Der BMI sagt nicht alles!

Der Body-Mass-Index zeigt, wie ideal das Verhältnis von Grösse und Gewicht ist. Was er allerdings überhaupt nicht sagt: Ob im ­Körper gefährliche Fettpolster sitzen! Das könnte durchaus sein!

Einfach zu errechnen ist er nicht gerade, aber er galt lange als das Mass aller Dinge: Der Body-Mass-Index, kurz BMI, den der belgische Mathematiker Adolphe Quetelet 1832 erfunden hat. Körpergewicht in Kilo geteilt durch Körpergrösse in Metern im Quadrat – dann erhält man einen Wert, der aussagt, ob man vom Körpergewicht her gesund, übergewichtig oder untergewichtig ist.

Die Sache hat allerdings mehr als einen Haken. So kommen Sportler bei dieser Berechnung schlecht weg. Muskeln sind nämlich schwerer als Fett. Wer also einen hohen Muskelanteil hat, bringt mehr Gewicht auf die Waage als eine untrainierte halbe Portion mit Fettbauch – und steht punkto BMI schlechter da.

Und der noch grössere Haken: Fett kann sich auch verstecken. Das gefährlichste ist das sogenannte Viszeralfett, das sich um die inneren Organe anlagert und Hormone produziert, die Blutdruck, Blutfettwerte und Blutzucker erhöhen. Und damit auch das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes. Einen Hinweis darauf bekommen wir, wenn wir den Bauchumfang messen und in Relation zur Körpergrösse bringen. Auch da gibt es Richtwerte, die Waist-to-Height-Ratio (WHtR): Bauchumfang messen und durch die Körpergrösse in Zentimetern teilen. Kommt dabei ein Wert über 0,5 heraus, so wird’s ein bisschen kritisch – jedenfalls für jüngere Menschen. Bei über 50-Jährigen gilt auch eine WHtR von 0,6 noch als okay.

Massgebend ist der Fettanteil

Wer es noch etwas genauer wissen will, kann sich auch auf eine Körperfettwaage stellen. Sie misst den Fettanteil durch einen schwachen, nicht spürbaren Stromstoss, der durch den Körper geleitet wird. Durch Sensoren wird der Widerstand gemessen und so der Körperfettanteil errechnet. Oft messen solche Waagen allerdings nur den Fettanteil von der Hüfte abwärts, weil der Strom vom einen Bein über die Leiste zum andern Bein läuft. Genauer wird das Resultat bei Waagen mit Handgriffen, die zusätzliche Elektroden enthalten und so den Oberkörper miteinbeziehen. Sie funktionieren nach dem Prinzip der Bioimpedanzanalyse.

Diese Methode, bei der auch Wasserhaushalt und Muskelmasse gemessen werden, wird auch von professionellen Diagnostikern wie Sportmedizinern angewendet. «Die Messung wird im Liegen durchgeführt, unter immer gleichen Messbedingungen, damit Faktoren wie Schweiss oder Körpercreme das Resultat nicht verfälschen», erklärt Ralf Seidel, Fachverantwortlicher Leistungsdiagnostik der Schulthess-Klinik in Zürich. Kleine Klebeelektroden werden dabei auf Hand- und Fussgelenken angebracht und mit einem Messgerät verbunden. Somit werden Arme, Rumpf und Beine komplett erfasst. Rund zehn Minuten dauert die Messung, die Resultate werden im Computer erfasst, anschliessend nach Alter, Geschlecht und Grösse ausgewertet und mit dem Patienten besprochen. «Diese Messung ist sehr exakt, im Liegen ist auch das Körperwasser gleichmässig verteilt», so der Diagnostiker. Der Computer liefert an sich auch eine Grafik über die genaue Verteilung des Fettanteils. «Aber da sind wir sehr zurückhaltend, wir konzentrieren uns auf den Gesamtfettanteil», so der Fachmann.

Sport allein genügt nicht

Ein gesunder Körperfettanteil liegt bei Frauen bei ungefähr 20 bis 30 Prozent, bei Männern unter 20 Prozent. Im Alter darf es auch mehr sein, bei Sportlern ist es in der Regel weniger. Bei zu hohem Anteil ist Bewegung angesagt. Aber diese allein bringt es nicht. «Stellschraube Nummer eins ist die Ernährung», weiss Ralf Seidel. «Nur mit Sport allein reduziert sich der Fettanteil bei übergewichtigen Personen oft nur in geringem Mass. Am besten ist, wenn man beides anpackt – aber der Fehler liegt meistens in der Ernährung. Wichtig ist ausserdem die Beurteilung der Muskelmasse, weil sie für Energieverbrauch, Stoffwechsel und einen aktiven Lebensstil einen hohen Stellenwert einnimmt.»