Marco Odermatt

«Wie ich ticke»

In seiner neuen Biographie verrät der derzeit beste Skifahrer der Welt, Marco Odermatt, seine Geheimnisse: Ausführlich zu Wort kommen in den zehn Bänden auch Stella Parpan, die Freundin des Nidwaldners, seine Eltern und seine Freunde.

Thomas Wälti,

Andrea Butorin

foto IPP/Marco Trovati/Pentaphoto Kvitfjell (NOR), 07/03/2025 coppa del mondo discesa di sci alpino uomini Fis Alpine Sk
So strahlte Marco Odermatt schon als kleiner Bub, wenn er Ski fahren konnte. In seiner Biographie erfährt man alles über seine Karriere, sein Umfeld und ­seine Bedürfnisse. Imago

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Was Stella über Odi sagt

Dank einer Verletzung sind Marco Odermatt und sein Kindergarten-Gspänli ­Stella Parpan (27) ein Paar geworden. Jahrelang hatten sich die beiden nicht mehr gesehen, und plötzlich schrieb Odi Stella auf der Social-Media-Plattform Snapchat, ob sie sich mal treffen wollen. Das war im ­Januar 2020, als der Allrounder wegen ­einer Meniskusverletzung zu Hause rumsitzen musste und plötzlich Zeit hatte. «Ich wusste nicht so recht», sagt Stella Parpan. Sie lud ihn an einen Spieleabend mit ihren Freundinnen ein, den sie erst noch vorzeitig verliess. Trotzdem kam es zum zweiten Date. «Auf eine Art war es damals schon so, wie es heute zwischen uns ist: einfach. Und schön», sagt sie. Die Assistenzärztin, die sich vorstellen kann, einmal in einer Hausarztpraxis zu arbeiten, lebte und ­studierte damals in Basel. Odermatt zog im Frühling 2020 nach Beckenried NW in eine WG. Erst seit diesem Frühling leben die beiden in ihrer eigenen Wohnung in Becken­ried. Über ihre Beziehung sagt ­Stella Parpan: «Ich habe mich lange ­gefragt, warum Marco mit mir zusammen sein möchte. Ich dachte oft: Wir passen doch gar nicht zusammen. Weil ich nicht so sportlich bin wie er, weil ich nachdenklicher bin und gern Zeit für mich allein habe. Heute weiss ich, dass er genau diese Dinge an mir mag. Er sagt immer, meine Stärken seien seine Schwächen: Ich sei fürsorglich, liebevoll, musikalisch, kreativ.» Heute wisse sie aber auch, dass sie sich in vielem ähnlicher seien als anfangs gedacht: Beide lieben den Wald, den See und die Berge, treiben Sport und machen gern Party.

Wo er Halt findet

Marcos Vater Walter (57) war ein ambitionierter Skifahrer. Mutter Priska (58) dagegen mag Sessellifte nicht. Doch als Marco und seine Schwester Alina (25) Feuer fingen, ging sie trotzdem jedes Wochenende frühmorgens mit auf die Piste, schmierte Brote. «Ich weiss nicht, wie das gegangen wäre, wenn ich daneben noch hätte ­arbeiten müssen», sagt Hausfrau Priska Odermatt über die Ambitionen der Kinder. Auch Alina fuhr Skirennen, konnte aber nicht an Marcos Erfolg anknüpfen und hörte auf. Alina sagt: «Zu verstehen, dass ich mich nicht mit ihm vergleichen muss – das war eine grosse Befreiung. Er ist mein Bruder. Aber er ist nicht ich.»
Walter, Marco, Priska und Alina ­Odermatt (von links) sind eine eingeschworene ­Nidwaldner ­Ski-Familie.
Walter, Marco, Priska und Alina ­Odermatt (von links) sind eine eingeschworene ­Nidwaldner ­Ski-Familie.Keystone
Walter, Marco, Priska und Alina ­Odermatt (von links) sind eine eingeschworene ­Nidwaldner ­Ski-Familie.
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Wo er abschaltet

Schnallt Marco Odermatt die Ski an, trägt er entweder eine Startnummer oder einen Rucksack. Er liebt den Adrenalinkick auf den Weltcup-Pisten genauso wie das Powdern nach einem Helikopterflug in abgelegene Bergregionen Alaskas. Etwa 120 Tage im Jahr fährt er Ski, fünf davon frei im Pulverschnee. In den Flow, und damit meint Odi den perfekten Schwung, ­komme er aber nur auf der Rennstrecke. «Für den Flow brauche ich Druck und ­Adrenalin. Ich muss nervös sein, um über mich hinauszuwachsen. Freeriden ist das Gegenteil von Rennfahren und etwas vom Schönsten, was ich kenne: Es ist der Genuss, nicht über sich hinauswachsen zu müssen», schwärmt er.

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Wer seine Freunde sind

Justin Murisier (33) ist einer von Odermatts engsten Freunden im Weltcup. Die Teamkollegen teilen sich nicht nur stets ein Zimmer, sondern auch all ihre Berufsgeheimnisse. Wie sehr Odermatt ein Teamplayer ist und für ­einen engen Zusammenhalt bei den Schweizern sorgt, bleibt auch der Konkurrenz nicht verborgen. Vor seinem schweren Sturz im Januar 2024 war der Norweger Aleksander Aamodt Kilde (33) Odis grösster Konkurrent. Kilde sagt: «Auf der Piste will ich ihn schlagen. Aber wenn wir die Ziellinie überquert haben, ist er mein Freund.» Odi beeindrucke ihn nicht nur als Fahrer, sondern auch als offener, zugäng­licher und grosszügiger Mensch. Kilde liefert eine Anekdote: «In Andorra war Odi einmal so betrunken, dass er versucht hat, mich zu küssen. Und zwei Tage später gewinnt er den Riesenslalom. So ­einer ist er. Einfach ein feiner Kerl.»
Selten werden Abfahrt-Konkurrenten Freunde wie Marco Odermatt und der Norweger Aleksander Aamodt Kilde (links).
Selten werden Abfahrt-Konkurrenten Freunde wie Marco Odermatt und der Norweger Aleksander Aamodt Kilde (links).Keystone
Selten werden Abfahrt-Konkurrenten Freunde wie Marco Odermatt und der Norweger Aleksander Aamodt Kilde (links).
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Was er isst, hört oder trinkt

Liebe geht bekanntlich durch den Magen. So kann es nicht erstaunen, dass Marco Odermatt Stellas Lammracks mit Kräutern aus dem Garten und Ofenkartoffeln beson­ders mag. Selbst kocht er sich am liebsten eine Fertig-Rösti aus dem Beutel mit drei Spiegeleiern. Es kann aber auch ein Risotto mit Pilzen oder Safran sein. ­Der vierfache Gesamtweltcupsieger hört gerne Schweizer Hits. Von Büezer-Rocker Gölä (57) kenne er jedes Lied auswendig. «Indianer», «I hätt no viu blöder ta» und «Uf u dervo» bezeichnet er als seine drei Lieblingssongs. Abends zum Einschlafen oder morgens zum Aufstehen höre er Popsängerin Lana Del Rey (40). Guter Kaffee ist für Marco Odermatt etwas sehr Wichtiges. Deshalb pflegt er eine Tradition: In ­jedem Weltcup-Ort macht er mit Team­kollegen jeweils das beste Café ausfindig.

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Was Wäschewaschen über ihn aussagt

«Ich bin einer, der Dinge abhaken will. So funktioniere ich», verrät der Gewinner von 46 Weltcuprennen. Lieber schiebt er vor seiner Abreise an ein Weltcuprennen zu Hause eine Extraschicht in der Wasch­küche, als nach seiner Rückkehr die doppelte Menge Kleider zu waschen. Ordnung und Effizienz erlauben es ihm, seinen durchgetakteten und oft stressigen Alltag souverän zu meistern. «Ich kann nicht nach Hause kommen und einfach den Koffer in den Gang stellen und mich aufs Sofa fallen lassen. Ich muss immer erst ­alles auspacken, und ich mache das fast noch gern. Wenn ich nach Hause komme, dann brauche ich meine halbe Stunde. Ich will alles verräumen – zack, zack, zack –, dann duschen, bäm, und dann ... kann ich mich entspannen.»

Warum er nicht ins Edelhotel geht

Marco Odermatt gilt als ausgesprochener Teamplayer. Er fühlt sich wohler in der Gruppe als allein in einer Luxussuite, wie eine Anekdote in der Biographie erzählt: An der Ski-WM 2025 in Saalbach (A) hätte er im edlen Boutiquehotel direkt beim Zielraum übernachten können. Red Bull, Marcos Hauptsponsor, hätte die Kosten dafür übernommen. Marco Odermatt fragte nach einer Zimmerbesichtigung die Verantwortlichen, ob er auf das Angebot verzichten könne. Ihm, dem bescheiden gebliebenen Olympiasieger und Weltmeister, war die bevorzugte Behandlung nicht recht. Er wollte lieber bei seinen Teamkollegen sein, die in einem weiter entfernten Hotel im Doppelzimmer hausten.

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Autorisierte Biographie: Christof Gertsch, Mikael Krogerus: «Marco Odermatt – Meine Welt» (Wörterseh Verlag, 2025).

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