«Wenn ich aufstehe, denke ich als Erstes an meine Familie»

Eine grosse Rolle spielt der Schauspieler im TV-Ereignis «Gotthard». Die wichtigste hat ihm nun aber das Leben geschenkt: Im Sommer ist er Vater eines Sohnes geworden.

Zurück ins Jahr 1873: Im kleinen Bergdorf Göschenen treffen Hunderte von Menschen aus ganz Europa ein – um am grössten und spektakulärsten Bau der damaligen Zeit mitzuarbeiten: dem Bau des Eisenbahntunnels durch den Gotthard. Pasquale Aleardi (45) ist einer von ihnen und steht im Mittelpunkt des aufwendigen Historien-Zweiteilers «Gotthard».

GlücksPost: Sie verkörpern einen italienischen Mineur, der sich mutig und rebellisch zeigt.

Pasquale Aleardi: Ja, er setzt sich gegen diese unfassbar schlimmen Arbeitsbedingungen zur Wehr, macht den Mund auf und riskiert sein Leben, um Verbesserungen für die Arbeiter herbeizuführen, die den Tunnel zu bauen haben. Und er gibt nicht klein bei. Solche Menschen mit Zivilcourage gibt es sehr selten. Wir sind doch eher ängstlich, wenn es wirklich hart auf hart kommt. So ein Verhalten erfordert sehr viel Mut. Man muss auch bedenken, dass die Arbeiter Familien zu ernähren hatten und unter erbärmlichen Umständen lebten. Wenn man dann trotzdem den Mut hat, seinen Standpunkt zu vertreten, finde ich das bewundernswert. Es war sehr spannend, mich in diese Zeit hineinzufühlen, sowohl physisch als auch sprachlich war es eine Herausforderung.

Wie hat Sie diese Rolle verändert?

So einen Charakter auszudrücken, schärft das Bewusstsein für die Errungenschaften unserer Zeit. Im Vergleich geht es uns so viel besser, und man weiss die Kleinigkeiten des Lebens noch mehr zu schätzen. Ausserdem sehe ich heute jeden einzelnen Tunnel mit ganz anderen Augen.

Haben Sie nach «Gotthard» eine Pause gebraucht?

Ich versuche, nach jedem Projekt zur Ruhe zu kommen. Grundsätzlich liebe ich die Abwechslung. So achte ich gerade nach einem Drama wie «Gotthard» darauf, dass es mit etwas anderem – einer Komödie oder einem Krimi – weitergeht, jedoch nach einer Pause.

Und wie sieht es derzeit aus? Ende August sind Sie ja Vater eines Sohnes geworden.

Ich habe mir eine Auszeit für meine kleine Familie genommen. Das ist wie Vaterschaftsurlaub: Es fühlt sich prima an, und ich renne sehr «verstrahlt» vor Glück durch die Gegend. Dieser kleine Mensch hat alles kräftig durcheinandergewirbelt, und er gibt den Takt in unserer Familie vor. Ich habe das grosse Glück, dass meine Frau in einem sehr guten Rhythmus mit dem Kleinen ist. Und ich bin oft nervöser als sie!

Wie meinen Sie das?

Nachts bin ich dabei, die ganze Geräuschsprache unseres Babys zu interpretieren. Seine Verdauungsgeräusche, sein Glucksen und sein Schluckauf zu hören und zu wissen: Nein, der Kleine erstickt jetzt nicht, sondern er verdaut gerade! (Er lacht) Da bin ich kräftig am Lernen. Ich stehe morgens auf und denke nicht an mich, sondern als Erstes an meine Familie. Ich achte sehr darauf, dass es meiner Frau Petra und unserem Leonardo gut geht. Wenn sie etwas braucht, dann renne ich sofort.

Waren Sie bei der Geburt dabei?

Das wollte ich auf keinen Fall verpassen. Leonardo kam noch während meiner letzten Dreharbeiten für den Sat.1-Film «Comeback» zur Welt. Ich hatte allerdings im Vorfeld mit dem Produzenten besprochen, dass ich das Set verlassen darf, wenn es mit der Geburt so weit ist. Das war jedoch gar nicht nötig, da Leonardo den perfekten Zeitpunkt zwischen zwei Drehtagen gewählt hatte.

Das wurde sicher eine lange Nacht!

Richtig. Als der Kleine jedoch auf die Welt kam, war ich so unter Adrenalin und hellwach, dass mich meine Frau nach ein paar Stunden wieder ans Set geschickt hat, damit sie und der Bub in Ruhe schlafen konnten. Am Ende des Tages war ich 40 Stunden auf den Beinen – das habe ich so noch nie erlebt, trotzdem ging es irgendwie mit links.

Wo ist Leonardo geboren?

Geplant war eigentlich Berlin, aber unser Sohn ist ein Münchner «Kindl» geworden.

Sie haben immer gesagt, dass Sie Familie möchten.

Das konnte ich mir immer gut vorstellen. Zum Glück war das bei meiner Frau ganz genauso – und der Nachwuchs kam eigentlich eher überraschend. Ich finde die Tatsache, dass ein kleiner Knirps daheim auf mich wartet, zwischendurch auch recht surreal.

Wie hat Ihre Familie auf Leonardo reagiert?

Alle freuen sich total. Mein Vater ist vor zehn Jahren verstorben, er kann das leider nicht mehr erleben, aber meine Mutter flippt komplett aus.

Sie sind auch Musiker. Wollen Sie die musikalische Ader Ihres Sohnes früh fördern?

Ich habe gerade entdeckt, dass er es mag, wenn ich ihm den Song «Car Wash» vorspiele, und auch auf die Filmmusik zu «Der Pate» von Nino Rota steht der kleine Mann. Ich dudle ihm sehr viel Musik vor, um zu merken, was ihm gefällt und was nicht. Ich selbst bin zu Hause eine wandelnde Sound-Maschine. Ich singe vor mich hin und spiele am Klavier – unser Bub wird Musik nicht ausweichen können. Ich werde ihm aber nichts aufzwingen.

Ihre Eltern sind italienischer bzw. griechischer Herkunft, Sie sind in Zürich geboren – und mehrsprachig aufgewachsen. Haben Sie das für
Ihren Sohn auch vor?

Im Moment reden meine Frau und ich Schweizerdeutsch und Deutsch mit ihm, aber wir waren eben in Griechenland und dort hat er seine Oma kennengelernt. Meine Mutter besteht natürlich darauf, dass ihr Enkel Griechisch spricht – und die Italiener meiner Familie bestehen auf Italienisch. Ich denke, der Junge wird nicht um mehrere Sprachen herumkommen!

«Gotthard»

Im Mittelpunkt des aufwendigen Zweiteilers «Gotthard» (11./12. Dezember, 20.05 Uhr, SRF 1) stehen der italienische Mineur Tommaso (Pasquale Aleardi), der deutsche Ingenieur Max (Maxim Mehmet) und die Schweizer Fuhrmannstochter Anna (Miriam Stein). Erzählt wird von ihren Schicksalen vor dem Hintergrund des Jahrhundertbauwerks. In weiteren Rollen sind Carlos Leal, Max Simonischek und Marie Bäumer zu sehen. Das ZDF zeigt das Drama am 19./20. Dezember.