Altersbeschwerden? Sicher mit dem Auto unterwegs

Nicht nur Alkohol und Drogen beeinträchtigen unsere Fahrtauglichkeit. Auch Medikamente, Übermüdung, Fehlsichtigkeit oder sogar Altersbeschwerden können im Strassenverkehr zum Risiko werden.
 
Aurélie, meine mittlerweile verstorbene Tante, war eine kluge, zackige Dame, die es in New York zu Erfolg und Wohlstand gebracht hatte. Als sie mit 70 Jahren in die Schweiz zurückkehrte, um ihren Lebensabend am Genfersee zu verbringen, staunten wir nicht schlecht, als sie alle paar Monate mit einem neuen Auto vorfuhr. Bis wir ihrem Geheimnis auf die Spur kamen: Tante Aurélie hatte regelmässig Unfälle gebaut! Mehr als einmal hatte ein Schutzengel dafür gesorgt, dass dabei nur Blechschaden entstand und niemand verletzt wurde. Ob Sehprobleme in der Dunkelheit, starke Medikamente oder zu viele Gläschen ihre Fahrtauglichkeit beeinträchtigt hatten, hat Aurélie nie offenbart.
 
Fest steht aber: Neben Alkoholkonsum gibt es noch viele andere Faktoren, die das Fahrverhalten negativ beeinflussen können. Dazu zählen:
 
 
Risiko 1: Medikamente
 
Viele Medikamente beeinträchtigen die Fahrtüchtigkeit, insbesondere wenn sie mit Alkohol kombiniert werden. Im Gegensatz zu Alkohol gibt es bei Arzneien aber keine Höchstgrenzwerte, die nicht überschritten werden dürfen – obwohl gewisse Medikamente die Sehschärfe, das Reaktionsvermögen, die Motorik oder das Entscheidungsvermögen trüben können. Experten gehen davon aus, dass jeder vierte Unfall direkt oder indirekt von Medikamenten mitbeeinflusst wird.
 
Am gefährlichsten sind Schlaf- und Beruhigungsmittel, die sogenannte Benzodiazepine enthalten. Starke Schlafmittel wirken oft auch am nächsten Tag noch. Wer sich müde, unkonzentriert und schlapp fühlt, lässt das Auto besser stehen. Dies gilt ebenso für Schmerzmittel, die benommen und müde machen können. Auch Erkältungsmittel und Hustenblocker enthalten zuweilen dämpfende Wirkstoffe, die das Fahrvermögen herabsetzen.
 
 
Risiko 2: Übermüdung
 
Bei etwa 10 bis 20 Prozent aller Verkehrsunfälle ist Müdigkeit im Spiel. Der fatale Sekundenschlaf kann jede und jeden treffen, der in den letzten Tagen und Wochen zu wenig geschlafen hat oder nachts unter Atemstillständen (Schlafapnoe) leidet. Auch lange Fahrten ohne Erholungspausen, wechselnde Schlafrhythmen (Schichtarbeit) und Nachtfahrten begünstigen Schläfrigkeit am Steuer. Das einzig wirksame Mittel dagegen ist ausreichend Schlaf!
 
 
Risiko 3: Schlechte Sicht
 
Sicheres Fahren bedeutet vorausschauendes Fahren, um allfällige Gefahren frühzeitig zu erkennen und rechtzeitig darauf zu reagieren. Der Blick sollte deshalb zwischendurch immer wieder in die Weite schweifen. Ob weit- oder kurzsichtig: Auch für fehlsichtige Personen, die aus Eitelkeit ungern Brillen tragen, gilt am Steuerrad: Niemals ohne Brille!
 
 
Risiko 4: Wut
 
Wer sich wutentbrannt ans Steuer setzt, sollte besser erst ganz, ganz tief durchatmen. Verkehrspsychologen haben festgestellt, dass man in erregtem Zustand dazu neigt, schneller zu fahren – oft so schnell, dass man das Fahrzeug nicht mehr wirklich beherrscht. Damit bringt man nicht nur sich selbst, sondern auch andere in Gefahr.
 
 
Risiko 5: Altersbeschwerden
 
Wenn die körperliche Fitness nachlässt, gewinnt das Auto an Bedeutung, sei es zum Einkaufen, für den Arztbesuch oder für Ausflüge. Solange alle Sinne mitspielen und keine beeinträchtigenden Medikamente eingenommen werden, ist dagegen nichts einzuwenden. Doch es gilt, die eigene Leistungsfähigkeit im Auge zu behalten, um Risiken zu vermeiden. Altersbedingte Veränderungen, die die Fahrtauglichkeit reduzieren, sind: 
– Bei Dämmerung und Dunkelheit lässt die Sehkraft nach, dafür nimmt die Blende-Empfindlichkeit zu. Zudem werden Bewegungen am Rande des Gesichtsfeldes schlechter wahrgenommen.
– Auch das Hörvermögen nimmt ab: Bei den 65-Jährigen hört jeder Dritte nicht mehr gut. Abhilfe schafft eine moderne Hörhilfe.
– Arthrose und Rheuma können bestimmte Bewegungen wie das Kopfdrehen erschweren.
– Mit dem Alter sinkt das Reaktions- und Koordinationsvermögen, schwierige Verkehrssituationen überfordern und stressen. Vergesslichkeit ist ebenfalls ein Risikofaktor.
 
 
Können Sie noch fahren?
 
Viele Senioren können bis ins hohe Alter Auto fahren. Manche überschätzen jedoch ihre Fahrkünste. Wie sieht es bei Ihnen aus?

  • Kreuzungen oder dichter Stadtverkehr machen mich manchmal nervös. 
  • Das Überholen auf Landstrassen bereitet mir Mühe.
  • Ich reagiere in kritischen Situationen langsamer als früher.
  • Es kommt vor, dass ich andere erst im letzten Moment sehe.
  • Innerorts werde ich häufig überholt.
  • Ich verwechsle manchmal Gas- und Bremspedal.
  • Andere Menschen haben mir geraten, den Führerausweis abzugeben. 

 
Treffen eine oder mehrere Aussagen auf Sie zu, rät die Beratungsstelle für Unfallverhütung (bfu): Besprechen Sie allfällige Probleme mit einem Arzt, Fahrlehrer oder Ihrem Umfeld. Treffen Sie Vorkehrungen oder überlegen Sie sich, auf den Führerausweis zu verzichten.