Sie hat zurück ins Leben gefunden: Jeannine Gmelin hat gerade eine TV-Show gewonnen. Und sie wagte den Schritt in die Selbständigkeit.
Jeannine Gmelin
«Das Leben bringt, was zu mir gehört»
Die erfolgreichste Schweizer Ruderin und frischgekürte «Champion der Champions» hat ihren schweren Schicksalsschlag verarbeitet und ist wieder glücklich verliebt.
Von Thomas Wälti
Scherben bringen Glück! Mit einem präzisen Steinwurf auf die Glaskugel entscheidet Jeannine Gmelin (35) das finale Duell gegen Mountainbike-Legende Thomas Frischknecht (55) zu ihren Gunsten. Nach dem Triumph im Rahmen des SRF-Formats «Champion der Champions» unter der Sonne Andalusiens erzählt die erfolgreichste Schweizer Ruderin der GlücksPost aus ihrem bewegten Leben.
«Ich widme die Trophäe meinen sechs Konkurrenten Christian Stucki, Léa Sprunger, Andy Egli, Mirjam Ott, Paul Accola und Thomas Frischknecht. Es ist ein Privileg, dass ich diese phänomenalen Menschen kennenlernen durfte», sagt die Skiff-Weltmeisterin von 2017. «Wir haben uns gegenseitig unterstützt, gepusht und inspiriert – die TV-Sendung wird mir in bester Erinnerung bleiben.» Anlässlich der Sofagespräche erzählte Jeannine Gmelin ihre Lebensgeschichte. Damit möchte sie anderen Menschen Mut, Kraft und Halt geben.
Ihr Leben wurde am 16. Dezember 2022 durch einen Schicksalsschlag erschüttert. Während einer Trainingseinheit auf dem Sarnersee verstirbt ihr Trainer und Lebenspartner Robin Dowell. Gmelin versucht vergeblich, den 40 Jahre alten Briten wiederzubeleben. Die Trauer ist überwältigend. «Meine Eltern, meine drei jüngeren Geschwister sowie Robins Mutter Kerry und seine Schwester Megan wichen nicht mehr von meiner Seite. Das hat mir ebenso geholfen wie die Auseinandersetzung mit den Themen Tod und Trauer sowie mit mir selbst», erzählt die Ustermerin.
«Zwei Jahre nach dem Verlust fühlte ich mich bereit, mich auf eine neue Beziehung einzulassen», sagt Jeannine Gmelin. Inzwischen ist sie glücklich verliebt. Sie lernte den gebürtigen Walliser und Metzger Marcel Nessier (44) online kennen. «Marcel hat ein grosses Herz, ist einfühlsam, verständnisvoll, hat eine hohe emotionale Reife und bringt Humor in mein Leben», schwärmt die 1,71 Meter grosse Athletin, die vor einem Jahr ihren Rücktritt vom Spitzensport bekannt gegeben hat, von ihrem Liebsten. Vor kurzem ist das Paar zusammengezogen.
Jeannine Gmelin hat nach der Aktivkarriere den Schritt in die Selbständigkeit gewagt. «Meine Erfahrungen aus dem Spitzensport, der Umgang mit Verlust und meine Ausbildung als Coachin bieten mir ein breites Fundament, aus dem ich in meiner neuen Tätigkeit schöpfen kann», sagt die gelernte Kauffrau. Sie begleitet heute als Coachin Menschen auf dem Weg zu mehr Klarheit, Wirksamkeit und innerer Stärke – im Beruf wie im Leben.
Über die Kinderfrage macht sich Jeannine Gmelin keine Gedanken: «Ich vertraue darauf, dass das Leben bringt, was zu mir gehört.» Aufgrund der gemeinsamen Leidenschaft für Kaffee steht bei Jeannine Gmelin und Marcel Nessier ein Herzensprojekt zuoberst auf der Wunschliste: «Rob’s Hood» – ein temporäres Café. «Robins Idee, einen Ort zu schaffen, der Verbindung, Genuss und Inspiration vereint, habe ich für ihn umgesetzt», sagt sie. Im Rahmen der Weltcup-Regatta auf dem Rotsee LU hat sie Barista-Kaffee aus der Siebträgermaschine serviert. «Robs’ Hood» möchten Marcel und Jeannine weiterentwickeln. «Was gibt es Schöneres, als den Menschen ein Herz in den Milchschaum zu zaubern und dabei in strahlende Gesichter zu schauen?», fragt Gmelin. «Das bedeutet für mich Glück!»