«Z’Mami und de Dädi sind unsere   Vorbilder»

Sie gehören zu den beliebtesten Volksmusik-Formationen der Schweiz. Beim Znacht mit ihrem Mami respektive Ehefrau Doris blicken die drei Männer auf die Erfolge der letzten Zeit zurück und verraten ihre Pläne.

Es ist einer dieser heissen Sommerabende. Die Rusch-Büeblä, bestehend aus den Zwillingen Cyrill und Simon (23) und ihrem Vater Roger Rusch (57), treten gut gelaunt auf die Garten­terrasse des Restaurants Schäfli in Siebnen SZ. Für das Znacht mit der GlücksPost im Restaurant ihrer Wahl ­werden sie von Doris Rusch (49) begleitet. «Ich bin sehr stolz auf meine Männer», sagt sie lachend.

Bald schon witzeln Cyrill und Simon mit dem Servicepersonal. Man kennt sich hier. Doris Kamm, die Senior-Chefin des «Schäfli», verrät, dass «z’Ruschä» sehr oft bei ihnen einkehren würden; auch mal am späteren Abend nach einem Konzert. «Wir kommen gerne», erklärt Cyrill Rusch. «Man kann gemütlich etwas essen, es ist gepflegt, aber man darf auch in den Arbeits­hosen kommen.»

Beim Bestellen zeigt sich: Ruschs mögen es währschaft: Cyrill, Simon und Doris wählen je das Angus-Entrecôte mit Pommes, während sich Roger ein Kalbspaillard genehmigt.

Die erste Hälfte des Jahres 2025 ist für die Familien-Kapelle ungemein erfolgreich verlaufen. Darauf stossen Roger mit einem Glas Wein, Cyrill mit einem Bier und Simon und Doris mit Wasser an. Im Juni gewannen sie wie bereits im Vorjahr einen Swiss Music Award. Und auch für den Prix Walo in der Kategorie Volksmusik waren sie heuer nominiert.

«Unser absoluter Höhepunkt war aber unser grosses Fest zum 10-Jahr-Jubiläum», sagt Simon Rusch. Dieses fand Mitte Juni in ­ihrem Wohn- und Heimatdorf Vorderthal SZ statt. «Ich war noch nie vorher so nervös!», erinnert er sich. Schon beim Intro hätten die 2000 Zuschauerinnen und Zuschauer im Festzelt aus voller Kehle mitgesungen. Cyrill Rusch zeigt ein Video dieses Gänsehaut-Moments.

Sie rufen einander täglich an

Bei eineiigen Zwillingen, wie Cyrill und ­Simon es sind, kommt unweigerlich die Frage auf, wie man sie denn auseinander­halten soll. «Meine Söhne sehen doch ­total anders aus», findet Doris Rusch. «Von vorn ist es klar, von hinten weiss ich es aber auch nicht ­immer», erwidert Roger Rusch. Die Söhne spüren eine starke Verbindung. Vier-, fünfmal pro Tag rufen sie einander an. «Ich habe auch schon zwölf Anrufe gezählt», sagt ­Simon Rusch lachend und betont, dass es dabei nie bloss um Belangloses gehe.

Was ihr Umfeld immer wieder in Staunen versetze, sei, dass sie oftmals das Gleiche denken oder sagen. Doris Rusch nennt ein Beispiel: Sie habe im Auftrag der Jünglinge ein Geburtstagsgeschenk für Roger besorgt. Daraufhin hätten ihr die Söhne getrennt voneinander in derselben Sekunde ihren Anteil getwintet – und jeder habe einen Fünfliber fürs Organisieren draufgeschlagen.

Doch damit Aussenstehende die Zwillinge besser unterscheiden können, trägt Simon neuerdings einen Stecker im linken Ohr. Auf der Bühne erkennt man ihn ­zudem am Akkordeon, während Cyrill, der um eine Minute Ältere der beiden, Schwyzerörgeli spielt.

Auch Vater Roger war einst ein Örgeler. Bis seine Finger nicht mehr mitmachten, und er in seiner früheren Formation notge­drungen auf die Bassgeige wechselte. An Vaters diversen Örgeli fanden die Zwillinge Gefallen. Ihre Familienkapelle sei ganz natürlich entstanden, ohne Druck und Ambitionen, sagt Roger Rusch. Auf ihrer neu erstellten Website lässt sich ihre ­Karriere zurückverfolgen. Beispielsweise den allerersten TV-Auftritt als Nachwuchstalente bei «Potzmusig» vor zehn Jahren: Da trug der 13-jährige Cyrill noch Zahnspange.

Vom Ländler zu den Toten Hosen

Anfangs spielten sie ausschliesslich Ländler­musik, heute füllen sie mit ihrem selbstkomponierten und zweistimmig auf ­Dialekt gesungenen Ländler-Pop die Säle und Festzelte. Meist liefert Simon die Melodie und Cyrill den Text. Besonders stolz sind sie auf ihr Lied «Du und ich»: «Es gibt uns viel, wenn wir sehen, wie gut das Lied beim Publikum ­ankommt und alle mitsingen», sagt Simon Rusch. Auch «Meitli tanz», dessen gleichnamiges Album es auf Platz 1 der Hit­parade geschafft hatte, ist ein Erfolg.

Das meistgehörte Lied des Trios auf Spotify ist allerdings ein anderes: «Hosen Potpurri», ein Medley der deutschen Punk-Pop-Band Die Toten Hosen. Wie kommt’s? «Das ist eine Familientradition», erklärt Doris Rusch. Die Familienferien hätten sie stets auf einem italienischen Campingplatz verbracht. Und auf der Fahrt dahin, ab der italienischen Grenze, wie Cyrill präzisiert, hätten sie Die Toten Hosen rauf und runter gehört. Die ganze Familie inklusive Schwester Lisa (25) sei auch schon an einem «Hosen»-Konzert gewesen.

Auch die Hardrocker AC/DC oder ­Mötley Crüe habe er live gesehen, sagt ­Roger Rusch. Trotzdem hatte der Ländler-Musikant Mühe, als seine Söhne anfangen wollten, moderne Musik zu spielen. «­Heute mache ich es wirklich gern. Es ist schon ein gutes Gefühl, wenn die Leute mitsingen», sagt er schmunzelnd. Tradi­tionelle Ländlermusik haben die Ruschs nach wie vor im Repertoire. «Ich finde es schade, wenn die Leute meinen, wir würden nur Chilbi-Musik spielen», sagt Cyrill. «Ich hoffe, dass wir an jedem Konzert eine Handvoll Zuhörer für die Ländlermusik begeistern können.» Roger sieht dafür gute Chancen: «Mich dünkt, dass sich die Leute wieder etwas mehr auf ­unsere Heimat besinnen, und dass Traditionelles geschätzt wird.»

Bald wollen Ruschs ein Haus bauen

Die Rusch-Büeblä, aber auch die zweite Formation der Zwillinge, Hess-Rusch-Hegner mit ihren guten Freunden Niklaus Hess (29) und Thomas Hegner (28), haben viele junge Fans – besonders viele weib­liche. Er sei seit anderthalb Jahren ver­geben, verrät Cyrill Rusch. Und auch ­Simon ist seit kurzem in einer Beziehung, wie er erzählt.

Beide verfolgen das gleiche Ziel: «Es ähnlich machen wie einst z’Mami und de Dädi», nämlich ein Haus bauen und eine Familie gründen. Cyrill und Simon wollen in Vorderthal SZ, 200 Meter vom Elternhaus entfernt, ein Doppelhaus bauen. Das Land dafür haben sie bereits erworben. Während Schwester Lisa bereits von daheim ausgezogen ist, leben die beiden ­aktuell noch bei ihren Eltern, um Geld für ihr Bauprojekt zu sparen.

Geld verdienen sie in erster Linie nicht als Musiker, sondern als Handwerker. Alle drei Rusch-Büeblä arbeiten auf ihrem ­gelernten Beruf, und zwar Vollzeit: Roger als Dachdecker, Cyrill als Schreiner und ­Simon als Metallbauer. Daran wollen sie nichts ändern, obwohl sie mit der Anzahl Auftritte, die jeweils bis tief in die Nacht dauern, teilweise an den Anschlag kämen.

Erstens sei es nicht so einfach, von der Volksmusik leben zu können, sagt Simon. Zweitens sei Teilzeitarbeit auf dem Bau oft nicht praktikabel. Und drittens, ergänzt Bruder Cyrill, tue es gut, einen Arbeitsalltag zu haben, bei dem die Musik keine Rolle spiele. Nach dem Gewinn des Swiss Music Awards haben ihm zwar einige Kollegen gratuliert. «Aber um Viertel vor sieben war das Thema gegessen, und es ging an die Arbeit.» Für ihn ist deshalb klar: «Bevor ich mein Arbeitspensum reduziere, fahre ich lieber bei der Musik zurück.»

Die Wolke sieben ist vergänglich

Manchmal staunen die Rusch-Männer ­darüber, was sie schon alles erlebt haben. «Dabei sind die Söhne noch so jung», sagt der Vater. «Nach all den Preisen und Erfolgen der letzten Zeit schwebten wir schon auf Wolke sieben», sagt Cyrill. Der Erfolg berge aber auch Gefahren, denn: «Alles ist vergänglich», sagt er. Für Roger Rusch müssen die «Büeblä» nicht noch erfolg­reicher und bekannter werden. Viel wichtiger sei es, die Freude zu behalten.

Vorerst aber musizieren sie weiter auf der Erfolgswelle: Im Sommer und Herbst stehen bei den Rusch-Büeblä weitere Höhepunkte im Programm. Roger Rusch freut sich besonders auf das Appenzeller Ländlerfest vom 9. August, während die Söhne ihrer Festival-Premiere am Openair Flumserberg entgegenfiebern. Doch auch auf das Festival von Oeschs die Dritten oder den Hallenstadion-Auftritt mit Trauffer freuen sie sich – und auf die Mittelmeer-Kreuzfahrt, die sie musikalisch umrahmen und bei der Doris mit an Bord sein wird.

Zuerst stehen aber Sommerferien an. Erstmals werden Doris und Roger Rusch nicht nach Italien, sondern nach Rhodos reisen, während die Söhne die Familientradition beibehalten: Der Camper gehört inzwischen ihnen, gemeinsam mit Freunden fahren sie damit nach Italien auf «­ihren» Zeltplatz. Spätestens ab Chiasso begleitet von den Toten Hosen, die singen: «An Tagen wie diesen …»