Die Fingerformel für Ihr Wohl

Um ein riesiges Schiff zu steuern, braucht es lediglich ein vergleichsweise winziges Ruder, sagt Bestsellerautor Werner Tiki Küstenmacher. Oder sogar nur einen Finger? Der ehrenamtliche Pfarrer stellt sein «Ruder» für ein entspanntes Leben vor.

 

Die Hände haben wir immer dabei. Deshalb ist die Fünf-Finger-Formel, die Werner Tiki Küstenmacher entwickelt hat und in seinem neusten Buch vorstellt, der ideale Spickzettel für ein glückliches Leben: Jeder Finger steht für einen Themenbereich und ein passendes Ritual.

GlücksPost: Für wen ist die Fingerformel?
Werner Tiki Küstenmacher: Die Übungen und Rituale habe ich für mich als meine persönliche Vorbeugung gegen Burnout entwickelt, in Zusammenarbeit mit Psychologen und Ärzten. Auch wenn man sich nicht akut bedroht fühlt, sondern einfach manchmal seufzt: «Ach, ist das Leben kompliziert!», kann die Fingerformel schnell helfen.

Wie sind Sie darauf gekommen?
Ein Arzt stellte mir während einer Kur die bemerkenswerte Diagnose «Prä-Burnout». Also: Wenn ich so weitermache wie bisher, werde ich in einer Depression enden. Da haben wir gemeinsam Übungen entwickelt, wie ich das vermeiden kann. Das ist drei Jahre her. So lange haben die Übungen für mich funktioniert, und sie sind wirklich so einfach, dass man sie locker in den normalen Alltag einbauen kann.

Wo helfen sie, wo nicht?
Da muss ich jetzt wie in einer Packungsbeilage sagen: Bei allen schweren Erkrankungen oder depressiven Zuständen sollten Sie zum Arzt gehen. Aber als Schwerpunkt sehe ich die Vorbeugung.

Wie genau funktioniert sie?
Ganz grob vereinfacht:
1. Wagen Sie – dafür steht der kleine Finger – eine kleine Flucht. Wechseln Sie ganz konkret den Ort, wenn Sie sich überlastet oder unter Druck fühlen. Unter freiem Himmel, in der Natur, kann man die Sorgen, die einen gerade noch aufzufressen drohten, meistens ganz anders sehen.
2. Ringfinger: Befreien Sie sich von etwas. Wieder ganz konkret: Räumen Sie Ihren Schreibtisch auf, eine Schublade oder Ihre Handtasche. Entrümpeln befreit Sie auch seelisch.
3. Mittelfinger: Finden Sie Ihre Mitte. Wieder konkret: drei Atemzüge, Augen schliessen, zu sich sagen: «Ich bin da», «Ich nehme mich nicht zu wichtig».
4. Mit dem Zeigefinger erinnern Sie sich daran, ein Ziel zu finden. Nicht unbedingt das grosse Lebensziel, sondern viel einfacher: Was tue ich als nächsten Schritt? Bis wann will ich das erledigt haben? Mit den beschriebenen Anleitungen wird es gelingen, etwas Wichtiges, Wesentliches zu tun, und den Kleinkram erst mal zu verschieben.
5. Der Daumen schliesslich steht für: Okay! Ich tue es! Ich konzentriere mich auf das Positive, Gute, die Liebe.
Das war jetzt aber wirklich ganz auf die Schnelle. In der Verkürzung mag das banal oder befremdlich wirken. Aber: «Du hast es in der Hand!» enthält alle wesentlichen Zutaten für ein glückliches, gesundes Seelenleben.

Wie gross ist der Zeitaufwand?
Gering. Oft dürfte der Effekt sogar andersherum sein: Durch die Fünf-Finger-Methode spart man Zeit, die man sonst für überflüssige oder falsche Aktionen verschwendet hätte. Die Minuten, sich anhand der Finger ein paar Gedanken zu machen, kommen jedenfalls schnell wieder herein.

Wieso beginnt man mit dem kleinen Finger?
Da haben wir beim Erfinden auch gestaunt, dass der kleine Finger der viel stimmigere Anfang ist. Aber so ist es am natürlichsten. Schliesslich hat jeder von uns klein angefangen.

Wirkt die Fingerformel sofort?
Bei mir wirkt sie bereits im Moment, in dem ich an den kleinen Finger denke. Mit kleinen Schritten übe ich die Bewegung. Wenn ich Anlauf nehme, endlich meine Schublade oder meinen Schreibtisch aufzuräumen, oder wenn ich pünktlicher zu meinen Terminen komme, trainiere ich meine Entscheidungsmuskeln. Ich merke, ich muss nur anfangen. Dann gelingt es mir auch, grössere Veränderungen anzupacken. Auch die grossen Entscheidungen bestehen eigentlich aus lauter kleinen Schritten.