Auf dem Hof der Familie Kohler in Pfäfers SG herrscht reges Treiben. Die Teilnehmerin der SRF-Sendung «Landfrauenküche» Corina Kohler und ihr Mann meistern den Alltag mit drei Kindern und vielen Tieren mit wenig Sonne, dafür mit viel Farbe.
Aurelia Robles
Von ihrem Hof im Taminatal aus hat Landfrau Corina Kohler freien Blick aufs Prättigau und auf die Sonnenseite. Siggi Bucher
Bei «Landfrauenküche»-Teilnehmerin Corina Kohler (41) scheint aktuell nie die Sonne. Seit Mitte November und bis Februar liegt der Bergbetrieb von Mann Andreas (41) und ihr im Schatten hoch über der Bündner Herrschaft. Der Alltag auf dem Landwirtschaftshof in Pfäfers SG auf 840 m. ü. M. strotzt auch so vor Energie und Farben. Die Landfrau sorgt mit pinkem Hoodie und lila Jacke für Farbtupfer, die drei Kinder Jana (5), Lia (10) und Rino (12) gemeinsam mit den Kühen, Geissen, Ziegen, Schafen, Hühnern und dem Hund für viel Action.
Am 12. Dezember macht die SRF-Sendung «Landfrauenküche» (SRF1, 20.10 Uhr) bei Corina Kohler auf dem Hof, einem Betrieb mit Mutterkuhhaltung, halt. Als letzte der sieben Kandidatinnen wird sie die anderen mit Zutaten vom eigenen Hof bewirten, bevor am 19. Dezember das grosse Finale ausgestrahlt wird. «Kochen ist genau meins und Regionalität und Nachhaltigkeit sind mir wichtig. Bei uns gibt es tatsächlich nie ein Fertigmenü», sagt sie. Ihr Mann Andreas bestätigt. «Hamburger mit eigenem Fleisch und zuvor eingefrorenem selbstgebackenem Brot ist unser Menü, wenn es mal schnell gehen muss. Das kann sogar ich.»
Absage vor fünf Jahren
Bereits 2020 wurde Corina Kohler einmal angefragt, da andere Landfrauen sie vorgeschlagen hatten. «Doch damals war Jana noch klein», sagt sie. Seit diesem Jahr kann die Jüngste auch mal ohne Mama sein, weshalb die Familie sie zur Teilnahme ermutigte. Immerhin schauen sie die Sendung von Beginn an. «Alleine für die Freundschaften, die daraus entstanden sind, hat sich diese Reise gelohnt», sagt sie. «Und meine Kinder feiern die Landfrauen mehr als jeden Rockstar.» Dabei kennen sie Rockstars, unter anderem Thomas Graf (49), Frontsänger von Megawatt. «Auf den sozialen Medien schrieb ich ihnen, dass Rino oft ihre Musik auf dem Weg in die Therapie hört», erzählt Kohler. Rino geht mehrmals pro Woche in die Therapie, weil er noch vor seiner Geburt im Bauch einen Schlaganfall erlitt. Lange war nicht klar, ob er je gehen kann. Die Band beeindruckte Rinos Kämpferherz und schrieb für ihn den Song «Flügel us Stahl». «Rino fährt heute Velo, will Landwirt werden und spielt im Fussballclub, wie auch Lia.» Bei all den Terminen ist Corina Kohler dankbar, dass 2020 ihre Schwiegermutter Maria auf den Hof zog. «Sie ist ein riesiger Gewinn, eine grosse Entlastung.»
Spielspass am Esstisch: Lia, Jana, Mama Corina, Rino und Papa Andreas bleiben am liebsten daheim.Siggi Bucher
Spielspass am Esstisch: Lia, Jana, Mama Corina, Rino und Papa Andreas bleiben am liebsten daheim.Siggi Bucher
Das Vereinsleben ist Corinas Ausgleich, sowie der soziale Kontakt zum Dorf. «Mein Mann und ich haben selbst keine Hobbys, leben für den Hof und unsere Familie.» So ging es bisher noch nie in die Ferien. «Vor der Hochzeit waren wir zwei Tage in Paris», sagt Corina Kohler und lächelt. «Wir haben beide ein hohes Verantwortungsgefühl und geben nicht gerne die Zügel aus den Händen. Somit ist es sicher auch selbstverschuldet. Aber wir beide sind sehr zufrieden und glücklich mit dem, was wir aufgebaut haben.»
Es funkte in der Ausbildung
Vor 25 Jahren lernten sich Corina und Andreas Kohler während der Ausbildung kennen. Er war im zweiten Lehrjahr zum Landwirt, sie machte an der Schule ein Praktikum, bevor sie sich zur Hauspflegerin und danach zur Pflegefachfrau ausbilden liess. Zur Hochzeit bekam das Paar Grauvieh Maxima, bis heute die Königin im Stall. Über die nächsten Jahre bauten sie ihre Black-Angus-Zucht auf, eine kleinere Rasse, die das Landwirtepaar mit extensiver Nahrung und mit Futter vom eigenen Land ernähren kann. Aktuell herrscht im Stall Hochsaison: Ein Kälbli nach dem anderen kommt auf die Welt – insgesamt werden 30 erwartet.
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Kuh Maxima ist 16-jährig. Das Paar bekam das Grauvieh zur Hochzeit.Siggi Bucher
Kuh Maxima ist 16-jährig. Das Paar bekam das Grauvieh zur Hochzeit.Siggi Bucher
Zudem hat Corina über 100 Hühner, die um die 70 Eier täglich legen. «Ich hatte zuerst zehn Hühner nur für uns. Doch viele haben nach Eiern gefragt, deshalb habe ich ‹nadisna› aufgestockt.» Zweimal pro Woche geht sie mit ihren pinkfarbenen Eierkartons auf «Eiertour». Selbst ihre Garette ist pink und bald soll ein Verkaufsladen in der Farbe im Dorf stehen. «Wegen meines Äusseren bin ich sicher einzigartig unter den Landfrauen, aber ich werde auch schnell in eine Schublade gesteckt.»
Sich zu schminken und zu frisieren, habe ihr niemand vorgelebt. Denn wegen der Scheidung ihrer Eltern kam sie früh auf den Hof ihrer Nana Urseli in Valendas GR, wo sie aufwuchs. «Meine Mutter musste anderswo Geld dazuverdienen», erzählt sie. «Irgendwann schminkte ich mich, vielleicht als Selbstschutz und ein bisschen für die Fassade, um stärker zu wirken.» Doch heute sieht sie das anders. «Mit 41 weiss ich: Wer Schwäche zeigen und Hilfe annehmen kann, ist stark.» Und nicht zuletzt hat sie die Kindheit und Jugend auf Nanas Hof mit all der Arbeit zu der Person gemacht, die sie heute ist. «All das hat mich geerdet. Und meine Nana habe ich nur kochend in Erinnerung. Sie hat für das Kochen, für den Garten, für die Landwirtschaft gelebt – so wie ich es nun tue», sagt Corina Kohler.