Wenn die Blase nachts gar keine Ruhe gibt

Mit zunehmendem ­Alter steigt die Wahrscheinlichkeit, nachts zu erwachen, weil die Blase zum Entleeren drängt. Da Nykturie die Lebensqualität ­beeinträchtigt und eine schwerwiegende Krankheit verbergen kann, muss man sie ernst nehmen.
 
 
Trinken wir ein Glas oder mehrere Gläser Wasser, gelangt ein Grossteil davon zu den Nieren, um das Blut zu filtern und dem Organismus die Flüssigkeit zuzuführen, die er für sein reibungs­loses Funktionieren benötigt. Das überschüssige Wasser scheidet der Körper mit dem Urin aus. In der Regel sind das jeweils einer bis zwei Liter Urin innerhalb von 24 Stunden.
 
Der Urin wird von den Nieren über die Harnleiter in die Blase transportiert. Normalerweise entleert sich die Blase fünf bis sieben Mal während des Tages und nur selten während der Nacht. Das sogenannte antidiuretische Hormon (ADH) sorgt dafür, dass unsere Nieren vor allem tagsüber Urin produzieren, damit wir nachts 
ungestört schlafen können.
 
Problem Schlafmangel
Drückt die Blase nachts so stark, dass man mindestens zweimal erwacht, weil man die Toilette aufsuchen muss, sprechen Mediziner von einer sogenannten Nykturie. Vor allem ältere Menschen sind vom nächtlichen Harndrang betroffen. Gemäss einer dänischen Studie leiden etwa 77 Prozent 
aller über 60-jährigen Frauen und Männer daran.
Vermehrtes nächtliches Wasserlassen ist an und für sich keine ernsthafte Bedrohung für die 
Gesundheit. Dennoch sollte man es nicht auf die leichte Schulter nehmen, denn gestörter Schlaf kann die Lebensqualität massiv beeinträchtigen. Schlafmangel fördert die Tagesmüdigkeit, macht unkonzentriert, setzt die Leis­tungs­fähigkeit herab, schmälert das ­seelische Wohlbefinden und schwächt das Immunsystem. 
Eine Übersichtsstudie hat gezeigt: ­Nykturie ist viermal häufiger die Ursache für schlechten Schlaf als Schmerzen.
Die mehrfache Unterbrechung des nächtlichen Schlafs erhöht zudem auch die Sturzgefahr: Ältere Menschen mit einer Nykturie erleiden 1,8-mal öfter Oberschenkelhals-Frakturen als solche, die nachts einfach durchschlafen können. Einerseits, weil sie mitten in der Nacht zur Toilette gehen müssen, andererseits weil Tagesmüdigkeit die Wahrnehmung und das Gleichgewicht beeinträchtigen kann.
 
Zahlreiche Ursachen
Abgesehen vom höheren Lebensalter können sich hinter einer Nykturie auch schwerwiegendere Erkrankungen verbergen. Zu den häufigsten Ursachen für den nächtlichen Harndrang zählen vor allem:

  • Prostatavergrösserung (bei Männern)
  • Überaktive Blase (bei Frauen)
  • Blasenkrankheiten bzw. -infektionen
  • Herzschwäche
  • Stau in den Venen (Ödeme)
  • ein schlecht eingestellter Dia­betes mellitus</li>
  • obstruktive Schlafapnoe
  • Niereninsuffizienz
  • neurodegenerative Erkrankungen wie Alzheimer oder Parkinson
  • Bestimmte Medikamente wie Betablocker, Kalziumkanalhemmer, Antihistamine oder Antidepressiva (SSRI). Auch entwässernde Arzneien, die abends eingenommen werden, können ­Nykturie fördern.

In ganz seltenen Fällen kann die Ursache der nächt­lichen Störung auch ein ­Diabetes insipidus sein: Weil der Körper kein antidiu­retisches Hormon (ADH) herstellt, produziert er täglich bis zu 20 Liter Urin.
 
Wann muss ich zum Arzt?
Auch wenn Nykturie gerne als «Alterskrankheit» abgetan wird, heisst das nicht, dass man nichts dagegen tun kann und sie als unabwendbares Schicksal hinnehmen muss. In vielen Fällen gibt es eine passende Therapie – sofern man sich seinem Arzt anvertraut. Dessen Aufgabe ist es, abzuklären, welche gesundheitliche Störung der nächtlichen Harnflut zu Grunde liegt. Wichtigstes Ziel ist, all­fällige gesundheitliche Störungen zu erkennen. Danach richtet sich dann die Behandlung oder die Weiterleitung an einen Facharzt.
Bei einer Herzschwäche braucht es meistens Medikamente. Bei 
einer schlecht eingestellten Zuckerkrankheit (Diabetes) helfen nebst Medikamenten oft auch 
Änderungen des Lebensstils (Abnehmen, mehr Bewegung). Infektionen der unteren Harnwege 
können mit Antibiotika bekämpft werden. Bei einer überaktiven Blase empfiehlt sich ein Blasentraining. Ist die Prostata stark 
vergrössert, bringt ein kleiner chirurgischer Eingriff Erleichterung. Bei Schlafapnoe wirkt ein Beatmungsgerät den vorüber­gehenden Atemstillständen entgegen.
Was auch immer die Ursache ist: mit ärztlicher Unterstützung lässt sich der schlafstörende Drang zum nächtlichen Wasserlassen oftmals gut bekämpfen. Und die nächtliche Ruhe wieder herstellen.
 
Wer nachts ständig wegen Harndrang aufstehen muss, sollte etwas dagegen unternehmen. Hier die Tipps:

  • Scheuen Sie sich nicht, mit Ihrem Hausarzt über das Problem zu reden.
  • Trinken Sie in den Abendstunden und vor dem Zubettgehen nicht zu viel. Das gilt nicht nur für Wasser, sondern auch für Bier, Kaffee oder Tee.
  • Bei einer Tendenz zu Ödemen: Tragen Sie tagsüber Kompressionsstrümpfe oder lagern Sie die Beine hoch, um zu verhindern, dass sich Flüssigkeit ansammelt, die erst nachts, wenn man liegt, ausgeschieden werden kann.
  • Allfällige Diuretika nimmt man besser am frühen Nachmittag statt abends ein.
  • Bewegen Sie sich regelmässig: Amerikanische Forscher fanden heraus, dass Männer, die mindestens eine Stunde pro Woche körperlich aktiv sind (Schwimmen oder schnelles Gehen) seltener eine Nykturie entwickeln. Dies liegt vermutlich auch daran, dass sportliche Männer seltener übergewichtig sind und weniger unter entzündlichen Körperprozessen leiden.