«Unsere Ehe stand auf der Kippe»

Nach fünf Jahren beendet das Schauspiel-Paar sein Beizen-Abenteuer in Lauenen. Die Feindseligkeit, die ihnen im Dorf entgegenschlug, brachte die beiden an ihre Grenzen.

Tische und Stühle liegen im Dorfbach. Unbekannte haben die Gartenmöbel des Restaurants Wildhorn in Lauenen BE in einem Akt der Zerstörung «entsorgt». Es ist nicht das erste Mal, dass Eigentum der «Wildhorn»-Geschäftsführer in deren Abwesenheit demoliert wird. Sogar jetzt noch, fünf Wochen bevor Isabelle von Siebenthal (58) und Hans Schenker (64) Lauenen für immer verlassen und sich wieder ihren Schauspielkarrieren widmen. Die beiden fürchten ständig neue Vandalenakte in dem Dorf, in dem ihr Traum vom eigenen Gasthof zum Albtraum wurde.

Dabei hatte alles ganz friedlich begonnen. «Wir wurden mit offenen Armen empfangen», erinnert sich Hans. «Die fanden das toll, dass Leute, die sie vom Fernsehen kennen, hier ein Restaurant eröffnen.» Die ersten beiden Jahre lief es gut, die Gäste kamen gerne. «Trotzdem schrieben wir rote Zahlen», so Isabelle. «Wir mussten aus Not die Auswahl einschränken. Das gab erste böse Reaktionen.» Zum Eklat kam es, als die Stars der ehemaligen SRF-Soap «Lüthi und Blanc» beschlossen, der Kuh-Skulptur vor dem Wirtshaus einen weissen Anstrich zu geben. «Das goutierte die Dorfbevölkerung gar nicht. Nach ihrem Verständnis sind Berner Kühe braun! Sie beschmierten die Plastik-Kuh mit Mist, steckten ihr ein Messer in den Rücken.»

Die Medien wurden aufmerksam auf den Dorfstreit. Hans äusserte mal zynisch, mal provokativ sein Missfallen über den psychischen und physischen Terror. Die Stimmung im Dorf schaukelte sich hoch. «Uns stand eine Wand anonymer Einwohner gegenüber. Wir wussten nie, wer verantwortlich war und was als Nächstes folgt», erklärt Isabelle. Um kein Öl ins Feuer zu giessen, sahen die «Wildhorn»-Pächter von Anzeigen ab. Doch da war bereits zu viel Geschirr zerbrochen. Wenn Hans und Isabelle heute durch Lauenen gehen, wenden sich die Leute ab.

Ende April läuft der fünfjährige Pachtvertrag aus. «Wenn wir unser investiertes Geld wieder reinholen wollten, müssten wir zwei Jahre weitermachen», sagt Isabelle. «Aber wir haben keine Energie dafür.» Hans ergänzt: «Lange haben wir versucht, die hohen Investitionen zurückzu­holen. Also machten wir weiter. Probierten alles Mögliche. Wir testeten verschiedene Musik- und Abendunterhaltung, unterschiedliche Gerichte und Getränke. Nie war es richtig. Wir wollten ein Esslokal mit gehobener Küche sein. Beizen gibt es genug in Lauenen.» Aber die Leute aus der Gegend wollten ihr Schnitzel an Rahmsauce und ihren Käsetoast. «Wir hatten zum Glück hauptsächlich Gäste von ausserhalb», sagt Isabelle. «Aber es gibt natürlich auch unter denen solche, die nicht einfach sind. Mit Hans ging schnell das Temperament durch.» Dieser gibt zu: «Ich bin ein guter und leidenschaftlicher Gastgeber – aber nur bei denen, die ich mag. Isabelle ist da diplomatischer.»

Hans verarbeitete die vertrackte Situation mit Humor. Er drehte Kurzfilme für Youtube mit dem Titel «Schenker der Henker», in denen er die Akteure der Dorfposse auf die Schippe nimmt. «Ich weiss, dass die provokativ sind, aber ich musste das irgendwie verarbeiten.» Isabelle frass den Kummer in sich hinein. «Als wir eines Tages unsere kleinen Birken umgesägt vorfanden, brach ich zusammen.» Sie brauchte therapeutische Hilfe. Es gab Zeiten, in denen gar die Beziehung auf der Kippe stand. «Es war eine enorme Belastung, und wir hatten unterschiedliche Ansichten über den richtigen Weg», resümiert Isabelle. «Ich hatte Angst, dass unsere Ehe das nicht überlebt.»

Jetzt gehen die beiden noch fester zusammengeschweisst in ein neues Leben. Ab dem 8. März treten sie im Stück «Die Lüge» im «Theater am Käfigturm» in Bern auf. Danach gönnen sie sich Erholung in ihrer Wohnung in Nizza. Isabelle will ihre Schauspielkarriere wieder ankurbeln. Und auch Hans konzentriert sich auf Bühnen- und TV-Auftritte. Daneben will er ein Buch schreiben. «In ‹Heimweh› verdaue ich unsere Zeit in Lauenen.» Aus dem Buch wird ein Bühnenstück.

Die Gastronomie ist trotz allem für Hans und Isabelle noch nicht gestorben. Sie würden wieder ein Lokal eröffnen. Aber: «Was wir hier realisieren wollten, geht nicht in einem kleinen, abgelegenen Dorf. Wir würden so etwas nur noch an einem Ort machen, wo es Laufkundschaft und eine aktive Kulturszene gibt.»