«Meine Kinder sollten keine Vollwaisen werden»

Nachdem ihr Vater und ihr Mann kurz hintereinander gestorben waren, verlor Cheryl ­ihren Halt – und tröstete sich mit so viel ­Essen, dass die zwei­fache Mama fast daran ­gestorben wäre.

Nach ein paar Schritten fühlte sich Cheryl Godden (44) schon erschöpft. Kein Wunder: Die Engländerin wog 140 Kilo. Sie hatte nach zwei Schicksalsschlägen 2015 rasant an Gewicht zugelegt. Ihr über alles geliebter Vater Mick war an Lungenkrebs gestorben, ihr Ehemann Carl neun Monate später an Darmkrebs.

Cheryl zog sich darauf vollkommen zurück. Sie ernährte sich fortan von Fastfood, das sie sich nach Hause liefern liess, um nicht nach draussen gehen zu müssen. Sie stopfte sich auch wahllos Süssigkeiten rein und bewegte sich wenig. Ihr Gewicht schnellte in die Höhe.

Dann entdeckte sie ein Foto von sich auf Facebook und war entsetzt von der fetten Frau, die sie da sah. Ein Besuch beim Arzt brachte Klarheit. «Wenn Sie so weitermachen, bedeutet das Lebensgefahr», sagte er. «Da läuteten bei mir alle Alarmglocken», erinnert sich Cheryl Godden. Sie dachte an ihre beiden Kinder: Sohn Charlie (7) und ihre Tochter Chloe (15). «Ich hatte Angst, dass sie Vollwaisen würden.» So zog sie die Reissleine, meldete sich bei «Slimming World» (schlanke Welt) an, besuchte dort regelmässig die Treffen. Sie erhielt viele Tipps zum Abnehmen. Fastfood war ab sofort gestrichen, und Cheryl begann damit, selber mit frischen Zutaten zu kochen. Es gab viel Gemüse und Früchte, mageres Fleisch und Fisch. So verlor sie in zweieinhalb Jahren 80 Kilo und bringt nun 60 Kilo auf die Waage. Als sie schlanker wurde, begann sie auch, Sport zu treiben.

Rückblickend sagt sie: «Nachdem Carl von mir gegangen war, brach für mich die ganze Welt zusammen. Ich hatte für ihn immer seine Lieblingsgerichte gekocht. Den Sonntagsbraten mochte er besonders. Ich verlor nach seinem Tod meinen Hunger aufs Leben. Fettes und viel Essen tröstete mich.» Die Kinder sprachen Mama nie auf ihr Gewicht an. «Doch vor allem der Kleine wurde immer trauriger, er vermisste seinen Papa und fand in mir wenig Halt. Ich dachte nur noch an mich und ans Essen.» Sie sei über ihre Trauer um den Vater und Ehemann Carl einfach nicht hinweggekommen.

Heute fühlt sie sich blendend. «Ich bewege mich wieder gerne, meine Knie- und Rückenschmerzen sind weg.» Die Kinder freuen sich, dass die Mama wieder fröhlich ist. Sie geht mit der Tochter regelmässig joggen. Wie sieht ihre Zukunft aus? «Nach vier Jahren merke ich, dass ich die Trauer langsam überwunden habe.» Kann sie sich eine neue Liebe vorstellen? «Eigentlich nicht. Aber wer weiss, was das Leben noch
für mich bereithält.»