Dicker Bauch als Krankmacher

Über Ästhetik kann man immer streiten. Was aber an übermässig viel Bauchfett problematisch ist, sind die gesundheitlichen Risiken. Bewegung und gute Ernährung sind die wirksamsten Mittel dagegen.

Sportlich sehen sie nicht gerade aus, die dicken Bäuche. Zu allem Überfluss können sie auch noch gefährlich werden. Denn Bauchfett produziert, im Gegensatz zu den Polstern an anderen Körperstellen, Stoffe, die dem Körper nachweisbare Nachteile bringen. So ist etwa das viel zitierte «Hüftgold» sowie Fetteinlagerungen an den Extremitäten wie Beinen und Armen bis zu einem gewissen Mass ungefährlich. Das Bauchfett, auch Viszeralfett genannt, kann jedoch selbst bei einem ansonsten schlanken Körperbau zum Gesundheitsrisiko werden. Denn es setzt auch bei Schlanken eindeutig mehr Entzündungsfaktoren frei, die zu Folgeerkrankungen führen können. Dr. Arno Schmidt-Trucksäss ist Leiter des Bereichs Sport- und Bewegungsmedizin an der Universität Basel und erklärt im Interview, welche Folgen übermässiges Bauchfett haben kann und wie man es am nachhaltigsten loswird.

GlücksPost: Oft hört man, dass Bauchfett, vor allem bei Männern verbreitet, ein besonderes Risiko für erhöhten Blutdruck, Herz-Kreislauf-Erkrankungen etc. darstellt. Warum?

Arno Schmidt-Trucksäss: Wir haben viel Erfahrung mit übergewichtigen Patientinnen und Patienten und sehen immer wieder ungünstige Zusammenhänge von Bauchfett und Ganzkörperfett mit Risikofaktoren wie zum Beispiel erhöhtem Blutdruck. Bauchfett befeuert auch die Entzündung im Körper, was zahlreiche Folgekrankheiten begünstigt, auch im Bereich Herz-Kreislauf. Oft erhöht sich bei diesen Menschen der Blutzuckerspiegel in einem ungesunden Mass.

Weitere negative Folgen von Bauchfett?

Man hat auch festgestellt, dass die Elastizität der grossen Arterien bei Personen mit schwerer Adipositas (Übergewicht) leicht eingeschränkt wird. Deutlich feststellbar sind die Einflüsse am Augenhintergrund, an der Netzhaut. Bei stark übergewichtigen Menschen mit Neigung zu Bluthochdruck und einer Störung des Zuckerstoffwechsels werden die Arteriolen enger, die Venolen etwas weiter. Es sollte aber umgekehrt sein.

Und wie biegt man das wieder hin?

Eine wichtige und zentrale Aussage ist, dass gesunde Ernährung und Sport die wichtigsten Massnahmen sind. In gewissen schweren Fällen macht auch die Einnahme von Medikamenten oder sogar eine Operation Sinn. Aber dies ist längst nicht bei allen Betroffenen sinnvoll. Der Weg über Bewegung und eine Ernährungsumstellung ist in den meisten Fällen als erste Massnahme angezeigt.

Und wie sieht der Weg über Medikamente aus?

Verschiedene Diabetes-Medikamente unterstützen die Fettreduktion. Dazu gehört etwa der Wirkstoff Liraglutide. Er dämpft den Appetit und schützt die Bauchspeicheldrüse. Auch Metformin ist wirksam, weil es zu einer besseren Aufnahme von Zucker in die Muskulatur führt und damit indirekten Einfluss auf die Fette nimmt. Es gibt noch mehr Medikamente, teilweise mit Nebenwirkungen auf die Psyche. Rimonabant zum Beispiel wurde wegen Begünstigung von Depression bis zum Selbstmord vom Markt genommen.

Das klingt auch etwas bedrohlich. Raten Sie tendenziell vom medikamentösen Weg ab?

Wie schon erwähnt, sind mehr Bewegung und eine bessere Ernährung in jedem Fall sicher erfolgversprechender und deshalb ratsamer, als sich gleich auf Medikamente zu stürzen oder eine Operation ins Visier zu nehmen. Nicht selten hängt Übergewicht auch mit falschen Gewohnheiten zusammen, die man sich auch abtrainieren kann. Idealerweise mit ärztlicher oder anderer fachlicher Unterstützung.