Freddy Burger

«Zu seinen Engsten muss man Sorge tragen»

Er ist einer der erfolgreichsten Musikunternehmer, brachte Superstars wie die Rolling Stones in die Schweiz und steuerte jahrzehntelang die Karriere von Udo Jürgens († 80). Nun wird der Zürcher 80 Jahre alt.

Dominik Hug

15.07.2025 - Moon and Stars - Marc Walder Event
Er sei «wahnsinnig ­gesegnet», dass ihn die Liebe nochmals ­gefunden habe, sagt Freddy Burger. Seit 2019 ist er mit Isabella, einer Psychologin, verheiratet. Adrian Bretscher

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Treffpunkt ist das Restaurant Sonnenberg hoch über den Dächern von Zürich. Jahrelang gehörte es Freddy Burger, der sich hier noch heute gerne zum Mittagessen verabredet. Im Inter­view spricht er über die späte Liebe, Glücksgefühle und Schicksalsschläge.
GlücksPost: Sie werden am 29. Dezember 80 Jahre alt. Wie feiern Sie den Geburtstag?
Freddy Burger: Meine Frau Isabella und ich fliegen an Weihnachten für zehn Tage nach Kambodscha zum Schweizer Fotokünstler Hannes Schmid. Wir waren noch nie dort und wollen uns mit eigenen ­Augen von dem wunderbaren Kinderhilfswerk Smiling Gecko, das er dort aufgebaut hat, überzeugen.
Es gibt also kein grosses Fest?
Ursprünglich plante ich eines. Nämlich im legendären Zürcher Nachtclub Mascotte, den ich im Januar mit neuem Konzept als «Palais Mascotte» wiedereröffnen werde. Aber dann gefiel mir die Idee mit Kambod­scha besser. Ich will auch keine Geschenke, denn ich habe alles, was ich brauche. Meine Freunde können stattdessen gerne etwas fürs Hilfswerk spenden. So kann man wirklich Gutes und Sinnvolles bewirken. Ich werde den Betrag, den ich für die Party ausgegeben hätte, ebenfalls dem Hilfswerk überweisen.
Mit 80 sind Sie beruflich noch immer eingespannt. Warum haben Sie keine Lust auf Müssiggang?
Ich war mein ganzes Leben lang ein Chrampfer. Da werde ich auf meine alten Tage nicht aufhören, den Rhythmus zu wechseln. Ich bin überzeugt, dass dies bloss meiner Gesundheit schaden würde. Zu arbeiten war für mich schon immer eine Herzensangelegenheit. Und das ist es geblieben. Ich bin nicht dafür geschaffen, nichts zu tun.
Wie gehen Sie mit dem Alter um?
Ich fühle mich geistig nicht wie 80, habe auch keine gröberen körperlichen Beschwerden. Der letzte Arztbesuch fiel zufriedenstellend aus. Deswegen ist für mich das Alter noch kein Kampf. Es zahlt sich aus, dass ich nie Drogen genommen habe, auch nie rauchte. Ich habe in meiner Jugend Spitzensport gemacht, wollte immer gewinnen. Mein erstes Glas Rotwein trank ich mit 30. Aber natürlich bin ich mir in meinem Alter bewusst, dass der Weg vor mir immer kürzer wird.
Macht Ihnen der Gedanke Angst?
Nein. Ich sage meiner Frau immer: ­Müsste ich morgen sterben, würde ich als glück­licher Mensch von dieser Welt gehen. Denn mein Leben war sehr erfüllt.
Sie sind seit 2019 mit Isabella ­verheiratet.
Genau. Sie ist 19 Jahre jünger, beim ­Wandern heute etwas schneller unterwegs als ich. Früher in Partnerschaften war ich ­immer schneller, heute bin ich langsamer, kann mich aber gut damit abfinden. Ich bin wahnsinnig gesegnet, dass mich die Liebe nochmals gefunden hat.

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Es ist Ihre dritte Ehe. Wird man im Alter schlauer in der Liebe?
In der Liebe nicht, nein, denn Liebe beruht nicht auf dem Intellekt, sondern kommt aus dem Herzen. Aber was Beziehungen angeht, wird man wahrscheinlich schon rücksichtsvoller, ist vielleicht auch einfühlsamer. Weil man im Alter einfach besser erkennt, was wirklich zählt im Leben. Die Erfahrungen, die man gesammelt hat, sind unser Kapital. Und das setzt man im Alter überlegter ein.
Was zählt im Leben?
Familie und Freunde. Zu seinen Engsten muss man Sorge tragen, mit viel Empathie und Ehrlichkeit. Man kann nicht die ganze Welt verändern, im kleinen Kreis hingegen kann man einiges bewirken und so das Leben fried­licher ­gestalten. Das grösste Glück im Leben aber ist die Gesundheit.
Sie mussten früh gesundheit­liche Rückschläge hinnehmen. Sie hatten in ihren Dreissigern mehrere Nervenzusammen­brüche, später ein Burnout.
Ja. Gerade in jungen Jahren bin ich zu oft über meine Grenzen hinausgegangen. Ich wollte alles immer perfekt machen. Nein zu sagen, fiel mir schwer, auch mich abzugrenzen. Und das forderte einen ­hohen Tribut. Ich musste in psychiatrische Behandlung. Mittlerweile kann ich meine Kräfte besser einschätzen. Leben bedeutet ja auch lernen. Ich habe lange gelebt und viel ­gelernt.

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Die beste Lektion Ihres Lebens?
Die lernte ich sehr früh. Ich ging mit dem ersten grossen Konzert, das ich veranstaltete, gleich Konkurs. Diese Pleite mit Cliff Richard 1965 im Zürcher Hallenstadion lehrte mich Folgendes: Man darf nie vom besten Fall ausgehen, sondern muss stets mit dem Schlimmsten rechnen. Ein Risiko sollte man nur dann eingehen, wenn man das Schlimmste verkraften kann. Andernfalls lass es besser bleiben.
Haben Sie Misserfolge nie entmutigt?
Ein Leben ohne Misserfolge gibt es nicht. Denn das Leben ist in vielen Belangen ­unberechenbar. Jeder fällt zwischendurch hin und muss sich wieder aufrappeln. Das Gute hat mich immer gestärkt und das Schlechte glücklicherweise nicht kaputt gemacht. Dafür bin ich dankbar.
Sie haben fast 40 Jahre Udo Jürgens ­gemanagt. Denken Sie noch oft an ihn?
Jeden Abend nehme ich mit dem Universum Kontakt auf und bedanke mich für das Wunderbare, das ich erleben durfte. Udo ist und bleibt immer in ­meinem Herzen. Wir hatten eine sehr enge Beziehung, titulierten sie oft sogar als Ehe, allerdings ohne gemeinsamen Tisch und gemeinsames Bett. Wir hatten aber auch unsere Reibungsflächen, denn wir lebten ganz unterschiedliche Leben. Wir begegneten uns jedoch immer mit grossem ­Respekt. Ich war zutiefst betroffen, als er vor elf Jahren starb.

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Ein anderer grosser Verlust war der Tod Ihres ältesten Sohnes Patrick 2018.
Er hat einen festen Platz in meinem ­Herzen. Ihm habe ich meine im letzten Jahr veröffentlichte Autobiographie gewidmet. Kein Vater, keine Mutter sollte ein Kind verlieren müssen.
Wie kommt man über einen solchen Schicksalsschlag hinweg?
Sein Tod mit 47 kam für uns nicht so überraschend. Patrick hatte schon als Kind Probleme, kämpfte später mit Drogen, kam auf die schiefe Bahn. Er war in mehreren psychiatrischen Kliniken. Wir haben alles versucht, aber konnten ihm einfach nicht helfen. Dennoch wünschte ich mir natürlich von ganzem Herzen, dass er noch am Leben wäre. Aber manchmal muss man halt einfach auch akzeptieren, was nicht zu ändern ist.
Was bereuen Sie?
Ich bin schon in die eine oder andere ­Falle getrampelt, die ich rückblickend gesehen vielleicht besser hätte auslassen sollen. Aber so richtig bereuen tue ich nichts. Man kann nicht ändern, was früher war. Man kann nur beeinflussen, was jetzt ist und was morgen sein könnte. Ich versuche stets, möglichst positiv zu sein.
Worauf sind Sie am meisten stolz?
Einen Beruf gewählt zu haben, mit dem ich andere Menschen glücklich machen konnte. Das erfüllt mich noch heute mit grosser Zufriedenheit. Meine Mottos ­haben mir dabei geholfen: Mache es mit Liebe, Lust und Leidenschaft, in der Balance von Hirn, Herz und Bauch. Und schliesslich mit Zähigkeit: Gib niemals auf!

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Noch Träume?
Eigentlich nicht. Ich bin – wie sagt man so schön – wunschlos zufrieden. Alles, was jetzt noch kommt, ist Zugabe.

Persönlich

Freddy Burger wuchs im Zürcher Arbeiterquartier Schwamendingen auf, machte eine Lehre als Hochbauzeichner und sattelte früh in die Event-Branche um. Er war Manager der Band Les Sauterelles, von Pepe Lienhard, der Musiklegende Udo Jürgens (1934–2014) und war auch als Clubbetreiber, ­Restaurantbesitzer, Fernseh- und Theaterpro­duzent sowie als Musical-Unternehmer aktiv. Mit Ehefrau Isabella (61), einer Psychologin, wohnt er in ­Küsnacht ZH. Sein Sohn Oliver Burger (38) übernahm letztes Jahr die Geschäfte der FBM Group, die zu den besten Zeiten über 300 Angestellte hatte. Ebenfalls letztes Jahr erschien seine Biographie «Liebe, Lust & Leidenschaft» (Helvetia-Verlag).

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