Eine ganz spezielle «Nanny»

Statt seiner Mutter und seines Vaters kümmert sich in einem US-Zoo Hündin Justice um ein Löwenbaby. Eine rührende, aber nicht unumstrittene Geschichte – die bei uns kaum vorkommen könnte.

Welch ungewöhnliches Duo: Wo immer Hündin Justice geht oder steht, hat sie einen treuen Begleiter – ein wenige Wochen altes Löwenbaby. Die beiden sind in einem Zoo im US-Staat Idaho zu Hause, und weil sie so süss zusammen sind, hat ihre ungewöhnliche Freundschaft dort schon viele Schlagzeilen gemacht.

Dahinter steckt eine schwierige Geschichte. Das noch namenlose Löwenmännchen musste von seinen Eltern, Kimani und Dahoma, zu seiner Sicherheit getrennt werden. Nicht etwa, weil sie das Kleine ablehnten – im Gegenteil: Kimani, die erstmals Mutter wurde, hatte es mit der Fürsorge übertrieben. Weil sie ihn oft herumgetragen hatte, bekam der Bub eine Wunde am Hals, die nicht verheilte, weil die Mama konstant daran leckte, um sie zu säubern. «Damit wir das Jungtier behandeln konnten, mussten wir es von der Mutter trennen», sagt Zoo-Tierärztin Rhonda Aliah.

Das Problem: Es sei unsicher, ob die Eltern das Kleine nach der Trennung wieder ohne Schwierigkeiten aufnehmen würden, sie könnten es verletzen. Deshalb hat der Zoo entschieden, damit zu warten, bis es etwas grösser und mobiler ist. Da aber gerade diese Zeit für die Entwicklung wichtig sei, musste eine «Erzieherin» her – Zoo-Hündin Justice. «Es ist wichtig, dass das Löwenbaby einen Lehrer hat, der ihm die ‹tierische Etikette› beibringt», führt Kurator Darrell Markum aus. «Das beinhaltet zum Beispiel, wie fest man im Spiel zubeissen darf.» In menschlicher Obhut könne man einem Tier solche Dinge kaum beibringen. Dank Justice seien die Chancen nun gut, dass das Kleine bald wieder bei den Eltern sein könne.

Fälle wie dieser würden hier bei uns kaum vorkommen. Sie kenne die Details nicht und wolle deshalb nicht urteilen, sagt etwa Tanja Dietrich vom Zoo Basel, wo ebenfalls gerade Löwenbabys die Besucher erfreuen. Bei ihnen vertrete man aber die Haltung, dass Jungtiere bei Artgenossen aufwachsen sollen. «Ansonsten können sich später Schwierigkeiten im Umgang mit Artgenossen zeigen, wenn sich die ‹fremdbetreuten› Tiere nicht artkonform verhalten.» Früher habe man ab und zu Tiere von Hand aufgezogen, aber auch das komme heutzutage nicht mehr vor. Gorilla Goma beispielsweise sei vor vielen Jahren bei Menschen aufgewachsen: «Sie zeigt heute noch untypische Verhaltensweisen und war ihr Leben lang eine Aussenseiterin.»

Da kann man nur hoffen, dass beim Löwenbaby aus Idaho am Ende doch alles gut geht!