«Für das Wohl meines Haustiers würde ich hungern»

Alles wird teurer und teurer, manche Menschen können sich nicht einmal mehr das Futter für ihre geliebten Hunde und Katzen leisten. Gut, gibt es die Tiertafel, wo sie Unterstützung finden.

Von Stefan Sievering

Liebevoll drückt Maj-Britt H. (39) ihre Katze Lady (11) an sich. Das Tier gibt ihr Halt, seitdem die studierte Wasserwirtschafterin ihren Job krankheitsbedingt aufgeben musste. Jetzt lebt sie von 449 Euro Grundsicherung. «Damit kam ich immer gut über die Runden, doch die Preissteigerungen der letzten Monate setzen mir zu. Katzenstreu kostet jetzt 3,99 Euro, statt vorher 2,79 Euro.»

Die junge Frau weiter: «Um zu sparen, hätte ich eigentlich meine geliebte Katze abgeben müssen. Das brachte ich nicht übers Herz.» Wie gut, dass die Tiertafel in Uelzen (Niedersachsen) hilft! Seit Oktober holt Maj-Britt dort regelmässig ihren Zwei-Wochen-Vorrat Katzenfutter, damit noch Geld für eigene Lebensmittel bleibt und sie ihre Katze behalten kann.

Wolfgang Roboom (78) hat die Tiertafel vor zwölf Jahren gegründet. Gerade jetzt kommen viele Tierbesitzer, um ihre Lieblinge versorgen zu können. So wie Reinhard Wasgien (67). Der alleinstehende Rentner fährt mit dem Motorroller vor – ein Auto kann er sich nicht leisten. Zurzeit hat er mit den Heizkosten zu kämpfen – die sind von 190 auf 570 Euro gestiegen, nur 63 Prozent davon zahlt das Amt. Den Rest muss er sich vom Essen absparen. «Ich gehe selbst jeden Mittwoch zur Tafel, anschliessend fahre ich bei Herrn Roboom vorbei, hole Futter für meine Hündin Asta und meinen Kater Whiskey. Wenn es die Tiertafel nicht gäbe, würde ich selbst hungern, meine beiden Lieblinge stehen immer an erster Stelle.»

So denkt auch Rentnerin Christel Wandschneider (52). Die gelernte Verkäuferin hat zwei Kater, hielt sich bisher mit Putzjobs über Wasser. Doch die Arbeit wurde weniger, die Kosten stiegen. «Ich konnte die Tierarztrechnungen für meinen kranken Kater Ahu nicht mehr bezahlen. Doch auch da half mir die Tiertafel, übernahm die Rechnungen, besorgte Medikamente. Ich bin so dankbar.»

Tafel-Chef Roboom weiss, wie wichtig Tiere für Menschen in Not sind. Als vergangenes Jahr seine Frau starb, half ihm seine Dogge Mila (3) etwas über die Trauer hinweg: «Wir wollen Tierhaltern helfen, dass sie ihre Lieblinge trotz finanzieller Sorgen behalten können. Uns reicht, wenn sie uns ihren Renten- oder Hartz-IV-Bescheid zeigen. Es muss keiner seine finanziellen Verhältnisse offenlegen oder erklären, warum er in Not ist.»

Geholfen wird auch bei der Bremer Tiertafel. Alle 30 Helfer arbeiten ehrenamtlich – und haben immer mehr zu tun. Leiter Stefan Evers (43) sagte: «Alle 14 Tage haben wir rund zehn Neuanmeldungen. Anfang des Jahres hatten wir rund 100 regelmässige Kunden, jetzt etwa 175.» Ein Anstieg, auch bedingt durch Kriegsflüchtlinge aus der Ukraine. Eine von ihnen ist Tania Osaulenko (27), Bauingenieurin aus Kiew. Sie lebt seit acht Monaten mit ihrem American Staffordshire Brooklyn (1) in der Nähe von Bremen. Osaulenko: «Ich bin so dankbar für die Hilfe der Tiertafel. Ohne sie könnte ich Brooklyn nicht behalten.»

Die Ausgaben der Tafel sind seit Frühjahr gestiegen – betragen rund 20 bis 30 Prozent mehr als im Vorjahr. Evers: «Wir finanzieren uns ausschliesslich durch Spenden und Mitgliedsbeiträge.» Was ihn freut: «In letzter Zeit haben wir noch einmal deutlich mehr Spenden bekommen.»