Linda Fäh
«Die Liebe gibt mir ganz viel Kraft»
Zwei Todesfälle, Angst um ihre geliebte Grossmutter und dazu Coronaleid: Das letzte Jahr hielt für die Schlagersängerin einige Schicksalsschläge bereit. Ihren Optimismus hat sie trotzdem nicht verloren – dank der Musik und ihrem Ehemann Marco.
Er macht das fast wie ein Profi», sagt Linda Fäh (33), als ihr Mann zum Schnetzeln des Gemüses ansetzt. Und tatsächlich: Einmal weggeschaut, schon liegt die Zucchetti in Scheibchen da. Schnippeln ist sein Ding! «Da sieht man wenigstens, was man getan hat», erklärt Marco Dätwyler (37) und lacht. Zum Gemüse gibt’s heute Fisch. «Im Buchenspan – das gibt ihm eine schön rauchige Note», erklärt die Sängerin, die langjährige Botschafterin von Gertsch Comestibles ist, und legt drei Stücke in die Pfanne. Über die Machtverhältnisse am Herd sagt die Arbeitsteilung nichts aus. Linda: «Einen Chef in der Küche gibt’s bei uns nicht. Wobei ich etwas kreativer bin als Marco und die Ideen liefere.»
Wichtig ist ihnen beiden ausgewogene Ernährung, «verbotene Sünden» gibt es aber nicht. Am Wochenende darf’s gerne auch mal Pizza sein – selbst gemacht natürlich. Das Kochen hat sich zu einer gemeinsamen Leidenschaft entwickelt. Wobei diese bei Linda, die heimlich von einer eigenen Kochshow träumt und im November zum zweiten Mal einen Genussabend (lindafaeh.ch) mit Starkoch David Geisser durchführt, noch etwas ausgeprägter ist. Für Gäste zaubert sie gerne auch mal aufwendige Menüs auf den Tisch. Marco weniger: «Mir macht das Essen danach mehr Freude! Im kleineren Rahmen finde ich es aber mega cool, speziell mit Linda zusammen.»
Bei ihnen gilt: Es kochen beide – oder halt derjenige, der Zeit hat. Zuletzt war diese sowohl bei ihm als auch bei ihr knapp. Marco, Verkaufsleiter in einer Medizintechnik-Firma, macht gerade eine Weiterbildung, und Linda hat eben eine Single auf den Markt gebracht: «Ringe anprobiern» heisst sie. «Ich weiss ja, wie das ist, da darf ich auch davon erzählen», sagt sie und lacht. Das Paar ist seit 2017 verheiratet. «Es geht im Lied natürlich um Beziehungen, vom Kennenlernen bis zum Mut, Ja zu sagen. Das ist für mich etwas vom Schönsten auf der Welt: Ja sagen zum Partner, Ja zur Liebe, Ja zum gemeinsamen Leben. Es soll ein Mutmach-Song für alle Liebenden da draussen sein. Er ist so positiv, tanzbar, und ich freue mich wahnsinnig darüber, dass er jetzt endlich draussen ist.»
«Ringe anprobiern» ist der erste von fünf Songs, der mit ihrem neuen deutschen Produzenten-Duo entstanden ist, auf das auch Stars wie Howard Carpendale und Maite Kelly vertrauen. Letztes Jahr – der Lockdown hatte eben begonnen – kam die Zusammenarbeit zustande. «Ein Highlight in dieser schwierigen Zeit», sagt sie und strahlt bei der Erinnerung. Doch dann breitet sich Trauer auf ihrem Gesicht aus. «Rudi Müssig, der Texter, ist im Februar ganz plötzlich verstorben, ein Herzinfarkt. Das war ein Schock, eine Welt ist zusammengebrochen», erzählt sie. «Umso wertvoller ist ‹Ringe anprobiern› für mich. Rudi und ich haben zusammen entschieden, dass es die erste Single wird, er hat mich sehr unterstützt, stand voll hinter mir.»
Linda Fähs nächstes Album wird trotzdem wie geplant 2022 erscheinen. Den Weg geht sie mit Christoph Leis-Bendorff weiter, dem anderen Teil des früheren Duos. «Er weiss, wo die musikalische Reise hinführt. Wie es ohne Rudi im Detail weiterlaufen wird, weiss ich noch nicht – daran mag ich heute und morgen auch nicht denken. Es war schon alles ein bisschen viel. Man denkt sich: Was kommt denn noch?»
Bereits im Januar erlebte Linda dunkle Tage. Ihr Onkel starb an Krebs. Zum Abschied wünschte er sich, dass seine Nichte – er liebte ihre Musik – in der Kirche singen soll. Bewegend und schön, aber gleichzeitig schmerzhaft. Und Ende Jahr bangte die Sängerin um ihre Grossmutter Martha, die 96-jährig an Corona erkrankte. «Wir dachten wirklich, dass sie uns nun verlässt. Heute geht es ihr zum Glück wieder sehr gut!»
Und das alles neben dem allgemeinen Desaster: Wie allen Künstlerinnen und Künstlern hat die Pandemie auch ihr zugesetzt. Erst die Hoffnung, dass es schnell vorbeigehen würde, dann immer wieder Enttäuschungen, Konzertabsagen. «Das zieht einem den musikalischen Boden unter den Füssen weg. Die Sehnsucht nach der Bühne war so gross, dass ich manchmal einfach hier am Tisch sass und weinen musste. Es war das schwierigste Jahr meiner Karriere. Trotzdem: Ich bin und bleibe Optimistin. Man muss sich kleine Inseln schaffen, die einem Positivität und Energie schenken.»
Das gelingt ihr stets aufs Neue – und ein Segen dabei ist die Musik. Da ist zum einen die Arbeit an den neuen Liedern und jetzt der Single-Release, zum andern tüftelt sie an einem neuen Konzept: Mit einem Gitarristen feilt sie an einem Unplugged-Set – Linda pur, ohne viel Technik und Chichi. «Zu zweit kann man auch im kleineren Rahmen auftreten. Ich will bereit sein, wenn das Telefon klingelt und es wieder losgeht», erzählt sie. «Wir treffen uns jede Woche, jammen, üben neue Lieder. Das gibt mir Kraft, daran zu glauben, dass es irgendwann besser wird und ich die Musik wieder mit einer grösseren Menschenmenge teilen darf.»
Bis dahin hat sie eine andere «Bühne» etwas weiter ausgebaut: Auch Social Media ist eine ihrer Glücksinseln geworden. Seit Corona ist sie auf Instagram, TikTok und Co. aktiver denn je, hält so den Kontakt mit den Fans. Und dabei geht es nicht nur um Musik, auch ihre anderen Leidenschaften haben einen Platz bekommen. So zeigt sie etwa kurze Sportprogramme oder teilt mit den Fans – wie heute mit der GlücksPost – ihre Begeisterung fürs Kochen mit feinen Rezeptideen. «Das macht Freude und gibt mir daneben auch noch etwas Sinnvolles zu tun. Das ist nicht zu unterschätzen. Am Anfang bin ich morgens aufgestanden und hatte überhaupt keine Perspektive.»
Ehemann Marco hat all die Phasen hautnah mitbekommen – und ist stolz auf seine Frau. «Es war hart, sie leiden zu sehen. Die Musik ist ja nicht nur ihr Beruf, sondern auch ihr Lebenstraum», sagt er. «Doch egal, wie schwierig es ist: Sie gibt nie auf, schafft es immer wieder, sich zu motivieren.» Er selbst sei eine wertvolle Stütze, sagt sie: «Es ist für mich wichtig, ihn an meiner Seite zu wissen. Die Liebe gibt mir viel Kraft.»
Und für die Liebe hatte das Paar wegen der abgesagten Shows zuletzt mehr Zeit als früher. Das ständige Beisammensein sei ungewohnt und manchmal herausfordernd gewesen, für die Beziehung aber keine Belastung. Die kleinen Kämpfe ums Homeoffice hätten sie – etwas spät zwar – durch das Einrichten eines zweiten Arbeitsplatzes im Schlafzimmer gelöst. Und einer ihrer Grundsätze hat nun noch mehr Bedeutung bekommen. «Für uns ist ganz wichtig, dass wir uns Freiräume lassen, jeder Zeit für sich und seine Leidenschaften bekommt», sagt Linda. Sonst noch Eherezepte? «Wir sagen uns immer wieder, was wir einander bedeuten. Und wir nehmen Dinge nicht als selbstverständlich, sind dankbar. Beim Erledigen des Haushalts etwa: Wir machen zwar beide gleich viel, trotzdem bedanken wir uns beim anderen, wenn er zum Beispiel das Kochen übernommen hat.» Heute ist Letzteres nicht nötig. Das Fisch-Menü ist ja ein Gemeinschaftswerk – das übrigens, wie ein Probiertest beweist, äusserst schmackhaft geworden ist.