Ihr Lied der Hoffnung geht um die Welt

Als der Musiker und Texter ein Lied für seine krebs­kranke Frau schrieb, hätte er nie ­gedacht, dass dieses die Welt erobert. Die rührende Geschichte hinter dem Lied und dem Ehepaar Dux.

Von Irene Lustenberger

Man singt es an der Zürcher Bahnhofstrasse, in Nordirland, Kuba und Nigeria: das Weihnachtslied «Under Milliarde vo Sterne» von Walti Dux (66) aus Bauma ZH. Geschrieben hat es der Liedermacher und Komiker 2003 für seine Frau Marisa (66). «Ich hatte den Auftrag, für das Adventssingen Uster ein Jubiläumslied zu schreiben. Diesen erhielt ich etwa ein Dreivierteljahr vor dem Anlass, aber es wollte einfach nicht klappen.» So schrieb er ein Post-it, klebte es im Studio auf seinen Tisch und verdrängte es. Im Spätherbst bekam Marisa bei einem Routineuntersuch völlig unerwartet die Diagnose Brustkrebs. Am Abend vor der Operation besuchte er sie im Spital, erinnert er sich. «Ich war verzweifelt, hatte Angst um meine Frau und war blockiert. Zu Hause auf dem Studio­tisch entdeckte ich dann meinen Post-it-Zettel.» Normalerweise brauche er für ein Lied einige Tage bis Wochen. Dieses Mal war es anders. «Ich schrieb Melodie und Text in rund 30 Minuten.»

Im Gymnasium kennengelernt

Rührend ist nicht nur die Entstehung des Liedes, sondern auch die Liebes­geschichte des Ehepaars. Walti Dux stammt aus einer Arbeiterfamilie, seine heutige Frau aus einer Lehrerfamilie vom Lande. «Wir trafen uns am ersten Schultag im Gymnasium Winterthur. Weil meine ­Eltern nicht wussten, wie man sich da anzieht, sass ich in der hintersten Bank am Fenster in einem hellblauen Anzug mit zu kurzen Hosen.» Alle hätten ihn gemieden, der Platz neben ihm war der letzte freie. «Marisa stammt aus einem Bauerndorf, und auch sie dachte, sie müsse sich speziell schön anziehen», erinnert er sich. Weil sie mit dem Postauto kam und fast zu spät war, setzte sie sich auf den freien Platz neben Walti. «Ich schaute sie an und wusste irgendwie sofort: Das ist die Frau meines Lebens.» Während es bei ihm Liebe auf den ersten Blick war, dauerte es bei ihr etwas länger. «Fünf Jahre liess sie mich zappeln. Sie wollte es bei einer Freundschaft belassen.» 

Doch er warb weiter um sie. Auf einer Studienreise nach London macht er dann den entscheidenden Schritt. «Am letzten Abend waren wir auf ­einer Tanzfläche in einer Disco am Picca­dilly Circus plötzlich alleine. Wir streiten uns heute noch, wer wen zuerst küsste. In diesem Moment war auch für Marisa endlich klar, dass sie mich heiraten möchte.» Dies taten die beiden dann im zarten Alter von 21 und 22 Jahren. «In der Klasse wurden übrigens Wetten abgeschlossen. 14 Tage war die längste Dauer, die man unserer Beziehung gab», erzählt Walti Dux und lacht. Fast 45 Jahre später sind die beiden indes immer noch verheiratet und haben drei Kinder: Raphaela (41), Enrico (39) und Mario (38). Mittlerweile sind sie Gross­eltern von drei Enkelinnen, der erste Enkel kommt im Januar auf die Welt.

Es gibt auch Lesebilderbücher

Auch beruflich bewegen Marisa und Walti Dux Kinder: Zusammengerechnet sind die beiden 87 Jahre lang als Lehrpersonen tätig und führen seit ihrer Pensionierung ein privates Lernatelier. Ihre Erfahrung kam ihnen auch zugute, als sie 2019 die Idee hatten, «Unter Milliarden von Sternen» als Lesebilderbuch zu veröffentlichen. «Wenn die Leute das Lied schon ‹Lied der Hoffnung› nennen, wäre es doch schön, dazu Geschichten zu schreiben, die positiv enden», erklärt er die Idee. Die Botschaft ihrer Bücher gelte für Kinder und Erwachsene gleichermassen: «Die Hoffnung ist wie eine Kletterpflanze. Sie braucht etwas, woran sie sich festhalten kann. Und dieses Etwas steckt in jedem von uns, aber manchmal muss es geweckt ­werden.» So erzählen die Geschichten von persönlichen, positiven Veränderungen.

Soeben hat das Ehepaar Dux den fünften Band veröffentlicht. Vorerst wird es der letzte sein. «Wir brauchen eine Kreativ­pause und schreiben unseren ersten Jugend­roman», erklärt Walti Dux, der sich nun zuerst auf Weihnachten freut. Mit zehn Personen wird gefeiert und fein gegessen. «Unsere Kinder und Enkelinnen wollen immer Tischgrill mit vielen Saucen.» Ein Christbaum mit Geschenken darf natürlich nicht fehlen. Und welches Lied gesungen wird, ist unschwer zu erraten.