
In ihrem kleinen Häuschen am Lützelsee ZH war Heidi Abel glücklich.
Heidi Abel (†)
Darum hielt sie ihre Krankheit geheim
Sie war die grösste und beliebteste Moderatorin, die das Schweizer Fernsehen je hatte. In einem neuen Buch gibt es viel Unbekanntes über die unvergessene TV-Legende zu entdecken - Schönes, aber auch Tragisches!
Von Leo Lüthy
Als Heidi Abel am 23. Dezember 1986 starb, war in den Schweizer TV-Stuben plötzlich alles schwarz und alles still. Ihr überraschender Krebstod im Alter von 57 Jahren war ein solcher Schock für die Schweiz, dass der nationale TV-Sender im Vorabendprogramm für eine Minute verstummte. Es war ein Zeichen der kollektiven Trauer – und bis heute ein einmaliger Vorgang in der Geschichte des Schweizer Fernsehens. Die damalige «Schweiz aktuell»-Moderatorin Helen Issler (79) verkündete vorgängig traurig: «Guten Abend miteinander, in der letzten Sendung vor Weihnachten müssen wir mit einer traurigen Meldung zu Ihnen kommen. Mit einer, die wir selber fast nicht fassen können. Heute Morgen ist unsere liebe Kollegin Heidi Abel gestorben. Die heimtückische Krankheit war also doch stärker als Heidis grosse Lebenskraft und Lebensfreude.»
Diese TV-Schweigeminute ist auch ein Beweis dafür, wie sehr Heidi Abel jahrzehntelang eine ganze Nation in ihren Bann zog. Für das Buch «Heidi Abel – Auf der ewigen Suche nach sich selbst» hat Autor Jean-Claude Galli (54) mit über hundert Wegbegleiterinnen und Wegbegleitern von Heidi Abel gesprochen – und dabei viel Neues über das TV-Idol erfahren.
Die verheimlichte Brustkrebserkrankung
«Kein Mensch aus ihrem Publikum sollte je von ihrem wirklichen Gesundheitszustand erfahren. Die Schlagzeile ‹Abel hat Krebs!› wollte sie auf keinen Fall lesen», heisst es im Buch. Und auf wundersame Weise hielten sich alle Medien daran, als gäbe es ein Stillhalteabkommen. Heidi Abels Hoffnung war es, in privater Weise sterben zu können, ohne Zuschauer. Um abzulenken, streute sie selbst das Gerücht, dass sie an einer schweren Rückenerkrankung leide. So konnte sie sieben Jahre lang ihre Brustkrebserkrankung und ihr grosses Leiden geheimhalten – am Schluss streuten sich Ableger in den ganzen Körper, auch ins Rückenmark.
Ihr Testament im Wortlaut
Die TV-Moderatorin hinterliess ein Erbe von rund 800 000 Franken und schrieb in ihrem Testament: «Die Erb-Verteilung müssen meine nächsten Freunde übernehmen, da ich keine Verwandten habe, die diese mühselige Arbeit auf sich nehmen könnten. Ich bitte daher, das Geld, das – bar oder in Papieren angelegt – vorhanden ist, den folgenden Institutionen zu vermachen: Greenpeace Deutschland, Greenpeace Schweiz, Ökozentrum Langenbruck, Verkehrsclub der Schweiz VCS, Schweizerische Gesellschaft für Tierschutz (höchstens 10 000 Franken). Ich stelle mir vor, dass meinen Freunden und Bekannten die Möglichkeit gegeben werden sollte, sich Hausrat, der ihnen gefällt und nützlich sein könnte, selber auszulesen. System: Jeder erhält z. B. Klebzettel in seiner persönlichen Farbe und markiert eine Auswahl von Dingen, die für ihn in Frage kommen.» Was für Laien nach einer sauberen und einfachen Lösung klingt, entpuppt sich in der Umsetzung als komplizierter. Es tauchten Verwandte aus Deutschland und Amerika auf, und zudem gab es einen Rechtsstreit um Abels Nachlass. Ein Dossier dazu existiert im Staatsarchiv des Kantons Zürich. Es ist aber zurzeit noch nicht einsehbar, weil es «besondere Personendaten von Drittpersonen enthält, die nicht separiert werden können», wie es im Amtsdeutsch heisst.
Wo ihre Asche verstreut wurde
Der letzte Wunsch von Heidi Abel – ein stiller Abschied im Engadin – wurde im Frühsommer 1987 im engsten Kreis realisiert. Abels Freundin Anna Voegtli erinnert sich: «Wir übernachteten am Suvretta-Hang. Es dauerte eine Weile, bis wir die Asche verstreuen konnten. Ein dicker Draht war um die Urne gewickelt, und wir konnten sie zuerst kaum öffnen. Schliesslich streuten wir die Asche in ein nahes Gewässer.» Den genauen Ort weiss Voegtli nicht mehr. Angesichts ihrer Beschreibung handelt es sich wohl um den Bergbach Ova da Suvretta, der bei Champfèr in den Inn mündet. «Ich weiss nicht, ob Heidi das wirklich genau so wollte. Sie war einmal dort und sagte, dass es ihr an dieser Stelle besonders gut gefalle. Es passte aber zu Heidi, dass sie keine genauen Anweisungen hinterliess. Oder vielleicht war es ihr auch gar nicht so wichtig. Ich bewundere sie jedenfalls dafür, wie sie gegangen ist, so ruhig und gefasst.»
Heidi Abels Männer
1963 heiratet TV-Liebling Heidi Abel – aus heiterem Himmel, so jedenfalls scheint es für ihre grosse Fangemeinde – den zwei Jahre älteren Journalisten und Schriftsteller Peter Ernst Rosinski (†). Die Liebe aber währte nicht lange. Die ehemalige TV-Ansagerin Regina Kempf (81) sagt im Buch: «Die Ehe mit Rosinski war unglücklich, ein eigentliches Missverständnis. Das passte einfach nicht. 1967 bin ich einmal mit dem Auto von Zürich nach Bern gefahren. Ich überholte den ‹Döschwo› von Heidi, die weinend am Steuer sass und etwas aufschrieb. Später hat sie mir erzählt, dass es der Abschiedsbrief an Rosinski gewesen sei, den sie im Auto entworfen habe. Die Scheidung hat sie sehr mitgenommen und beschäftigt, weil sie dies in der damaligen Zeit als gesellschaftlichen Makel und als persönliches Scheitern empfand.» Es folgt eine kurze Affäre mit dem spanischen Künstler Esteban Sanz (†), den Heidi Abel 1969 am Rande des Eurovision Song Contest in Madrid kennenlernt. Mit dem Möbeldesigner Beat Müller ist Abel von 1970 bis 1977 liiert. Die beiden bleiben auch nach ihrer Trennung bis zu Heidis Tod eng befreundet.