Fünf Monate Knast für Katzen

Wenn die bedrohte Haubenlerche brütet, müssen Katzenhalter in einem deutschen Ort ihre Tiere wieder einsperren. Das sorgt für Unmut.

Von Janine Wollbrett

Frühling im badenwürttembergischen Walldorf ist, wenn die ersten Blumen blühen, ein warmer Windhauch über das Land geht – und die Katzen eingesperrt werden.

Auch in diesem Jahr haben die Behörden für den südlichen Teil der Stadt in Deutschland ein Ausgangsverbot für Stubentiger verhängt. Bundesweit einzigartig, fünf Monate lang: Während der Brutzeit der bedrohten Haubenlerche (1. April bis 31. August) dürfen Katzen im südlichen Teil der Stadt nicht nach draussen. Bei Zuwiderhandlung drohen saftige Strafen: Bussgelder von 500 Euro bis 50 000 Euro können fällig werden, wenn eine Haubenlerche verletzt oder getötet wird.

Laut Landrat Stefan Dallinger (CDU) hat sich die Verordnung im vergangenen Jahr als «wirksames Instrument zum Erhalt der Vogelart erwiesen». Nach Behördenangaben hätten im letzten Jahr acht Haubenlerchen die kritische Phase überstanden und seien flügge geworden.

Nun fragen sich nicht nur Herrchen und Frauchen: Haben die Behörden einen Vogel? 40 Katzenhalter und Tierfreundinnen legten 2022 Einspruch gegen die Verordnung ein. Schliesslich würden nicht nur Katzen die Haubenlerche bedrohen, sondern auch Elstern, Krähen, Füchse und Marder. Die sperre ja auch niemand ein. Ohne Erfolg: Der Hausarrest soll auch in den kommenden zwei Jahren fortgesetzt werden.

«Die Ausgangssperre war für meine drei Katzen schon im letzten Jahr eine richtige Katastrophe», schimpft die dreifache Mutter Marina Vetter (45). «Sie gingen die Wände hoch, wurden unsauber und völlig depressiv. Diese Regelung ist Tierquälerei und völlig unverhältnismässig!»

Ihre Katzen hielten sich ohnehin nur im Haus und im eigenen Garten auf. «Warum wird um das Brutgebiet der Vögel denn nicht einfach ein stabiler Zaun gebaut, sodass die Katzen da nicht mehr reinkönnen? Es muss doch ein Kompromiss gefunden werden, damit beide Tierarten zu ihrem Recht kommen.»

Tierquälerei, um Tiere zu schützen? Auch Student Anton Fazaa (22) wettert gegen den Katzen-Arrest. «Mein Kater Tschaikowski stammt von einem Bauernhof. Er versteht die Welt nicht mehr, wenn ich ihn nicht rauslasse.» Er jammere den ganzen Tag und sei unsagbar unglücklich. Anton Fazaa: «Das ist doch kein lebenswerter Zustand!»

Die GPS-Tracker, die man sich laut Amt besorgen könne, um eine Freigänger-Genehmigung zu bekommen, hält der Student für keine brauchbare Lösung: «Mein Kater lässt sich weder an der Leine führen noch so ein Halsband umlegen. Ich hätte Angst, dass er damit irgendwo hängenbleiben und sich strangulieren könnte.»

Schon im letzten Jahr, erzählt Fazaa weiter, habe es Menschen gegeben, die Katzenhalter beim Amt anschwärzten: «Grauenhaft, wenn man sich ständig beobachtet fühlt und Sorge haben muss, dass einem die Katze zufällig entwischt und man angezeigt werden könnte. Dabei ist mein Kater viel zu faul, um zu jagen!»

Nur noch kurze Zeit, dann beginnt in Walldorf wieder der grosse Katzenjammer.