lch dachte, ich kann nie mehr auftreten 

Erstmals nach dem Arbeitsunfall vor zwei Jahren steht der Zürcher wieder auf der Bühne. Obwohl ihm der angenähte Fuss grosse Schmerzen bereitet, ist ihm wichtig, schauspielern zu können.

Er hatte nicht geglaubt, dass es noch mal möglich sein würde: Doch nun steht Nico Savary Bahl erstmals seit seinem folgenschweren Unfall wieder auf der Bühne! In Erich Vocks Stück «Floh im Ohr» im Zürcher Bernhard-Theater. «Es ist eine Probe für mich, wie mein Fuss mitmacht», erklärt er der GlücksPost. «Nach längeren Proben für das Stück hatte ich schon starke Schmerzen. Aber es geht – immerhin.» Täglich Schmerzmittel, drei­mal pro Woche Physiotherapie und Aquatraining helfen. «Man realisiert jedoch selbst, etwa anhand des Muskelaufbaus, dass es nie mehr so sein wird wie früher.»

Das Unglück geschah vor zwei Jahren: Der 36-jährige Sohn von Schauspieler Hansjörg Bahl (83) nahm in der auftrittslosen Coronazeit einen Job als Lastwagenfahrer an. Beim Abladen rollte der transportierte Oldtimer rückwärts – der Seilzug der Handbremse war gerissen. Nico Savary Bahl versuchte, das Gefährt aufzuhalten, war deshalb jedoch zu nahe an den Rädern und geriet buchstäblich darunter. Sein rechtes Bein wurde zerquetscht. «Mein Fuss hing nur noch lose am Körper. Ich hielt ihn mit der Hand fest und humpelte so von der Unfallstelle.»

Nicos Lebenspartnerin Nadja Melliger, die ihn zum Interview begleitet, erinnert sich: «Ich er­trage ja viel, aber als ich ihn im Spital gesehen habe, bin ich in Ohnmacht gefallen: Die Beine waren da, der Fuss lag nebenan.» Sie hofft mit ihm, dass alles gut wird. «Man weiss ja auch nicht, wie das in zehn Jahren ist. Das zehrt schon an den Nerven», sagt sie.

Fünf Operationen und diverse Hauttransplantationen hat Nico  Savary Bahl hinter sich. Gerade eben war er wieder in Kontrolle: Der Knochen wächst, ist aber nach wie vor nicht ganz verheilt. Der Unterschenkel wird nur noch von einer statt drei Blutbahnen versorgt – das verzögert alles. «Sobald ich den Fuss belaste, be­ginnen die Schmerzen. Aber ich muss ihn bewegen.» Nadja staunt, wie positiv Nico die ganze Zeit über war und ist. Er ergänzt: «Ich musste mich damit auseinandersetzen. Selbstmitleid macht dich fertig, es muss weitergehen.» Nach seiner Leukämie-Erkrankung mit zehn Jahren habe er gelernt, mit solch tiefen Einschnitten umzugehen. «Mein Vater hat mich so erzogen: Wer arbeiten will, findet immer einen Job.»

Just nach seiner letzten Operation rief ihn Erich Vock (60) an und fragte, ob er bei «Floh im Ohr» mitmachen wolle. «Ich war einfach nur froh darüber! Eigentlich hätte ich schon im Märchen ‹Urmel aus dem Eis› ab letztem Herbst mitspielen dürfen. Doch das war noch zu früh.»

Ebenfalls aufwühlend: Nachdem Nico die Bühne zurückerobert hat und auch wieder mit seinem Vater zusammen hätte spielen können, ist dieser in den bisherigen Aufführungen ausgefallen. «Er hat grosse Probleme mit dem Rücken, hatte schon vor 30 Jahren eine Operation. Nun wird das im dümmsten Moment wieder akut.» Doch auch hier gibt es gute News. Bahl steht ab dieser Woche wieder vor dem Publikum.

Für sich hat Nico bereits Per­spektiven. Er hofft, dass er bald wieder Lastwagen fahren kann. Für ihn ist es mehr als ein Brot­erwerb. «Mir macht das richtig Spass. Alles, was einen Motor hat, begeistert mich.» Und mit Nadja zusammen überlegt er, ob sie sich nicht in wärmeren Gefilden niederlassen wollen. «Wir sind sowieso jeden Februar in Spanien», sagt die Pferdenärrin. Und der Schauspieler meint: «Ich könnte ja dann im Winter in die Schweiz zurückkommen für meine Auftritte.» Ein schöner Plan nach zehn Jahren Liebe.