Bauchschmerzen richtig einordnen

Sie fühlen sich nach fettigem, schwerem Essen häufig unwohl? Schuld daran könnte die Gallenflüssigkeit sein. Wenn deren Produktion nicht mehr richtig läuft, kann das ganz schön schmerzhaft werden.

Erst einmal klären wir einen häufigen Irrglauben auf: Die Gallenflüssigkeit wird nicht in der Galle produziert, sondern in der Leber – pro Tag mehr als ein halber Liter. Von dort fliesst sie über feine Gallenkanäle via Hauptgallengang in den Darm und erfüllt ihre Aufgabe: Die Gallensäure wirkt wie ein Spülmittel, löst die Fette im Nahrungsbrei und erleichtert dem Körper so deren Aufnahme über die Darmwand. Die Gallenflüssigkeit, auch Gallensaft genannt, brauchen wir somit für die Verdauung, besonders nach einem schweren Essen oder fettigen Nahrungsmitteln. Sie enthält Wasser, Mineralstoffe, überschüssiges Cholesterin sowie Abfallprodukte der Leber und Fettreste von Biomembranen. Das Bilirubin, ein Abbauprodukt der roten Blutkörperchen, ist für die gelbliche Farbe der Gallenflüssigkeit verantwortlich. Während der Verdauung im Darm verfärbt sich dieser Bestandteil in Braun und gibt dem Stuhl seine typische Farbe.

Läuft unsere Verdauung zwischen den Mahlzeiten auf Sparflamme, wird der Gallensaft in der nur wenige Zentimeter kleinen, direkt unter der Leber liegenden Gallenblase «gespeichert» und eingedickt, damit er bei der nächsten Nahrungsaufnahme sofort zur Stelle ist. Bis zu 50 Milliliter davon können so aufbewahrt werden. Nehmen wir wieder Nahrung auf, zieht sie sich zusammen und lässt Galle in den Darm fliessen. Dafür, dass dies automatisch abläuft, ist das Hormon Cholecystokinin zuständig.

Schmerzhafte Gallensteine!

Von Gallensteinen können alle Menschen betroffen sein. Die ganz kleinen Kristalle, welche aus verfestigter Gallenflüssigkeit bestehen, bilden sich, wenn die Zusammensetzung des Gallensaftes aus dem Gleichgewicht geraten ist. Und das kann schnell geschehen, denn es ist höchst empfindlich! Die Veranlagung zu Gallensteinen ist jedoch auch genetisch bedingt. Ausserdem: Fettreiche Ernährung und Übergewicht erhöhen das Risiko, ebenso sind vermehrt ältere Menschen und vor allem Frauen vom Gallenstein-Leiden betroffen.

Die Steine werden in verschiedene Arten unterschieden. Cholesterinsteine kommen in westlichen Ländern am häufigsten vor. Sie bestehen, wie der Name sagt, hauptsächlich aus Cholesterin und können so gross wie Kirschen werden. Ebenfalls häufig, aber doch viel seltener sind Pigmentsteine, das sind Kerne aus Cholesterin, um die sich Bilirubin angelagert hat. Sie sind viel kleiner, kommen dafür in grösseren Mengen vor. Verstopfen Steine die Gallengänge, führt das zu starken Schmerzen, sogenannten Koliken.

Behandeln oder abwarten?

Gallensteine verursachen oftmals keine Beschwerden, lediglich bei einem Viertel aller Betroffenen machen sie sich bemerkbar. Sind sie nur ein Zufallsbefund, ist meist keine Therapie nötig. Kommt es hingegen zu einer Gallensteinkolik, ist der Gang zum Arzt oder gar in den Notfall zwingend: Die heftigen Schmerzen im Oberbauch strahlen teilweise bis in den Rücken oder typischerweise in die rechte Schulter aus. Die Ursache ist in der Regel ein in den Gallengang gerutschter Stein, der den Durchfluss verstopft. Die Gallengangmuskulatur versucht ihr Bestes, diesen Stein weiterzutransportieren und zieht sich zu diesem Zweck krampfartig zusammen. Das kann gefährlich werden! Dann nämlich, wenn sich die Gallenflüssigkeit in die Gallenblase, die Leber und möglicherweise in die Bauchspeicheldrüse zurückstaut und zu einer Entzündung führt.

Weniger eindeutige, aber ebenfalls typische Symptome sind Übelkeit und Völlegefühl nach schwerem Essen. Wer dieses Gefühl kennt, sollte sich beim Arzt für eine Ultraschalluntersuchung anmelden, denn es ist ein Hinweis darauf, dass ein erhöhtes Risiko für Komplikationen besteht.

Gallensteine kann der Arzt durch Zertrümmern, Auflösen und «Herausfischen» entfernen. Allerdings kommt es vor allem nach einer Steinzertrümmerung durch Stosswellen oder Laser häufig erneut zu Steinchenbildung, deshalb werden diese Methoden nur noch selten angewendet. Meist wird die Gallenblase durch einen laparoskopischen Eingriff entfernt. Ein Leben ohne dieses kleine Organ ist bei gesunder Ernährung nämlich so weit problemlos – und garantiert eine endgültige Lösung dieses «Problems».