Aufblühen in ihrer neuen, alten Heimat

Wenn sie etwas anpackt, dann richtig: Die Schauspielerin hat sich in ihrem Zürcher Quartier einen eigenen Kosmos geschaffen, in dem sie sich auch kulturell sehr engagiert.

Nach 30 Jahren in Deutschland entschied sich Isabella Schmid 2017, zurück in die Heimat zu kommen. Sie suchte eine Bleibe in Zürich – nicht ganz einfach, musste sie merken. Endlich fand sie eine in die Jahre gekommene Wohnung am Escher-Wyss-Platz. Sie legte selbst Hand an und verwandelte ihr neues Zuhause in ein kleines Bijou.

An den Lärm in ihrem belebten Quartier hat sich die Zürcherin inzwischen gewöhnt. «Nur der Güterzug, der morgens um halb sechs zum Getreidesilo der Swissmill fährt, weckt mich noch auf. Der hält jeweils mit lautem Quietschen genau vor meiner Wohnung.» Manchmal seien die Züge bis zu einem Kilometer lang, so, dass man zehn Minuten warten müsse, bis sie durchgefahren sind. «Meine Neffen und Nichten lieben es. Sie warten jeweils auf die Waggons und winken.»

Ansonsten fühlt sich die 50-Jährige «wahnsinnig wohl hier». Dazu trägt nicht nur ihre Wohnung bei, sondern das ganze Quartier. Schmid bewegt sich darin, wie sie es in deutschen Grossstädten erlebt hat: «Jeder Kiez (Quartier, d. Red.) hat einen Treffpunkt. Da geht man auch mal allein ins Stammlokal, ist befreundet mit dem Barkeeper und schliesst neue Bekanntschaften. In Zürich gibt es diese Kultur leider nicht.» Isabella hat auch hier Hand angelegt und ihre Stammkneipe in der IQ-Bar gefunden, die im gleichen Block ist wie ihre Wohnung. Mit Besitzer und Barkeeper Hassan Koya ist sie eng befreundet. «Das ist wie Familie, die meisten Kunden sind Stammgäste, man kennt sich. Nach einem stressigen Tag kann ich hier abschalten.» Im Aussenbereich der Bar findet sie auch einen Ersatz für den fehlenden Balkon – das einzige, was sie an ihrer Wohnung vermisst.

Die Unermüdliche ist dabei, das Leben in ihrem Kiez aufzupeppen. Zusammen mit Barkeeper Hassan will sie ab November alle paar Wochen einen kulturellen Abend unter dem Namen «IQ – Bella & Friends» organisieren: «Das können von mir geführte Interviews sein oder Lesungen. Ich habe so viele Schauspieler in meinem Freundeskreis – Stefan Kurt, Hannes Jaenicke oder Ruth Schwegler haben schon zugesagt.»

Immer mit dabei ist natürlich auch Isabella Schmids Lebenspartner, Fotograf Urs Gantner (55). Seit drei Jahren sind die beiden ein Paar, und Isabella sagt: «Ihn tausche ich nicht mehr aus!» Wenn sie am Samstagabend müde und wieder mal verspätet wegen der deutschen Bahn in Zürich ankommt, wartet er schon in der IQ-Bar auf seine Liebste. «Dann trinken wir noch einen Absacker oder auch zwei – wir müssen ja nur einen Stock weiter nach oben.»

Isabella pendelt nach wie vor zwischen Zürich und Köln. An beiden Orten hat sie einen Ableger ihrer Schauspielschule Bellacademia. Und weil sie die einzige Lehrerin ist, muss sie für den Nachwuchs vor Ort sein. Ausser, sie hat selber ein Engagement, dann übernehmen befreundete Regisseure oder langjährige Schauspielschüler den Unterricht. Das ist jetzt gerade der Fall: Schmid probt für ihre Hauptrolle in der Casinotheater-Produktion «Die Niere» (siehe Box). «Meine Rolle ist eine Frau mit einem teuflischen Plan», sagt Schmid lachend. «Ich geniesse das richtig, da kann ich alle Register ziehen.»

Dank ihrem Freund hat Isabella eine neue Passion: analoges Fotografieren. «Urs arbeitet auch hauptsächlich mit Analogkamera», erzählt sie und zeigt stolz ihre Leica M3. «Da muss man sich überlegen, welche Aufnahmen man macht, der Film hat nur 36 Bilder. Ich kann nicht wie bei Digitalkameras hundert Mal das gleiche Sujet ablichten und am Schluss das beste Foto wählen.» Gantner entwickelt die Bilder selbst. «Er hat eine Dunkelkammer und alles Nötige, um Abzüge zu machen.»

Isabella hat sich in ihr neues Hobby reingestürzt, diskutiert mit dem GlücksPost-Fotografen über Belichtungszeiten, ISO und geeignete Objektive. Sie weiss, wo und wie man auf der Suche nach alten Kameras fündig wird und wo in Zürich einer der wenigen Läden ist, der noch Analogmaterial wie Filme, Papier und Entwickler verkauft.

Alles, was Schmid sagt und tut, ist erfüllt von Leidenschaft – sie sprüht vor Lebensfreude: «Ich bin dankbar für so vieles», sagt sie. «Ich habe nicht das einfachste Leben, aber es ist lässig, selbstbestimmt und frei. Natürlich ist es nicht immer einfach, zwei Schulen, selber auf der Bühne stehen, Freund und Familie unter einen Hut zu bringen. Ich gebe viel, bin aber auch sehr erfüllt.»