Die Effizienz der Gedanken
Wo ein Wille ist, ist auch ein Sieg – Mentaltraining ist im Profisport mittlerweile gang und gäbe. Aber was genau ist darunter zu verstehen?
Schneller, höher, weiter» lautet das olympische Motto und damit das Ziel aller Sportlerinnen und Sportler. Häufig lässt es sich nicht allein mit physischem Training erreichen – das Psychische wird immer wichtiger, weiss Sportwissenschaftlerin Monika Kurath.
GlücksPost: Wie lange kennt man Mentaltraining schon bei uns?
Monika Kurath: In meiner Erinnerung wurde es in den 1990ern ein Thema, als es aus den USA zu uns gelangte. Mit den Jahren wurde die Akzeptanz von Mentaltraining in der Sportwelt zwar grösser, und heute herrscht die übereinstimmende Einsicht, dass man auch mentale Prozesse trainieren kann. Aber auch wenn Athleten sehen, dass sie im psychischen Bereich noch Luft nach oben haben, wissen viele nicht, was sie genau tun sollen.
Was sind die gängigsten Methoden?
Es gibt zahlreiche unterschiedliche Herangehensweisen. Allgemein bekannt ist Grundsätzliches wie Atemtechnik, die Steuerung von Selbstgesprächen oder Visualisierung. Bei Letzterer hält man sich zum Beispiel vergangene Erfolge vor Augen, eine bestimmte Technik oder den Ablauf eines Wettkampftags. Sind diese Grundtechniken, das Abc, mal bekannt, geht es darum, die einzelnen Wörter so zu schreiben, dass sie für die individuellen Schwierigkeiten passen.
Und wie viele Athletinnen und Athleten arbeiten damit?
Viele, aber das ist schwer bezifferbar, weil sie es nicht an die grosse Glocke hängen. Und es gibt Einzelne, die auch ohne die Unterstützung von Mentaltrainern ausserordentlich gute Leistungen erbringen, da sie dort ein natürliches Talent mitgekriegt haben.
Ab welcher Stufe beginnt man?
Das ist unabhängig vom sportlichen Niveau. Wenn sich jemand zum Beispiel nicht überwinden kann, regelmässig Sport zu treiben, oder merkt, dass noch Potenzial im mentalen Bereich vorhanden wäre, es aber nicht selber erschliessen kann, ist das auch eine mentale Angelegenheit, in der man ihm oder ihr helfen kann.
Sie kommen also nicht nur bei Problemfällen zum Einsatz?
Idealerweise würde man anfangen, bevor sich Schwierigkeiten manifestieren, aber effektiv ist es so, dass die meisten oft erst kommen, wenn der Schuh drückt. Dann setzt man dort an und hofft, dass noch etwas Zeit vorhanden ist, und es nicht schon nächste Woche klappen muss (lacht).
In welchem Alter fängt man vorzugsweise mit Mentaltraining an?
Da gibt es fast keine Grenze, ich habe auch schon mit Kindern gearbeitet. Natürlich muss man es dort anders angehen, sprachlich und auch methodisch, damit sie der Sache folgen können. Kinder sind aber absolut offen, und wenn man sie altersgerecht coacht, kann man sehr gute Grundlagen schaffen, damit sich gewisse Verhaltensmuster gar nicht erst einschleifen.
Und wie oft kommt man zu Ihnen?
Einige Athleten sehe ich jede Woche, andere einmal im Monat – je nachdem, wie dringlich sie den Bedarf gerade erachten und ob es zeitlich möglich ist.
Wann zeigen sich erste Erfolge?
Manchmal gibt mir jemand nach dem ersten Mal die Rückmeldung, das Training bringe schon sehr viel. Ich helfe, Wege zu finden, zeige unbekannte Instrumente, Techniken und Methoden. Das Tempo hängt vom Thema und von der Person ab oder davon, wie sie es schafft, dieses umzusetzen und daran zu arbeiten. In seltenen Fällen macht es sofort klick, meist muss man aber recht lange nachhaken, bis es einigermassen stabil klappt. Noch länger dauert es, wenn Wettkampfbedingungen herrschen.
Ist da ein Mentaltrainer vor Ort?
Eigentlich müsste die Arbeit vorher gemacht sein, aber es gibt Situationen, wo dies sinnvoll sein kann. Wenn man sich etwa mal aus der Nähe ansehen will, wovon der Athlet spricht, wenn er sagt, es werde jeweils in Wettkämpfen schwierig.
Welche Ausbildung haben Mentaltrainerinnen und -trainer?
Der Titel «Sportpsychologin» ist geschützt, «Mentaltrainer» hingegen nicht, jeder kann sich so nennen. Entsprechend schwierig ist es für Trainerinnen, Eltern, Hobbysportler oder Nachwuchsathletinnen, jemanden zu finden, der keinen Hokuspokus macht.