig eingestellt.

Nachlassende Abwehrkraft

Diese schleichende Rückbildung ist gemäss Naturheilkunde einer der Gründe, dass unsere Immunabwehr an Kraft verliert, je älter wir werden. In diesem Fall sind Massnahmen nötig, um die Aktivität der Thymusdrüse zu optimieren und das Immunsystem zu stabilisieren. Die orthomoleku­lare Medizin rät dazu, täglich anti­oxidative Nährstoffe wie Beta-­Carotin, Vitamin B6, Vitamin C, Vitamin E, Zink und Selen ein­zunehmen.

Eine weitere Möglichkeit bietet eine Therapie mit Thymus-Extrakten. Deren synthetische und natürliche Herstellung wird seit 1965 medizinisch erforscht. Eines der erfolgreichsten Verfahren ist die Gewinnung sogenannter «Peptide» aus den Thymusdrüsen junger Kälber und Schweine. Die gefriergetrocknete Substanz wird während mehrerer Wochen regelmässig injiziert, um das Immunsystem langfristig zu stärken. Thymus-Präparate gelten als gut verträglich. Über deren therapeutische Anwendung liegen weltweit über 1500 Studien und Erfahrungsberichte vor.

Wem das nicht behagt, der versucht es mit dem Klopfen der Thymusdrüse.