Erholung muss sein –  ein bisschen!

Eine Ära geht zu Ende: Nach 25 Jahren verlässt der Moderator den «Kassensturz» – und hat den Dienstagabend wieder für sich. Das schätzt er: Allzu ruhig soll es aber bitte nicht werden!

Sorgfältig breitet Ueli Schmezer (60) ein paar Fotos von sich auf einem Tisch im SRF-­Hauptgebäude aus, ehe er sie mal schmunzelnd, mal stirnrunzelnd betrachtet. «Jesses, wie ich da aussehe», oder «Das war eine geile Sendung», entfährt es dem Moderator zwischendurch. Es sind Bilder voller Erinnerungen an seine 37-jährige Karriere, die 1983 beim SRF begann und Ende Januar 2022 beim selben Arbeitgeber endet. Am 21. Dezem­ber (21.05 Uhr, SRF 1) führt der Berner, der seit 25 Jahren den «Kassen­sturz» moderiert und damit schweizweit bekannt wurde, durch seine letzte Sendung.

GlücksPost: In zwei Wochen stehen Sie das letzte Mal im «Kassensturz»-Studio. Überkommt Sie Wehmut bei diesem ­Gedanken?

Ueli Schmezer: Natürlich schwingt Wehmut mit, und ich merke, dass jede verbleibende Sendung etwas spezieller wird. Es wird mir auch immer bewusster, wie wertvoll die Zusammenarbeit mit diesem Top-Team ist. Doch: Wenn man sich mal dafür entschieden hat, diesen Schritt zu gehen, dann freut man sich, wenn es so weit ist. Aber natürlich – ich bin gespannt, was der Abschied mit mir machen wird. Ich werde aber nicht durchdrehen (lacht).

Also werden wir von Ihnen keinen Abgang mit vielen Tränen sehen?

Das kann ich nicht kontrollieren – aber ich glaube nicht.

Sie sind 60 Jahre alt, in fünf ­Jahren erreichen Sie das Renten­alter. Hätten Sie die Zeit nicht einfach noch «ab­sitzen» können?

Um Gottes Willen, nein! Ich will selbst bestimmen, wann ich mit etwas aufhöre. Dazu kommt, dass es für mich absolut unvorstellbar ist, in fünf Jahren plötzlich Tomaten zu züchten (lacht). Mit meiner Kündigung bei SRF beuge ich dem vor, auch wenn mir diese Entscheidung nicht ganz leicht fiel.

Mit der Sendung «Hear we go» ­moderierten Sie 1983 Ihre erste SRF-Sendung, nachdem Sie an ­einer Veranstaltung für Nachwuchstalente entdeckt worden waren. Es folgte die Kindersendung «Fernrohr», das Sportmagazin «Time Out» und «SF spezial». An welche Sendungen denken Sie ­besonders gerne zurück?

An viele. In «Hear we go» konnte ich Interviews mit interessanten Musikerinnen und Musikern führen, etwa mit Nena. Aber auch die Moderation der Live-Kisten für «SF Spezial» fand ich genial. In Erinnerung bleibt mir jene, in der ich einen Tag bei der SBB verbrachte. Auch sonst gab es immer wieder bewegende Momente.

Welche?

Etwa die Diskussion, die ich 1993 für den «Zischtigclub» über den Mord in Zollikerberg geleitet habe. Zwei Tage vor der Sendung meldete sich die Mutter des Opfers und meinte, dass sie dabei sein wolle. Das war sehr intensiv für mich, zumal ich damals relativ frisch bei der Sendung war.

Intensive Diskussionen hatten Sie auch beim «Kassensturz». Wurde Ihnen nie langweilig?

Nein, im Gegenteil. Bis zum jet­zigen Zeitpunkt war für mich immer klar, dass ich dort bin, wo ich sein will. Ich habe eine Arbeit, die mich erfüllt, ein Team, mit dem ich die gleichen Werte teile. Aber es ist Zeit für Neues.

Mit einer neuen Aufgabe haben Sie bereits begonnen: Seit November leiten Sie an der Migros Klubschule den Kurs «Lernen vom Profi: Mit Ueli Schmezer zum souveränen Auftritt». Darin helfen Sie Menschen unter anderem, mit Lampenfieber umzugehen.

Genau. Dass ich Menschen dabei helfen kann, das Lampenfieber loszuwerden, ihnen meine Er­fahrung mitgeben kann, «fägt» ­total.

Werden Sie künftig gar nicht mehr vor der Kamera stehen?

Ich bin sicher weg von SRF. Ob ich publizistisch etwas anderes machen werde, kann ich noch nicht sagen. Interessieren würden mich Videoproduktionen – generell bin ich aber für vieles offen.

Haben Sie noch andere Projekte, denen Sie sich künftig widmen werden?

Ja, ich coache Moderatorinnen und Moderatoren im Bereich Radio und Fernsehen. Und ich stelle mich selbst als Moderator für Veranstaltungen, Streitgespräche oder Podiumsdiskussionen zur Verfügung. Zudem stehe ich mit meinen Bands «MatterLive» und dem Familienprogramm «Chinderland» auf der Bühne.

Klingt nach einer vollen Agenda! Gönnen Sie sich denn keine Ruhe?

(Lacht.) Klar, Erholung muss sein. Die letzten acht Jahre waren intensiv: Ich habe nebenbei ein Studium in Rechtswissenschaften gemacht. Ich freue mich, dass ich da etwas Druck abbauen kann. Trotzdem: Bei mir muss was laufen, und ich will immer wissen, was läuft.

Sie sind verheiratet, Vater von drei Söhnen. Wie hat die Familie auf das SRF-Aus reagiert?

Die finden es super und freuen sich für mich! Es ändert sich aber nicht viel für sie, da ich mir immer viel Zeit für die Kinder und meine Liebste genommen habe.

Seit der Corona-Pandemie arbeiten viele Leute von daheim aus – was auch zu mehr Reibereien in der Familie führt. Wie ist das bei Ihnen?

Da unsere Söhne schon ausgezogen waren, als Corona begann – unser Jüngster ist 24 – ist das bei uns kein Thema. Allgemein ar­beite ich gerne von daheim aus. Man steht auf und kann 20 Minuten später loslegen, das ist cool.

Ob Homeoffice oder nicht: Für den «Kassensturz» werden Sie bald nicht mehr arbeiten. Wie sieht Ihr freier Dienstagabend aus?

Ich werde all die Dinge machen können, die ich in den letzten 25 Jahren an einem Dienstag bisher verpasst habe. Manchmal hatte ich das Gefühl, alles findet am Dienstag statt – jede Vernissage, jeder Vortrag, jeder Kurs, einfach alles! Nun bin ich am Dienstagabend frei. Das wird super.