
Den Sommer verbringt Birri zu Hause in Baden. Seinem lädierten Bein gehe es mittlerweile so gut, dass Restaurantbesuche wieder möglich sind.
Michel Birri
Ein Ende mit Schrecken
Seine Pläne für den Sommer nach dem Sende-Aus von «Gesichter und Geschichten» waren gross, doch er wurde jäh ausgebremst. Nun heisst es für ihn: Physio statt Festivals.
Von Remo Bernet
Er kommt mit Krücken zum Termin angelaufen. «Langsam wird’s besser», sagt Michel Birri (38). Nur wenige Stunden nach der letzten «Gesichter und Geschichten»-Sendung hat sich der SRF-Moderator das Kreuz- und das Innenband gerissen. Die Treppen zur Triebguet Frischluftbar in Baden AG, einem seiner Lieblingslokale nicht weit von seinem Zuhause entfernt, nimmt er aber bereits routiniert. «Zum Glück ist das Treppenlaufen mit Krücken etwas vom Ersten, was man im Spital lernt», sagt er.
Birri setzt sich hin, trinkt von seinem Hauseistee und muss es sich erst richtig bequem machen. «Ich bin gerade noch mega vorsichtig damit, das Bein zu bewegen.» Zu gross sei die Angst auch noch vier Wochen nach der Operation, dass wieder etwas reissen könnte. «Aber das ist nur in meinem Kopf. Die Ärzte meinen, die Bänder seien wohl so stabil wie noch nie.» Was ist überhaupt passiert? Birri muss selbst schmunzeln, wenn er daran zurückdenkt: «Mit 38 Jahren hätte ich eigentlich wissen müssen, dass es vielleicht nicht die beste Idee ist, jemanden zum Spass Huckepack zu nehmen.» Er sei abgerutscht und blöd abgeknickt. «Ich wusste sofort, dass etwas nicht stimmt.»
Er habe eigentlich viele Pläne für den Sommer gehabt – doch an Dinge wie Festivalbesuche war in den letzten Wochen nicht zu denken. «Aber ich versuche das Positive am Ganzen zu sehen. Immerhin hatte ich in den letzten Wochen vor lauter Physioterminen keine Chance, in ein Loch zu fallen.»
Er spricht damit an, dass das Aus von «Gesichter und Geschichten» für ihn ein grosser Schock war. «Als ich beim SRF angefangen habe, wusste ich bereits, dass ich irgendwann ‹G&G› moderieren will.» Mit viel Leidenschaft habe er in den letzten drei Jahren durch das Gesellschaftsmagazin geführt. «Aber ich habe genug gejammert. Jetzt ist es halt so», sagt er.
Regelmässige Reaktionen
Schön sei es, zu sehen, was die Sendung auch vielen Zuschauerinnen und Zuschauern bedeutet hat. Denn noch immer werde er regelmässig auf der Strasse angesprochen. «Es ist schön zu hören, dass die Leute ‹G&G› vermissen.»
Gerade bei den Kulturschaffenden war der Aufschrei über die Absetzung der TV-Sendung gross. Über 5000 Unterschriften sammelten sie in einer Petition gegen das Aus. «Leider hat das nichts gebracht, aber es war wirklich erfreulich, wie viele Leute man mit der Arbeit bewegt.» Wie gross die Lücke ist, die «Gesichter und Geschichten» hinterlässt, wird Birri immer wieder vor Augen geführt, wenn er nun Veranstaltungen besucht. «Ich habe mir schon mehrfach gedacht: Das wäre jetzt etwas, worüber wir berichtet hätten. Aber diese Plattform fehlt nun.»
SRF bleibt Birri auch in Zukunft erhalten. Wie bis anhin moderiert er in einem kleinen Pensum im Tagesprogramm auf SRF 3. «Ich habe es gerade kürzlich ausgerechnet: Ich feiere bald mein 20-jähriges Radiojubiläum. Und noch immer stehe – oder aktuell eher sitze – ich gerne im Studio. Es macht mir riesige Freude.»
Trotzdem wünsche er sich, irgendwann auch wieder vor der Kamera zu stehen. Noch habe er nichts in Aussicht. «Aber ich bin mir sicher, das klappt irgendwann.» Deshalb baut er sich mit Eventmoderationen nun ein weiteres Standbein auf. Darauf angesprochen, wo er sich in fünf Jahren sieht, meint Birri: «Diese Frage habe ich schon früher bei Bewerbungsgesprächen am schlimmsten gefunden. Ich dachte mir immer, dass ich nicht mal weiss, wo ich im nächsten Monat bin.» Lachend fügt er an: «Es kann ja auch sein, dass ich vom Tram überfahren werde.»
Sorgen um seine Zukunft mache er sich keine. «Ich habe ursprünglich mal das KV gemacht – notfalls gehe ich zurück ins Büro.» Und auch nach dieser Aussage muss er kurz lachen. «Wobei, ich weiss nicht, ob man mich anderen Menschen in einem Büro zumuten will.» Dafür sei er dann vielleicht doch etwas zu unruhig.
Freundschaft gewachsen
Diese Unruhe äussert sich jetzt, wo es seinem linken Bein langsam besser geht, auch darin, dass Birri wieder gerne unterwegs ist und unter Leute kommt. Noch am Abend vor dem Interview war er mit «G&G»-Kollegin Jennifer Bosshard (32) an einem Konzert. Denn aus den Arbeitsgspänli wurden in den letzten Jahren gute Freunde. «Die letzten Monate haben uns noch weiter zusammengeschweisst», erzählt der Aargauer. Und ihre Freundschaft scheint abgefärbt zu haben. «Unsere Mütter haben sich über eine Kollegin kennengelernt. Und sie sind jetzt auch befreundet. So herzig!»
Sein Mami ist auch mit ein Grund, warum sich Michel Birri in der Physiotherapie gerade besonders anstrengt. «Im September will ich mit ihr und meiner Schwester nach New York reisen. Dafür muss ich dann auch wieder fit sein, um den ganzen Tag auf den Beinen verbringen zu können.»
Nach einem Hotdog mit Aussicht auf die Limmat in seiner Stammbeiz geht es für Birri deshalb auch direkt weiter zum nächsten Physiotermin.