Pünktlich trifft Zoë Më (25) beim Freiburger Szene-Restaurant ein, das sie als Treffpunkt vorgeschlagen hat. Seit sie im Mai die Schweiz beim Eurovision Song Contest (ESC) in Basel vertreten hat, ist viel passiert: Vor kurzem ist die Sängerin mit ihrem Freund, mit dem sie seit anderthalb Jahren liiert ist, zusammengezogen. Dabei meinte Më noch im Sommer, dass sie nicht von ihrer Musik leben könne und darum noch bei den Eltern in Tafers FR lebe.
Nun hat Më, die gebürtig Zoë Anina Kressler heisst, den Schritt gewagt und ist mitten nach Freiburg gezogen. «Früher dachte ich, dass man in einer Weltstadt leben muss, um den Durchbruch zu schaffen», sagt sie. Heute sei sie zwar oft in Berlin oder Paris, um zu arbeiten, aber: «Ich identifiziere mich stark mit Freiburg und der Zweisprachigkeit.»
Zwei Sprachen, zwei Gesichter
Ihr ESC-Hit «Voyage», mit dem sie den 10. Platz erreichte, ist rein französischsprachig. Doch die meisten ihrer Lieder singt sie sowohl auf Deutsch als auch auf Französisch. Zwei Sprachen, zwei Gesichter – das will Më mit ihrer neuen EP «Loup Garou», zu Deutsch «Werwolf», symbolisieren. Darauf besingt sie Trauriges wie ihren Heilungsprozess nach dem Verlust eines engen Freundes. Auch ihrer Generation Z widmet sie ein Lied.
Auf ihre Teilnahme und auf das vergangene halbe Jahr blickt sie mit positiven Gefühlen. «Ein Höhepunkt war mein Auftritt am Gurtenfestival.» Schliesslich habe sie als Kind einst genau da ihr erstes Konzert der irischen Rock-Gruppe The Script genossen. «Ich war begeistert von dieser Energie und fand: Das will ich auch!»
Mit Duett ging ein Traum in Erfüllung
Einen weiteren Höhepunkt erlebte sie, als die französische ESC-Teilnehmerin Louane (28) vorschlug, «Voyage» im Duett zu singen. «Ich dachte, ich träume», sagt Zoë Më: «Louane ist mein Vorbild, und mit ihrer Musik habe ich als 14-Jährige Französisch gelernt.» Denn ihre ersten Lebensjahre verbrachte sie in Basel, dann zog die Familie nach Schriesheim bei Heidelberg (D) und erst 2009 ins Freiburgische.
In Schriesheim hat Zoë Më immer noch Freunde: «Die drei Jungs unserer Nachbarn waren damals wie Brüder für mich, und heute treffen wir uns regelmässig.» Sie hätten den ESC gebannt vor dem Fernseher verfolgt und wären sofort nach Basel gefahren, falls Zoë Më gewonnen hätte.
Diese Woche beginnt ihre Tournee durch die Schweiz. In Genf tritt sie als Support von Louane auf. Auch ein Konzert in Berlin steht an. Sie hofft, dass weitere europäische Bühnen folgen. Theoretisch hätte sie einen beruflichen Plan B parat: Fünf Tage nach dem ESC hat sie ihr Diplom als Oberstufenlehrerin erhalten. «Ich wollte Lehrerin werden, weil ich von verschiedenen Lehrpersonen inspiriert und motiviert worden bin», sagt sie. Auch ihre Songwriting-Workshops an Schulen könnte sie ausbauen. Doch sie setzt auf Plan A und sagt: «Ich will meine ganze Energie in meine Musik stecken.»