Das wenig ­bekannte Virus

Rund 40'000 Menschen leiden in der Schweiz unter Hepatitis C. Doch ein Drittel der Betroffenen weiss nichts von der Infektion, die – unerkannt – auch heute noch tödlich enden kann. Neue Medikamente helfen.

Der Nobelpreis für Medizin ging dieses Jahr an drei Wissenschaftler für ihre Entdeckung des Hepatitis-C-Virus. Sie leisteten damit einen entscheidenden Beitrag zur Behandlung einer lnfektion, die chronisch verlaufen und sogar zum Tod führen kann.

Der Krankheitserreger, das Hepatitis-C-Virus, war vor 40 Jahren noch gänzlich unbekannt. «Millionen Menschen erkrankten an einer Leberzirrhose oder an Leberkrebs, ohne die Ursache dafür zu kennen», erklärt Philip Bruggmann, Arzt für Allgemeine Medizin und Präsident der Gesellschaft Hepatitis Schweiz. Auch heute noch wissen viele kaum über Hepatitis C und dessen Verlauf Bescheid, obwohl in der Schweiz 40 000 Menschen davon betroffen sind und jährlich etwa 200 von ihnen daran sterben.

Risikoreiche Bluttransfusionen

Ein erhöhtes Risiko, an Hepatitis C zu erkranken, tragen vor allem jene Personen, die vor 1992 Blutkonserven in der Schweiz erhalten haben. Weitere Risiken sind das Injizieren oder Sniffen von Drogen, ärztliche Behandlungen in Schwellen- oder Entwicklungsländern oder auch das Stechen von Tattoos oder Piercings unter mangelhaften Hygienebedingungen. «Da die Ansteckungen früher häufiger waren, sind Personen mit einem Jahrgang zwischen 1950 und 1985 besonders häufig betroffen», sagt Philip Bruggmann.

Keine eindeutigen Symptome

Das Heimtückische an Hepatitis C ist, dass die Krankheit oft jahrzehntelang von den Betroffenen unbemerkt im Körper schlummert. Währenddessen greift das Virus die Leber an, was zu Leberzirrhose, beziehungsweise Leberkrebs führen kann.

«Ein Drittel der Betroffenen weiss nichts von der Infektion, da diese oft keine eindeutigen Symptome zeigt.» Nach einer An­steckung kann zwar eine Gelb­färbung der Augen und der Haut auftreten, was aber nicht zwingend sein muss. Auch Symptome wie chronische Müdigkeit, ­Muskel-, Glieder- sowie Ober­bauch-­Schmerzen können ein Anzeichen für die Infektion sein.

Folgeerkrankungen verhindern

Menschen, die an Hepatitis C sterben, leiden meist bereits an einer fortgeschrittenen Lebererkrankung wie Leberzirrhose oder Leberkrebs. «Diese Personen werden meist sehr spät diagnostiziert, leider oft zu spät», bedauert der Arzt. Das müsste nicht sein. «Wenn wir die Betroffenen rechtzeitig finden, können wir sie behandeln und in über 96 Prozent der Fälle heilen und so Folgeerkrankungen verhindern.» Dazu gehören beispielsweise Diabetes, Herz-Kreislauf-Erkrankungen oder Lymphdrüsenkrebs. Menschen mit zusätzlichen Lebererkrankungen wie z.B. einem alkoholbedingten Leberschaden oder einer Fettleber, haben ein erhöhtes Risiko für einen schweren Verlauf.

Antikörpertest machen lassen

Um eine Hepatitis C zu diagnostizieren, benötigt es einen Antikörpertest. «Die Untersuchung kann jeder Hausarzt machen», erklärt Philip Bruggmann. Er empfiehlt allen Personen, die zwischen 1950 und 1985 geboren sind, sich einmal im Leben testen zu lassen. Fällt der Antikörpertest positiv aus, braucht es noch einen sogenannten PCR-Test, der das Virus im Blut nachweist. «Nur so weiss man sicher, ob eine aktive Infektion vorliegt.»

Antivirale Tabletten

Eine Hepatitis C wird mit antiviralen Medikamenten behandelt, die an verschiedenen Stellen im «Vermehrungs-Prozess» des Virus eingreifen und dessen Ausbreitung hemmen. Die Therapie dauert 8 bis 12 Wochen, besteht aus der Einnahme von 1 bis 3 Tabletten pro Tag und ist in den meisten Fällen nebenwirkungsfrei. «Da können wir wirklich von einer Revolution sprechen. Früher war eine Hepatitis C schwierig zu behandeln», so Philip Bruggmann.

Mit den neuen antiviralen Medikamenten, die seit 2014 nach und nach eingeführt worden sind, können heute fast alle Menschen geheilt werden. «Umso wichtiger ist es, dass sich jene Gruppe, die ein erhöhtes Infektrisiko trägt, auch testen lässt.»